Länderinfo Jugoslawien Geschichte
Der Staat Jugoslawien als Völkerrechtssubjekt hat,
unter zeitweise abweichenden Bezeichnungen, von
1918 bis
2003 beziehungsweise bis 2006
bestanden. Dabei wurde die Fiktion der
staatlichen Kontinuität im
Zweiten Weltkrieg
durch Exil-Regierungen, beziehungsweise
Untergrund-Regierungen aufrechterhalten. Die
2003 die völkerrechtliche Nachfolge der
Bundesrepublik Jugoslawien angetretene und bis
2006 bestehende Konföderation „Serbien und
Montenegro“ hatte wegen der weitgehenden
Souveränität ihrer beiden Teilstaaten nur sehr
bedingt die Stellung Jugoslawiens als Staat im
engeren Sinn übernommen.
Die jugoslawische Geschichte begann mit der
Phase als unabhängiges Königreich, das 1941 von
den Achsenmächten zerschlagen wurde. Nach einer
verlustreichen Besatzungs- und Bürgerkriegszeit
ging das Land 1945/46 nach der Gründung einer
sozialistischen Republik unter der Führung des
charismatischen KP-Führers
Josip Broz Tito für
knapp 50 Jahre einen „Dritten Weg“ zwischen
Sowjetblock und dem US-dominierten Lager. Anfang
der 1990er Jahre zerbrach Jugoslawien in den bis
1999 tobenden Jugoslawien-Kriegen in einen
serbisch-montenegrinischen Rumpfstaat und ein
Halbdutzend anderer Staaten.
Das verbindende Element des 1918 aus dem
Zusammenschluss der seit 1878/81 unabhängigen
Monarchie Serbien mit aus der Konkursmasse der
Weltkriegsverlierer Österreich, Ungarn und
Bulgarien stammenden Adria-Länder war die,
zumindest propagierte, gemeinsame ethnische
Grundlage als Südslawen. Tatsächlich waren aber
die ethnischen, religiösen und kulturellen
Unterschiede zwischen den einzelnen
Bevölkerungsteilen in
Serbien,
Kroatien,
Slowenien, Bosnien,
Herzegowina,
Montenegro, Vojwodina, Kosovo und Mazedonien erheblich.
Zunächst überdeckte noch die 1918 zur raschen
Gründung des „Königreichs der Serben, Kroaten
und Slowenen“ führende konkrete Gefahr einer
Annexion der südslawischen Küste durch Italien
diese massiven Unterschiede. In der Anfangszeit
wurde die Politik des Staates ferner durch
militärische Auseinandersetzungen gegen sich der
Besetzung südösterreichischer Gebiete
widersetzender deutschösterreichischer Kräfte
(„Kärntner Abwehrkampf“) bestimmt.
Aber nach der äußeren Konsolidierung des auch
„SHS-Staat“ (das „H“ stand für „Hrvata“
(„Kroaten“)) genannten Landes scheiterte das
Zusammenwachsen der südslawischen Völkerschaften
und nichtslawischen Minderheiten (Deutsche,
Ungarn, Albaner, Türken) zu einer jugoslawischen
Nation am Hegemonialanspruch der serbischen
Eliten.
Die Innenpolitik der unter Berufung auf die
zentralistisch ausgerichtete „Vidovdan-Verfassung“
(1921) zunehmend autoritärer und repressiver
auftretenden serbisch bestimmten Regierung
forcierte vor allem den Konflikt mit den einen
Föderalstaat fordernden kroatischen Parteien.
Die dadurch ausgelösten parlamentarischen
Dauerkrisen und politisch motivierten
Gewalttaten machten das Land faktisch
unregierbar. Als Reaktion entmachtete König
Alexander I. (1888-1934) das Parlament durch
einen Staatsstreich und installierte 1929 in dem
in „Königreich Jugoslawien“ umbenannten Staat
eine Königsdiktatur.
1934 fiel Alexander I., der
sich vor allem auf das serbische Militär
stützte, einem Attentat der
kroatisch-nationalistischen Ustascha-Bewegung
zum Opfer. Unter der Regierung von Prinzregent
Paul (1893-1976), der bis 1941 die Regentschaft
für den minderjährigen König Peter II.
(1923-1970) ausübte, näherte sich Jugoslawien
NS-Deutschland. Nachdem Jugoslawien im März 1941
den Achsenmächten beigetreten war, putschte das
Militär. Jugoslawien wurde daraufhin in einem
kurzen Feldzug von deutschen Truppen erobert.
Das Land wurde aufgeteilt: Deutschland gliederte
sich slowenisches Gebiet (Untersteiermark) ein;
Italien erhielt einen Großteil des
jugoslawischen Küstenlandes, besetzte Montenegro
und verleibte seinem Satellitenstaat
Albanien
einen Teil des Kosovo ein; Bulgarien annektierte
fast ganz Mazedonien und Ungarn bekam
Grenzgebiet von erheblichem Umfang zugesprochen.
In Kroatien entstand unter der Führung des
Ustascha-Chefs Ante Pavelić (1889-1959) ein
deutscher Vasallen-Staat. Restjugsolawien wurde
der deutschen Militärverwaltung unterstellt, die
sich serbischer Kollaborateure bei ihrem
Besatzungsregime bediente.
Die Jahre 1941 bis 1945 waren von extrem
brutalen Auseinandersetzungen einheimischer
Untergrundorganisationen untereinander und gegen
die Okkupationsmächte geprägt. Aus diesen
Kämpfen zwischen Ustascha-Milizen, serbischen
Tschetniks und jugoslawischen Kommunisten ging
schließlich der kommunistisch dominierte
„Antifaschistische Rat der Nationalen Befreiung
Jugoslawiens“ (AVNOJ) unter der Führung des
KP-Chefs Josip Broz, genannt „
Tito“, (1892-1980
) siegreich hervor. Politischer Verlier war die
1943 vom AVNOJ für abgesetzt erklärte Londoner
Exil-Regierung von König Peter II..
Tito gelang es, Jugoslawien in den frühen
Nachkriegsjahren als „ Föderative Republik“ (ab
1974 „Sozialistische Föderative Republik“) dem
Hegemonialanspruch der Sowjetunion zu entziehen.
Jugoslawien etablierte sich erfolgreich als eine
Führungsnation der „Blockfreien Staaten“ und
versuchte eine Verbindung aus
Wirtschaftsliberalismus und Sozialismus
einzuschlagen. Die nationalen Gegensätze wurden
in der Tito-Zeit zumindest zurückgedrängt. Nach
dem Tod des bald faktisch als Autokrat
regierenden Titos, der seine Vorstellungen vom
„Neuen Jugoslawien“ auch mittels Repressionen
und Parteisäuberungen durchsetzte, brachen im
Jahr 1980 die alten Gegensätze allmählich wieder
auf.
Durch Wirtschaftskrisen begünstigt verstärkten
sich die Spannungen zwischen den jugoslawischen
Ethnien und eskalierten schließlich zu einer
Reihe von innerjugoslawischen Kriegen. Im
„10-Tage-Krieg“gelang es der wirtschaftlich am
meisten entwickelten Teilrepublik Slowenien,
sich im Juni/Juli 1991 von Jugoslawien zu lösen.
Vor allem von Massakern an der Zivilbevölkerung
waren der Kroatienkrieg vom März
1991 bis zu
August 1995, der Bosnien-Krieg vom April 1992
bis zum Dezember 1995 sowie Kosovo-Krieg
1998/99, in dem sich auch die NATO mit
Truppeneinsätzen engagierte, geprägt.
Nach vorläufigem Abschluss der Kämpfe waren mehr
als 150.000 Tote zu beklagen. Von Jugoslawien
hatten sich Slowenien, Kroatien, Mazedonien und
Bosnien-Herzegowina sowie de facto der Kosovo
abgespalten. Die 1992 entstandene Bundesrepublik
Jugoslawien bestand lediglich aus Serbien und
Montenegro und löste sich nach dem Zwischenspiel
(2003 bis 2006) als lose Konföderation „Serbien
und Montenegro“ endgültig in ihre beiden
Bestandteile auf.