Moto Guzzi – eine Legende auf zwei Rädern

Wir schreiben den 15. März 1921. Der Heeresflieger Giorgio Parodi und sein Freund Carlo Guzzi, ein Flugzeugtechniker werden in der Kanzlei des Notars Paolo Cassanello im norditalienischen Genua vorstellig, um die Gründung der "Moto Guzzi Aktiengesellschaft" behördlich absegnen zu lassen. Finanziell greift Parodis Vater, der in Genua etablierte Reeder Emanuele Vittorio Parodi, den beiden Jung-Unternehmern unter die Arme. Deren erklärtes Ziel: "Die Herstellung und der Verkauf von Motorrädern sowie jede zur Metall- und Maschinenbauindustrie gehörige oder damit verbundene Tätigkeit". Und auch das Markenzeichen ist schnell gefunden. Zu Ehren ihres Freundes Giovanni Ravelli, mit dem Parodi und Guzzi den gemeinsamen Traum einer eigenen Motorradmarke hatten und der kurz zuvor als Pilot bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, werden die berühmten Adlerschwingen mit in das Firmenlogo aufgenommen.

Vom ersten Prototypen zum größten Hersteller Italiens
Mit tatkräftiger Unterstützung eines Schmiedes wurde bereits im Keller von Carlo Guzzi das erste Motorrad – die Guzzi Parodi, kurz G.P. – mit liegendem Einzylindermotor konstruiert. Dem Prototyp folgte im Gründungsjahr am Unternehmenssitz im lombardischen Mandello del Lario eine leicht abgespeckte Version mit dem Modellnamen "Normale". Bekanntheit erhielt die Marke spätestens mit dem Gewinn der ersten 500-Kubikzentimeter-Europameisterschaft in Monza im Jahre 1924. Neben dem ersten Platz konnte sich Moto Guzzi mit seinem Modell C4V zudem auch die Ränge Zwei und Fünf sichern. Im Jahr darauf beschäftigte das Unternehmen bereits 300 Mitarbeiter und fertigte 1.200 Maschinen. Die Entwicklung der revolutionären Hinterradfederung, eine öffentlichkeitswirksame Fahrt zum Polarkreis mit der legendären G.T. sowie weitere erfolgreiche Teilnahmen an Rennen im In- und Ausland sorgten dafür, dass die Marke ihren Bekanntheitsstatus weiter ausbauen konnte und Moto Guzzi 1934 zum größten Motorrad-Hersteller Italiens aufstieg.

Legendäre Rekorde und Maschinen
Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges orientiert sich das Unternehmen neu und fokussierte sich zunächst auf die Herstellung von preiswerten, kleinen Motorrädern, um die starke Nachfrage nach billiger Wiedermotorisierung für die Massen im Land zu bedienen. Mit Erfolg, mit dem "Guzzino 65" konstruiert Moto Guzzi den ersten Zweitakter, der sich allein in den ersten drei Jahren rund 50.000 Mal verkauft. Aus dem Guzzino wiederum entwickelte sich die Cardellino, die über gut ein Jahrzehnt hinweg das meistverkaufte Motorrad auf dem gesamten Kontinent war. 1950 entsteht in Mandello del Lario der weltweit erste Windkanal für Motorräder und auch die ersten Rennerfolge stellen sich wieder ein. Bis zum Rückzug aus dem Rennsport im Jahre 1957 konnte Moto Guzzi unter anderem 14 Weltmeistertitel und 11 Tourist Trophy Siege einfahren. Mit der einzigen Maschine mit Achtzylindermotor, die jemals an einem Rennen teilnahm – der Guzzi Otto Cilindri – stellte Moto Guzzi einen Geschwindigkeitsrekord von 285 km/h auf.
Was die Produktion von Motorrädern für den Straßenverkehr anging, setzte das Unternehmen mit der Konstruktion des Zweizylinders in V-Anordnung einen weiteren Meilenstein, der zu dem Symbol Moto Guzzis schlechthin werden sollte. Das erste Modell mit diesem Antrieb kam 1966 mit der V7 auf den Markt. Die Weiterentwicklungen V7 Sport, und V7 Special erreichten Legendenstatus und auch die hubraumschwächeren Modelle V35 und V50 verkauften sich gut.

Wiederauferstehung unter neuem Dach
Trotz des Erfolges und der innovativen Technik geriet Moto Guzzi immer wieder in wirtschaftliche Schieflagen. Zur Jahrtausendwende übernahm der italienische Mitbewerber Aprilia das Traditions-Unternehmen. Unter dem neuen Dach konnte Moto Guzzi mit dem Modell "Rosso Mandello" auf Anhieb einen Erfolg landen. Ende 2004 stand jedoch erneut ein Besitzerwechsel ins Haus. Beide Marken gingen im Piaggio-Konzern auf. Das Werk in Mandello del Lario wurde umfangreich modernisiert und bereits im Jahre 2006 konnte Moto Guzzi mehr als 10.000 Motorräder produzieren, so dass das Fortbestehen der norditalienischen Kultmarke auch für die Zukunft gesichert war.