Das Autojahr 1910 - Aufbruchstimmung in der Automobilindustrie

1910 markiert das Gründungsjahr des britischen Automobilkonzerns Morgan Motor Company, eines Familienunternehmens, das der Ingenieur Henry Frederick Morgan, auch unter dem Kurznamen „H. F. S.“ bekannt, bis zu seinem Tod im Jahr 1959 führte, bevor sein Sohn Peter Morgan seine Aufgaben übernahm und Morgan Motor Company bis zum Jahr 2003 leitete, bevor er selbst verstarb.
Das erste, von Morgan gebaute Automobil war ein dreirädriger Einsitzer, den Henry Frederick Morgan ausschließlich für den Eigenbedarf produzieren ließ. Im Zuge der Olympia Motor Exhibition in London stellte H. F. S. Morgan im Jahr 1911 eine große Nachfrage an Modellen mit zwei Sitzen fest, und nahm mit dem Geld seines Vaters, den er zum Vorstandsvorsitzenden seines Unternehmens machte, die Produktion solcher Autos auf. Bis 1952 fertigte und verkaufte Morgan äußerst erfolgreich seine dreirädrigen Modelle, nach dem Zweiten Weltkrieg produzierte die Marke hochpreisige Kult-Modelle wie den Morgan +4, den Morgan +8, den Roadster, den Aeromax oder den Aero 8. Als letztes Automobilunternehmen fertigt Morgan nach wie vor Autos an, die aus Holzgerüsten auf Stahlrahmen-Karosserien bestehen und in der Tradition der klassischen gemischten Bauweise, wie sie beispielsweise im Bootsbau angewandt wird, produziert werden.
In der ehemaligen Automobilindustrie-Hauptstadt Detroit im US-Bundesstaat Michigan brachte im Jahr 1910 die Hudson Motor Car Company mit 4508 Exemplaren des Hudson Twenty das erste erschwingliche Auto auf den Markt, dessen Verkaufszahlen das Unternehmen Hudson zu dem bis dato erfolgreichsten weltweit machten. Der Kaufhausbesitzer und Unternehmer Joseph L. Hudson hatte die Firma erst im Jahr zuvor gegründet und begann die Produktion mit Mitteln aus dem Eigenkapital noch im selben Jahr. So verließ 1909 auch das erste Auto die Fabrik, der Hudson Twenty aus dem Jahr 1910 besiegelte Hudsons Stellung als führender Autohersteller in Detroit. Im Jahr 1954 fusionierte die Hudson Motor Car Company mit dem Technikkonzern Nash-Kelvinator Corporation. Daraus ging die Marke American Motors hervor, die bis in die Neunzigerjahre Autos herstellte und später von Chrysler übernommen wurde.
Alexandre Darracq, ein gelernter technischer Zeichner und Automobilkonstrukteur, der mit seinem im Jahr 1904 bei Paris gegründeten Unternehmen Automobile Darracq In Frankreich bald 10 Prozent Marktanteil gewonnen hatte, stellte ab 1907 auch Autos in Neapel und später in der Nähe von Mailand her. Aus dieser italienischen Dependance seines französischen Stamm-Unternehmens ging im Jahr 1910 eine der führenden Automarken Italiens hervor. Die Società Anonima Lombarda Fabbrica Automobili, kurz A.L.F.A., schrieb ab dem offiziellen Gründungsjahr 1910 mit weltberühmten Modellen wie dem Alfa 24 HP, dem 1900, der Berlinetta, der Giulia oder der Giulietta sowie zahlreichen Siegen bei wichtigen Autorennen wie der Targa Floria, der Mille Miglia und der Formel 1 Automobil-Geschichte. Nach vielen Höhen und Tiefen ab den Vierzigerjahren übernahm Italiens führender Autohersteller Fiat die Mailänder Traditionsmarke im Jahr 1986.
Die Aufbruchstimmung in der Automobilindustrie brachte vor allem in den Vereinigten Staaten eine Vielzahl von Automarken hervor, die im Jahr 1910 gegründet wurden. Unternehmen wie Koehler, Alpena, Findlay, Autoette, Detroit-Dearborn, Ohio Electric, Spaulding, Borland Electric oder Vaughan konnten der wachsenden Konkurrenz jedoch nicht standhalten und stellten ihre Produktion größtenteils schon nach wenigen Jahren wieder ein.

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