Die Piaggio Geschichte
Die eigentlich Geburtsstunde des Unternehmens
Piaggio ist auf den
5. September 1882
zurückzuführen, als Enrico Piaggio eine kleine
Parzelle Land in Sestri Ponente, einem Viertel
westlich des Stadtzentrums der norditalienischen
Hafenstadt Genua erwarb. Zwei Jahre später eröffnete
der 20-jährige Sohn Rinaldo Piaggio dort ein
Sägewerk und konzentrierte sich zunächst auf den Bau
von Schiffseinrichtungen. Wenig später war das
Familienunternehmen zudem im Bau von
Eisenbahnwaggons tätig und expandierte stetig.
Bereits
1906 war der Stammsitz zu klein geworden, so
dass im 60 Kilometer südwestlich gelegenen Finale Ligure neue Anlagen in Betrieb genommen wurden. Mit
dem Ausbruch des
Ersten Weltkriegs kamen weitere
Produktionszweige wie Rettungsboote und
Ersatzteile
für Flugzeuge hinzu.
Mit Fortschreiten des Krieges
konzentrierte sich Piaggio mehr und mehr auf den
Flugzeugbau und eröffnete eigens dafür ein Werk in Pontedera bei Pisa. Zu Beginn des Zweiten
Weltkrieges erreichte die Rüstungsproduktion bei
Piaggio ihren Höhepunkt. Neben Flugzeugen wurden
auch
Schiffe,
Züge und Panzerfahrzeuge gebaut.
Nachdem der Krieg beendet, das Werk in Pontedera
völlig zerstört war und die alliierten Siegermächte
Piaggio die Produktion von Rüstungsgütern
untersagten, richtete sich das Unternehmen, das
mittlerweile von Rinaldos Sohn Enrico geleitet
wurde, neu aus. Nach den Zerstörungen, Entbehrungen
und Verwirrungen des Krieges sehnten sich die
Italiener nach neuer Mobilität. Es herrschte akuter
Bedarf an preiswerten Transportmitteln – einfach,
praktisch, sparsam und zuverlässig. So forcierte
Piaggio die Entwicklung eines Motorrollers, den er
unter der Modellbezeichnung Vespa 98 bereits
im
April 1946 auf den Markt brachte. Die Vespa
(italienisch für Wespe) entwickelte sich mit ihrem
98 Kubikzentimeter großen Motor zu einem großen
Erfolg. Sie war bequem und auch für ungeübte Fahrer
leicht zu bedienen. Mit der Vespa 53
folgte 1953
eine modifizierte Version, die sich ebenfalls sehr
gut verkaufte. Bereits im Jahr 1956 konnte die
magische Schallmauer von einer Million produzierten
Motorrollern durchbrochen werden. Die Vespa hatte
sich in Windeseile weit über die Grenzen Italiens
verbreitet und wurde in Lizenz in zahlreichen
weiteren europäischen Ländern wie
Deutschland,
Großbritannien,
Frankreich oder auch in der
Sowjetunion (als nicht lizenzierte Kopie unter dem
Namen Wiatka) sowie außerhalb des Kontinents in den
USA,
Brasilien,
Indien und
Malaysia gebaut. Die
Vespa war insbesondere bei jungen Menschen sehr
beliebt und symbolisierte ein Lebensgefühl von
Freiheit und Leichtigkeit. Sie erlangte Kultstatus,
den sie sich bis zum heutigen Tage bewahren konnte.
Aber auch außerhalb des Motorroller-Segments war
Piaggio recht erfolgreich. Der Luftfahrttechnik
widmete man sich auch weiterhin und produzierte
kleinere, ein- bis zweimotorige Maschinen.
Mit der
Ape (italienisch für Biene) etablierte das
Unternehmen 1948 zudem einen dreirädrigen
Kleintransporter auf dem Markt, vierrädrige Modelle
folgten wenig später. 1957 feierte auf dem Pariser
Autosalon der Kleinstwagen Vespa 400 seine Premiere.
Zehn Jahre später erweiterte der norditalienische
Hersteller mit der Ciao seine Produktpalette um
Mofas, die sich besonders bei Jugendlichen großer
Beliebtheit erfreuten. Mit der Übernahme des
österreichischen Mofaherstellers Puch konnte
Piaggio
1987 in diesem Segment nochmals expandieren. In der
darauffolgenden Dekade produzierte das Unternehmen
mit dem Piaggio Sfera, Piaggio Hexagon und Piaggio
Skipper auch verschiedene Motorroller, welche nicht
unter dem Markennamen Vespa verkauft wurden. Zum
Ende des Jahrtausends sicherte sich die Deutsche
Bank 80 Prozent der Firmenanteile. Bereits vier
Jahre später, 2003, sicherte sich der erfolgreiche
italienische Manager und Milliardär Roberto
Colaninno die Mehrheit am Traditionsunternehmen.
Dennoch expandierte Piaggio durch die Übernahmen der
spanische Motorradmarke Derbi im Jahre 2001 sowie
der namhaften italienischen Motorradhersteller
Piaggio und
Moto Guzzi 2004. Als nunmehr größter
Motorroller-Produzent Europas wagte Piaggio 2006
erfolgreich den Gang an die Börse. Im selben Jahr
lief mit dem Piaggio MP3 ein völlig neues Konzept
eines dreirädrigen Motorrollers erstmals vom Band,
welches in den Folgejahren stetig weiterentwickelt
und unter anderem
2009 mit einem Hybridmotor
ausgestattet wurde.
Nicht zuletzt aufgrund der langen
Unternehmenshistorie und dem Kultstatus der Vespa,
entschied sich Piaggio zur Jahrtausendwende, in
einer der ältesten Produktionshallen am Stammsitz in
Pontedera ein Museum einzurichten, welches sich als
Besuchermagnet etablierte und
im Jahr 2018 nochmals
erweitert wurde.