Politik 1977 – Hanns Martin Schleyer-Entführung und Tod
Der Ausreiswille von DDR-Bürgern war nach wie vor aktiv.
Als sich gleich zu Beginn des Jahres ausreisewillige
Bürger in die Ständige Vertretung der BRD flüchten
wollten, um ihr Anliegen dadurch zu beschleunigen,
wurden sie aktiv durch die Polizei der DDR-Hauptstadt
daran gehindert. Das war gewiss nicht die beste Lösung,
um den Bürgern dieses Anliegen auszureden und sie von
den positiven Seiten des real existierenden Sozialismus
zu überzeugen. Es zeigte lediglich, dass die DDR-Führung
nicht allzu viel Vertrauen in ihre Bürger
hatte, um sie
reisen zu lassen. Die hatten das Eingemauertsein
ziemlich satt. Einen Monat später erklärte der
DDR-Staatschef Erich Honecker, dass etwa 10.000 Bürger
der DDR Ausreiseanträge gestellt hatten. Jedoch könnte
nur dann langfristig eine generelle Reiseregelung in den
Westen erfolgen, wenn die Bundesregierung sich dazu
bereit erklären würde, die Existenz der
Staatsbürgerschaft der DDR anzuerkennen.
Zum Ende des Jahres
1977 wurde wieder eine Agentin
enttarnt. Die Sekretärin im Verteidigungsministerium,
Renate Lutz (geb. Übelacker), wurde am 12. Dezember
aufgrund des Verdachts der Spionagetätigkeit für die DDR
verhaftet.
Im Laufe des Jahres mussten sich die Behörden wieder mit
den Machenschaften der RAF-Terroristen beschäftigen.
Zusammen mit seinem Fahrer war der Generalbundesanwalt
Siegfried Buback von RAF-Angehörigen in Karlsruhe auf
offener Straße erschossen worden.
Immerhin war den führenden RAF-Mitgliedern Gudrun
Ensslin, Jan Carl Raspe und Andreas Baader der Prozess
gemacht worden. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte
sie zu lebenslanger Haft verurteilt. Wenige Wochen
später waren die RAF-Mitglieder Manfred Grashof und
Klaus Jünschke vom Kaiserslauterner Landgericht
ebenfalls zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe
verurteilt worden. Zudem wurden die vier Angehörigen des
RAF-Kommandos, die im Jahr 1975 eine Geiselnahme in der
Stockholmer BRD-Botschaft durchgeführt hatten, vom
Düsseldorfer Oberlandesgericht zu lebenslanger Haft
verurteilt.
Doch es gab noch einige RAF-Angehörige, die auf freiem
Fuß waren und Schlagzeilen machten.
So beispielsweise
Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar. Sie hatten am 30.
Juli den Vorstands-Vorsitzenden der Dresder Bank, Jürgen
Ponto, nach einem Entführungsversuch erschossen.
Im September wurde dann durch ein RAF-Kommando in Köln
der Präsident der BDA und BDI, Hanns Martin Schleyer
entführt. Bei der Entführung waren drei
Sicherheitsbeamte und Schleyers Fahrer erschossen
worden. Das RAF-Kommando forderte die Freilassung von
elf RAF-Gefangenen, darunter die führenden Mitglieder
Andreas Baader, Jan Carl Raspe und Gudrun Ensslin. Um
die Forderung des RAF-Kommandos, Freilassung von elf
inhaftierten RAF-Mitgliedern erzwingen, nachhaltig zu
unterstützen, wurde am 13. Oktober die
Lufthansa-Maschine „Landshut“ von palästinensischen
Terroristen entführt. Fünf Tage später, am 18. Oktober
war es der neu aufgestellten Spezialeinheit GSG9
gelungen, die Lufthansa-Maschine zu stürmen und die
Geiseln zu befreien. Am selben Tag begingen die
inhaftierten RAF-Mitglieder Andreas Baader, Gudrun
Ensslin und Jan Carl Raspe in ihren Zellen Selbstmord.
Der entführte Arbeitgeberpräsident und Vorsitzender des
Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Hanns
Martin Schleyer wurde am 19. Oktober in einem Kofferraum
eines Autos im Elsaß aufgefunden. Die Polizei begann
daraufhin unverzüglich mit einer Großfahndung nach 16
bekannten RAF-Mitgliedern.
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