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Sportjahr 1923 – Steffi Graf hieß damals Suzanne Lenglen

Europas größte Sportanlage
Im Jahr 1923 war Konrad Adenauer Oberbürgermeister seiner Geburtsstadt Köln. In dieser Position kam es ihm zu, die größte Kampfbahn, die es zu jener Zeit in Europa gab, zu eröffnen.
Es war das Müngersdorfer Stadion in Köln. Die Stadt hatte die Zeichen der Zeit und die wachsende Bedeutung des Sports erkannt und zugleich ein bedeutendes Freizeit- und Erholungsgebiet für die Großstadt geschaffen. Das Stadion lag im lag im Sportpark und zusammen mit dem Stadtwald war auf diese Weise eine etwa 250 Hektar große zusammenhängende Grünfläche entstanden. Auf der gesamten Fläche des Sportparks gab es nun neben der Großkampfbahn mit Tribünen und Terrassen für 80.000 Zuschauer noch zwei kleinere Fußball-Stadien, die auch für Leichtathletik genutzt werden konnten. Es gab eine Radrennbahn, ein Schwimmbecken, zwei Tennisturnierplätze, einen Reitturnierplatz und viele andere Sportstätten. Die kleineren Stadien und Plätze boten Platz für bis zu 15.000 Besucher.

Sturm auf das Wembley-Stadion
Im riesigen, neu eröffneten Londoner Wembley-Stadion fand das Pokalfinale zwischen der Fußballmannschaft Bolton Wanderers und Westham United statt. Der Andrang war mit 200.000 Fans so enorm, dass er die Kapazität des Stadions überstieg. Das Wembley-Stadion fasste maximal 127.000 Zuschauer. Die Fans, die nicht mehr ins Stadion konnten, fanden sich damit nicht ab. Sie kletterten über die Absperrungen und stürmten das Stadion. Es entstand ein unübersichtliches Gedränge. Die Menschenmassen beruhigten sich erst allmählich, nachdem der britische König Georg V. (1865-1936) eingetroffen war. Das Spielfeld konnte dann von berittenen Polizisten geräumt werden. All die Fans, die weder einen legalen Sitz- oder Stehplatz hatten, hatten sich dort aufgehalten. In mindesten 900 Fällen waren Menschen mehr oder weniger leicht verletzt worden. Doch der Ansturm ging ohne tödliche Folgen aus. Das Pokalfinale ging schließlich mit einem 2:0-Sieg für die Mannschaft der Bolton Wanderers zu Ende.

Das 13. Turnfest in München
In München fand vom 12. bis zum 18. Juli 1923 das 13. Turnfest statt. Es war eine Massenveranstaltung mit 200.000 Teilnehmern und einem enormen Zuschauerandrang von Hunderttausenden aus dem gesamten Deutschen Reich. Es waren 1.439 Sonderzüge eingesetzt worden, in denen mehr als 800.000 Menschen zum Turnfest kamen. Zwar war das Hauptereignis der Zwölfkampf, der sich aus Gräteturnen und volkstümlichen Wettkämpfen und vielen Freiübungen zusammensetzte, aber wichtiger als der sportliche Aspekt war NS-Propaganda dieser Massenveranstaltung. Die NSDAP hatte im Vorfeld angekündigt, das Turnfest zu einer „einzigartigen, vaterländischen Kundgebung für das deutsche Volkstum, deutsche Ehre und Freiheit“ zu machen. Uniformähnliche Kleidung war für die Sportfest-Dauer untersagt worden. Aber die Nationalsozialisten führten ein „Nebenprogramm“ durch, dass gänzlich auf Propaganda ausgerichtet war. Dazu gehörte auch die Rede Adolf Hitlers (1889-1945), die er bei einer Großkundgebung im Münchener Zirkus Krone vor 5.000 Turnern hielt. Am anschließenden Festumzug durch die Stadt nahmen mehr als 300.000 Menschen teil. Diesen jedoch brachte die Polizei mit Waffengewalt auseinander. Die Demonstranten allerdings wehrten sich heftig, setzten Hakenstöcke und Fahnenstangen ein.

Tennis
Mit ihrem fünften Sieg in Wimbledon krönte sich die französische Tennisspielerin Suzanne Lenglen (1899-1938) quasi selbst, als sie in London das Dameneinzel der Tennismeisterschaften gewann. Ohnehin war sie der Tennisstar schlechthin. Man nannte sie auch „die Göttliche“. Ihre Gegnerin, die britische Tennisspielerin Kathleen (Kitty) McKane (1896-1992) besiegte Lenglen mit 6:2, 6:2. Auch das Doppel wurde für Lenglen (mit Elizabeth Ryan aus den USA) ein Erfolg. Insgesamt hatte die französische Ausnahme-Spielerin in den Jahren 1919 bis 1923 zwölf Titel in Wimbledon errungen.

Tour de France 1923
Die Tour wurde in jenem Jahr 1923 zum 17. Mal veranstaltet. Vom 24. Juni bis zum 22. Juli hatten die Fahrer 15 Etappen auf einer Strecke von 5.386 Kilometern zu bewältigen. Die Bergstrecken durch die Pyrenäen und durch die Alpen verlangten den Fahrern die höchste Fitness ab. Insgesamt waren 138 Radrennfahrer an den Start gegangen, von denen am Ende 48 den Parc des Princes in Paris erreichten. Der Franzose Henri Pélissier (1889-1935), der die Tour gewann, wurde wie ein Nationalheld von seinen Landsleuten euphorisch gefeiert. Er hatte im Jahr 1914 die Tour schon einmal als Zweitplatzierter beendet. Doch seit 1912 waren es immer die Belgier gewesen, die die Nase vorn hatten. So hatte Péllissier in den Augen seiner Landsleute endlich die „Ehre Frankreich“ wieder hergestellt. Seine Durchschnittsgeschwindigkeit 1923 lag bei 24,428 km/h. Für den Sieg erwarteten den glücklichen Gewinner etwa 40.000 Francs, die er sich mühsam erkämpft hatte.
Den zweiten Platz schaffte der Italiener Ottavio Bottecchia (1894-1927), für den es die erste Teilnahme an der Tour de France gewesen war. Den dritten Platz errang ebenfalls ein Franzose, der Radrennfahrer René Bellenger.
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