Politik 1978 – Erster DDR-Kosmonaut im Weltraum
Das Jahr 1978 begann mit dem Inkrafttreten des
Bundesdatenschutzgesetzes. Zum ersten Beauftragten für
Datenschutz war Hans Peter Bull ernannt worden.
Im Februar hatte dann der Deutsche Bundestag das zweite
Anti-Terror-Gesetz verabschiedet.
Die beschlossene Änderung zum Wehrdienst, nach der
Kriegsdienstverweigerer sich auch ohne Gewissensprüfung
für den Zivildienst entscheiden konnten, die im Vorjahr
als Änderungsgesetz herausgegeben wurde, wurde nun,
im
April 1978, vom Bundesverfassungsgericht für
verfassungswidrig erklärt.
Im Mai kam es zur Festnahme der RAF-Mitglieder Rolf
Clemens, Peter Boock, Brigitte Mohnhaupt
und Sieglinde
Hoffmann in
Jugoslawien. Im Zuge der Hanns Martin
Schleyer-Entführung und dessen Ermordung im Vorjahr
hatte der Bundesinnenminister Werner Maihofer die
Verantwortung für die Fahndungspannen übernommen und war
zurückgetreten. Seine Nachfolge als Innenminister hatte
der FDP-Politiker Gerhart Rudolf Baum angetreten.
Es gab einen weiteren Rücktritt und zwar in
Baden-Württemberg. Der Ministerpräsident des
Bundeslandes,
Hans Filbinger, dessen Vergangenheit als
Jurist in der NS-Zeit bekannt geworden war, räumte
seinen Posten. Seine Nachfolge als Ministerpräsident
trat
Lothar Späth an.
Während sich in der DDR der Staatsratsvorsitzende
Erich
Honecker mit dem Vorstand der Evangelischen Kirche in
der DDR getroffen hatte und der Kirche mehr Spielraum im
Land eingeräumt hatte, wurden in der BRD die
Nachrichtendienste MAD, Amt für Verfassungsschutz und
der BND der Kontrolle des Parlaments untergeordnet.
Die Sensation des Jahres 1978 war zweifelsohne der
Weltraumflug des DDR-Kosmonauten Siegmund Jähn. Der
Jagdflieger und Oberstleutnant der Nationalen Volksarmee
(NVA) startete am 26. August vom Weltraumbahnhof
Baikonur. Zunächst hatte man seinen Flug geheim
gehalten. Erst als der Start offiziell in der
Sowjetunion bekanntgegeben wurde und Kommandant Waleri
Bykowski im Raumschiff Sojus 31 genannt war, folgte die
Meldung, sich auch der Forschungskosmonaut Siegmund Jähn
aus der DDR an Bord befand. Die Geheimhaltung war wegen
eines möglichen Fehlstarts vollzogen worden, um jegliche
Blamage auszuschließen. Selbst das DDR-Parteiorgan
konnte nicht umhin, auf einem achtseitigen Extrablatt
den historischen Triumpf so zu betiteln: „Der erste
Deutsche im All – ein Bürger der Deutschen
Demokratischen Republik“. Das war deshalb umso
bedeutender, weil der Begriff
Deutsche von den
DDR-Organen so nie benutzt wurde. Stets wurde Wert
gelegt auf die Bezeichnung DDR-Bürger. Doch hier ging
man den Kompromiss wohl gern ein. Letztendlich freuten
sich die Menschen in beiden deutschen Staaten, auch wenn
es noch mehrere Jahre dauerte, bis der bundesdeutsche
Astronaut Ulf Merbold 1983 ins All startete.
Der Kosmonaut Siegmund Jähn war nun also für alle, vor
allem für Kinder und Jugendliche ein Vorbild. Und damit
die Schüler beizeiten an den Ernst des Lebens
herangeführt werden konnten, wurde in der DDR ab dem 1.
September für die neunten und zehnten Klassen auch
Wehrunterricht eingeführt. Neben der theoretischen
Ausbildung führten die Schüler außerdem praktische
Übungen im Gelände und an Waffen durch.
In der BRD waren es keine Schüler, sondern Polizisten,
die den Umgang mit der Waffe bereits beherrschten und
bei dem Versuch der Verhaftung den gesuchten
RAF-Terroristen Willy Peter Stoll am 6. September
erschossen. Stoll galt als einer der Entführer von Hanns
Martin Schleyer.
Wie verbreitet noch immer terroristische Aktionen waren,
bewies ebenfalls im September die Entdeckung eines
großen Waffenlagers der „Revolutionären Zellen“. Im Zuge
dessen waren mehrere Personen der terroristischen
Vereinigung in Karlsruhe festgenommen worden.
Und damit nach so vielen Jahren endlich genau feststand,
wie die deutsch-deutsche Grenze verlief, unterzeichneten
die DDR und die BRD im November ein Protokoll über den
Verlauf derselben. Dabei blieb jedoch der Verlauf der
Elbgrenze ausgeklammert.
Und auch eine Flucht aus der DDR machte wieder einmal
Schlagzeilen. Die geflohene Leichtathletin Renate
Neufeld machte in Düsseldorf detaillierte Aussagen über
den Doping-Mittel-Einsatz im Leistungssport der DDR.
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