Juni 1994 - Feilschen erlaubt
Auch wenn die deutschen Verbraucher nicht allzu viel Übung im Feilschen hatten,
so war ihnen nun wenigsten die Gelegenheit dazu gegeben worden. Die Vorschriften
des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb waren aufgehoben und Preisnachlässe
konnten ausgehandelt werden. Wohl dem, der derartige Erfahrungen schon auf einem
türkischen Basar gemacht hatte. Eine Gesetzesänderung ganz anderer Art betraf
den Paragraphen 175. Er wurde aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch gestrichen.
Ersatzlos. In den skandinavischen Ländern war man längst weitergegangen. Dort
erkannte im Juni nach Dänemark und
Norwegen nun auch Schweden
gleichgeschlechtliche Partnerschaften gesetzlich an und setzte sie der
herkömmlichen Ehe gleich. Und die Österreicher hatten sich mittels eines
Referendums für den EU-Beitritt entschieden.
Wichtige Ereignisse im
Juni 1994
1. Juni
In der spanischen Hauptstadt Madrid wurde der 58-jährige Brigadegeneral Juan
José Hernandez Rovira vor seinem Privathaus von Mitgliedern der baskischen
Untergrundorganisation ETA erschossen.
1. Juni
In Brüssel unterzeichnete
Kirgisistan das NATO-Partnerabkommen für den Frieden,
„Partnership for Peace“ (PfP).
2. Juni
Im Südlibanon kamen 45 Menschen bei einem israelischen Angriff auf einen
Stützpunkt der pro-iranischen Hisbollah-Miliz ums Leben.
2. Juni
Auf Java Forderte ein Erdbeben der Stärke 7,8 mindestens 277 Menschenleben.
3. Juni
In Panama begannen die USA mit dem Truppenabzug, der 1977 vereinbart worden war.
Er soll bis Ende des Jahres 1999 von den US-Streitkäften abgeschlossen sein.
4. Juni
Die Polizei zerschlug im Land Brandenburg eine rechtsextremistische
„Wehrsportgruppe Dragon“. Ein 33-jähriger Unteroffizier der Bundeswehr wurde als
mutmaßlicher Anführer verhaftet.
4. Juni
Der Leichtathlet aus Äthiopien, Haile Gebrselassie (*1973), lief mit 12:56,96
Min. Weltrekord über 5.000 Meter. Damit brach er den Rekord des Marokkaners Said
Aouita (*
1959), der die Strecke in 12:58,39 Min. gelaufen war.
5. Juni
Bei den French Open in der französischen Hauptstadt Paris siegten die spanische
Tennisspielerin Arantxa Sanchez Vicario (*1971) bei den Damen und ihr Landsmann
Sergi Bruguera (*1971) bei den Herren.
6. Juni
In Frankreich und Großbritannien wurde mit Gedenkfeiern der Invasion der
Alliierten in der Normandie vor 50 Jahren gedacht. An den Feierlichkeiten nahmen
13 Staats- und Regierungschefs sowie Zehntausende Veteranen teil.
6. Juni
Der US-Präsident Bill Clinton (*1946) reiste zu einem Besuch in die lettische
Hauptstadt Riga.
6. Juni
Bei einem Erdbeben der Stärke 6,8 in Kolumbien kamen 795 Menschen ums Leben. Die
Ausläufer des Bebens waren bis in die USA zu spüren.
6. Juni
In Äthiopien wurden Wahlen zu einer Verfassungsgebenden Versammlung
durchgeführt.
6. Juni
In der Hauptstadt Xi’an der chinesischen Provinz Shaanxi stürzte zehn Minuten
nach ihrem Start eine Tupolew Tu-154 der China Northwest Airlines ab. Alle 160
Menschen, die an Bord waren, kamen ums Leben.
7. Juni
Schweden erkannte nach Dänemark und Norwegen nun auch homosexuelle
Partnerschaften gesetzlich an und stellte sie der herkömmlichen Ehe gleich.
8. Juni
Die bosnischen Kriegsparteien verpflichteten sich, für einen Monat keine
offensiven militärischen Aktionen zu unternehmen. Das Bemühen, Serben, Muslime
und Kroaten zu einem Waffenstillstand zu bewegen, scheiterte jedoch.
9. Juni
Entgegen dem Votum von
US-Präsident Bill Clinton (*1946) stimmte das
US-Repräsentantenhaus für die Aufhebung des UN-Waffenembargos gegen Bosnien.
10. Juni
In der nordbrasilianischen Stadt Belem do Para beschloss die Organisation
Amerikanischer Staaten (OAS) eine Verschärfung der Sanktionen gegen Haiti. Damit
sollte die Wiedereinsetzung von Präsident Jean Bertrand Aristide (*1953)
erzwungen werden.
11. Juni
In Deutschland trat der Paragraph 175 des Strafgesetzbuches außer Kraft, der
homosexuelle Handlungen erwachsener Männer an männlichen Jugendlichen unter 18
Jahren unter Strafe gestellt hatte.
12. Juni
Die CDU und die CSU legten in Deutschland bei den Wahlen zum Parlament der
Europäischen Union an Stimmen zu. Die SPD verlor Stimmen.
12. Juni
Die Bürger der Schweiz sprachen sich mit 57,2 Prozent gegen die Aufstellung
einer 6.000 Mann starken Truppe für Friedenseinsätze der Vereinten Nationen aus.
12. Juni
In Österreich hatten sich die Wähler bei einem Referendum mit 66,4 Prozent für
den Beitritt ihres Landes zur Europäischen Union ausgesprochen.
13. Juni
Die Internationale Atomenergie-Kommission (IEAO) hatte am 10. Juni Sanktionen
gegen Nordkorea beschlossen. Daraufhin trat das Land mit sofortiger Wirkung aus
der IEAO aus.
14. Juni
Auf dem 15. Ordentlichen DGB-Bundeskongress wurde der IG-Metall-Funktionär
Dieter Schulte (*1940) zum Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes
gewählt.
14. Juni
In in
Bonn eröffnete Bundeskanzler
Helmut Kohl (*1930) das Haus der Geschichte als
ein Museum der Zeitgeschichte der Bundesrepublik Deutschland.
15. Juni
Der Vatikan und Israel nahmen volle diplomatische Beziehungen miteinander auf.
16. Juni
Verbraucher konnten ab sofort mit der Aufhebung von Vorschriften des Gesetzes
gegen unlauteren Wettbewerb um Preisnachlässe feilschen.
17. Juni
Der Deutsche Bundestag verabschiedete zum 41. Jahrestag des Volksaufstandes vom
17. Juni 1953 seine Entschließung zum Abschlussbericht der Enquetekommission zur
Aufarbeitung der SED-Herrschaft.
Die DDR war von Anfang an als eine totalitäre
Diktatur eingestuft worden.
17. Juni
In den Vereinigten Staaten begann die 15. Fußball-Weltmeisterschaft. Im
Eröffnungsspiel gewann Deutschland gegen Bolivien mit 1:0. Die WM dauerte bis
zum 17. Juli und wurde von Brasilien vor Italien gewonnen.
18. Juni
In Berlin fand auf der Straße des 17. Juni zum letzten Mal die gemeinsame Parade
der Truppen der drei westlichen Alliierten statt. Rund 75.000 Zuschauer säumten
die Straße bei diesem Aufmarsch.
19. Juni
In Kolumbien ging der Kandidat der Liberalen Partei, Ernesto Samper Pizano
(*1950), mit 50,3 Prozent der Stimmen als Sieger hervor und war damit zum neuen
Präsidenten des Landes gewählt worden.
20. Juni
Gegenüber der Zeitschrift „Der Spiegel“ räumte der Literaturkritiker Marcel
Reich-Ranicki (1920-2013) ein, dass er Ende der 1940er Jahre Mitarbeiter des
polnischen Geheimdienstes gewesen war.
20. Juni
Bei einem Bombenanschlag auf die Moschee mit dem Imam-Reza-Schrein im iranischen
Maschhad kamen 26 Menschen ums Leben. Etwa 80 Personen wurden verletzt.
21. Juni
Nach drei Jahren Ermittlungsarbeit legte der sogenannte
Schalck-Untersuchungsausschuss des Bundestages seinen Abschlussbericht vor.
22. Juni
Der UNO-Sicherheitsrat stimmte der Entsendung einer Internationalen
Militärintervention unter der Führung Frankreichs in das Bürgerkriegs-Land
Ruanda zu. Die als sogenannte Operation „Türkis“ benannte Operation lief bereits
am folgenden Tag an. Sie sollte Angehörige des in den Südwesten des Landes
geflüchteten Tutsi-Stammes vor Massakern durch die Hutu-Regierungstruppen
schützen.
22. Juni
Russland unterzeichnete als 21. Land die NATO-Initiative „Partnerschaft für den
Frieden“ („Partnership for Peace“, PfP).
23. Juni
Nach einer privat gehaltenen Reise des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter
(*1924) nach Nordkorea ließ das kommunistische Land wieder eine ungehinderte
Kontrolle seiner Atomanlagen zu.
24. Juni
Auf der griechischen Insel Korfu unterzeichneten der russische Präsident Boris
Jelzin (1931-2007) sowie Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union ein
Abkommen für Kooperation und Partnerschaft.
25. Juni
In Frankfurt am Main (Hessen) demonstrierten etwa 50.000
Kurden aus dem In- und
Ausland gegen deutsche Waffenlieferungen in die Türkei. Sie Forderten eine
friedliche Lösung des Kurdenproblems.
26. Juni
Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt verlor das konservativ-liberale
Regierungsbündnis unter Ministerpräsident Christoph Bergner (*1948) seine
Mehrheit, nachdem die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war und aus dem
Landtag ausschied. In der Folge bildete der SPD-Spitzenkandidat Reinhard Höppner
(*1948) mit den Grünen eine rot-grüne Minderheits-Koalition mit Duldung der PDS.
In der Presse wurde diese Regierungsbildung als „Magdeburger Modell“ bezeichnet.
26. Juni
Bei der Stichwahl um das Bürgermeisteramt der Stadt Hoyerswerda (Sachsen) wurde
mit dem Kommunalpolitiker Horst-Dieter Brähmig (*1938) zum ersten Mal ein
Kandidat der PDS zum Bürgermeister einer größeren deutschen Stadt gewählt.
27. Juni
In der japanischen Stadt Matsumoto kamen sieben Menschen durch eine Giftgaswolke
ums Leben. Weitere 58 Menschen wurden verletzt. Die Giftgaswolke war durch
chemische Experimente entstanden, die ein Mann verursacht hatte, der diese in
seinem Garten durchgeführt hatte.
28. Juni
In Südrussland brachten drei Männer einen Bus in ihre Gewalt, in dem 41 Menschen
als Geiseln genommen wurden. Sie erpressten mit ihrer Aktion umgerechnet 4,8
Millionen DM.
29. Juni
Mit der erForderlichen Zweidrittelmehrheit billigte der Deutsche Bundestag die
bis zuletzt umstrittene Postreform II.
29. Juni
In Japan übernahm der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, Tomiichi
Murayama (*1924), die Nachfolge des am 25. Juni zurückgetretenen Tsutomu Hata
(*1935) zum Premier des Landes. Tsutomu Hata war nur 59 Tage im Amt gewesen.
29. Juni
Der als Knast-Poet bekannte Österreicher Johannes „Jack“ Unterweger (1950-1994),
der in erster Instanz als Serienmörder zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe
verurteilt worden war, hatte sich in seiner Zelle erhängt.
30. Juni
Bei einem Testflug stürzte in der Nähe der südfranzösischen Stadt Toulouse ein
Airbus A 330 ab. Bei dem Airbus sollten neue Triebwerke erprobt werden. Bei dem
Unglück kamen die sieben Besatzungsmitglieder ums Leben.
30. Juni
Im Zusammenhang mit Problemen mit HIV-kontaminierten Blutprodukten wurde das
Bundesgesundheitsamt aufgelöst.