Musikchronik 1973 - Les Humphries Singers
stürmten die Hitparade
Wie bereits 1972 hielt auch
1973 die Glam-Rock-Welle an. Die andere wichtige
Richtung in der Rockmusik war das Rock-Subgenre
Progressive Rock („Prog Rock“). Anhänger der einen
Richtung fiel es oft schwer, Gefallen an der anderen
Richtung zu finden, obwohl es häufig
Überschneidungen gab. Glam Rock, für den vor allem
Gruppen wie
Slade,
Sweet und
T. Rex standen, war
durch schrille Outfits, wie in den 70ern üblich, und eher eingängige
Kompositionen charakterisiert.
Allerdings traf das
nur bedingt für anspruchsvollere Musik produzierende Glam-Stars wie David Bowie und Roxy Music zu.
Bands des Progressiven Rock wie
Jethro Tull, Pink
Floyd, Yes, Emerson, Lake & Palmer oder Genesis und
ihre Fans pflegten einen glamfreien, betont
„freakigen“ Kult der Verinnerlichung und eines
traditionellen Rock mit klassischen
Harmonie-Elementen vermischenden tonalen Bombastes.
Im weiteren Sinne wurden auch weniger komplizierte
Rock-Gruppen wie
Deep Purple („Woman From Tokyo“),
Golden Earring („Radar Love“), Led Zeppelin („The
Ocean“) oder Uriah Heep („Hi Hi Hi“) zum Progressive
Rick gezählt.
Erstes Livekonzert per Satellit 1973
Die ersten großen Schlagzeilen im Musikjahr 1973
machten aber weder Prog noch Glam Rock, sondern ein
Rocker der alten Schule. Mit seinem „Aloha from
Hawaii“, dem ersten per Satellit
übertragenen
Live-Konzert eines Solo-Stars, bekräftigte „King“
Elvis Presley mit Klassikern wie „See See Rider“,
„My Way“ und „Hound Dog“ seinen Anspruch auf den
Rock-Thron. Den größten Single-Hit landeten 1973 die
Rolling Stones mit dem Schmuse-Rockklassiker
„Angie“. Kaum weniger erfolgreich war ein anderer
Schmuse-Hit: Roberta Flacks „Killing Me Softly". Und
auch ein weiterer Top-Five-Hit, „Tie A Yellow Ribbon
Round The Ole Oak Tree“ von Tony Orlando, gehörte
zum Weichspül-Bereich. Zu den Top Five zählte ferner
Elton Johns seit 1972 in den Charts zu findendes Glam-Stück „Crocodile Rock“.
Die Fürsten des Glam Rock neben Elton John waren die
Jungs von Sweet mit Stampf-Hits wie „Ballroom Blitz“
und „Hell Raiser“, Slade mit „Skweeze Me, Pleeze Me“
und „Cum On Feel The Noize“, T. Rex („20th Century
Boy“) sowie Gary Glitter („Hello! Hello! I´m Back
Again“).
Mit den erdigen, Hände zum Wundklatschen
animierenden, vom Aufbau beinahe identischen
Kommerz-Rockstücken „Can The Can“ und „48 Crash“
gelang Suzi Quatro 1973 der erfolgreiche Einbruch in
die Männer-Domäne Rock-Musik. Dort waren Cher („Half
Breed“) und Tina Turner (noch zusammen mit Ike
Turner) bereits überaus angesagt. „Nutbush City
Limits“ von Ike & Tina Turner war 1973 überall zu
hören.
The Dark Side of the Moon
1973 veröffentlichten
Pink Floyd mit ihrem epochalen
Konzept-Album „The Dark Side Of The Moon“ mit Titeln
wie „Time“, „Money“ und “Us And Them“ eines der
meist verkauften und einflussreichsten Alben der
Rockgeschichte (2010: etwa 51 Millionen verkaufte
Exemplare). Ähnlich große Aufmerksamkeit erregten
1973 die Veröffentlichung des Who-Albums
„Quadrophenia“ und der Klang-Orgie „Tubular Bells“
des blutjungen Mike Oldfield.
1973 gründeten sich zwei neue, in ihrer Art geniale
Krach-Bands, die später zusammen über 300 Millionen
Alben verkauften: Kiss und
AC/DC.
Der deutsche Beitrag zur U-Musik des Jahres hatte
mit der multinationalen Truppe um Les Humphries ein
bisschen Internationalität bekommen. Mit „Mama Loo“
und „Kansas City“ schafften die eine Mischung aus
Gospel, Schlager und Pop bietenden Les Humphries
Singers, zu denen damals auch der spätere
mallorquinische König
Jürgen Drews gehörte, zwei
Hitparadenstürmer. Unvergesslich waren auch Bernd Clüvers „Der Junge mit der
Mundharmonika“, das von
bösen Buben in „Der Hund von Tante Monika“ veralbert
wurde, Cindy & Berts Hymne ans Wochenende „Immer
wieder sonntags“, „Bianca“ von Freddy Breck und
Heinos strammes „Blau blüht der Enzian“.
Griechisches kam damals noch gut an: Für Katja
Epstein war „Der Stern von Mykonos“ besingenswert
und Demis Roussos dachte an ein „Schönes Mädchen aus
Arcadia“ während „Die Bouzouki klang durch die
Sommernacht“ (Vicky Leandros).
Mandolinen um Mitternacht und Hossa! ohne Ende
Spanien und Lateinamerika waren natürlich auch bei
deutschen Schlagermachern, die Sommerhits
produzieren wollten, angesagt:
Peter Alexander ließ
„Mandolinen um Mitternacht“ erklingen, Rex Gildo
verausgabte sich („Hossa!“) bei der „Fiesta
Mexicana“,
Mireille Mathieu sagte „La Paloma ade“
und Michael Holm wollte „My Lady Of Spain“ in die
Arme schließen. Aber vor allem waren die
Schlagerfans 1973 mit Roberto Blanco einer Meinung:
„Ein bisschen Spaß muss sein“ und freuten sich, wenn
Loriots Zeichenhund Wum niedlich wuffte:. „Ich
wünsch´mir eine Miezekatze“.
In der DDR machten sich
Karat musikalisch Gedanken,
ob „Der blaue Planet“ noch lange hält, Pankow
verspürten „Langeweile“, City standen geigend „Am
Fenster“ und
Silly überzeugten mit ihrem kryptischen
„Bataillon d Amour“.
Neue Bands & Debüt-Alben
KC and the Sunshine Band gründen sich.
Die besten Schallplatten 1973
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