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Das Sportjahr 1920 – Olympia erstmals mit Fahne und Eid

Die VII. Olympischen Spiele
Am 23. April 1920 begannen die VII. Olympischen Spiele in Antwerpen (Belgien). Sie wurden bis zum 12. September ausgetragen. Geplant waren 158 Wettbewerbe in 21 Sportarten, von denen 156 durchgeführt wurden. Zwei Segel-Rennen fanden nicht statt wegen Mangel an Teilnehmern. Aus 29 Nationen waren rund 2.600 Sportler nach Antwerpen gereist, um für den Kampf um olympische Medaillen an den Start zu gehen.
Dabei wurde zum ersten Mal eine Olympische Fahne aufgezogen. Pierre de Coubertin (1863-1937) hatte sie entworfen. Auf weißem Hintergrund waren fünf verschlungene Ringen in Blau, Gelb, Schwarz, Grün und Rot zu sehen. Die fünf Ringe symbolisieren die fünf Kontinente und die Verschlungenheit der Ringe steht für die Universalität der olympischen Idee und die durch sie vereinten Erdteile sowie das Zusammentreffen von Sportlern aus allen Ländern zu einem friedlichen Wettstreit. Ebenfalls zum ersten Mal wurde der Olympische Eid gesprochen. Zur Eröffnungsfeier der Spiele in Antwerpen war es Olympiateilnehmer von 1908 und 1912, der belgische Wassersportler und Degenfechter, Victor Boin (1886-1974), der ihn sprach. Der Eid beinhaltete das Versprechen, den Fair-Play-Gedanken zu wahren.
Noch immer warf der Erste Weltkrieg insofern einen Schatten über die Olympischen Spiele, dass die Länder Bulgarien, Ungarn, die Türkei, Österreich und Deutschland nicht teilnehmen durften. Sie waren die im Ersten Weltkrieg besiegten Staaten. Sowjetrussland lehnte die Einladung ab, sich an den Spielen zu beteiligen. Dafür traten die Sportler aus Finnland erstmals unter ihrer Flagge an. Das Land war seit 1917 unabhängig. Und die Finnen nutzten ihre Teilnahme gleich zu einem Medaillengewinn. Der Leichtathlet Paavo Nurmi (1897-1973), der sich den Ruf eines der bedeutenden Athleten überhaupt schuf, machte als Läufer auf sich aufmerksam und schaffte 1920 seinen sportlichen Durchbruch. Bei den Olympischen Spielen konnte er drei Mal Gold (10.000 m, Crosslauf Einzel, Crosslauf Team) gewinnen und im 5.000-Meter-Lauf holte Nurmi eine Silbermedaille. Bis zum Jahr 1931 lief Nurmi dann insgesamt 24 Weltrekorde und holte wie Olympia 1924 fünf Mal Gold und 1928 noch einmal eine Goldmedaille, dazu noch zwei Silbermedaillen. „Schnell wie Nurmi“ – das wurde noch lange als geflügeltes Wort benutzt.
Als ältester Teilnehmer und auch als ältester Medaillengewinner aller Zeiten machte der schwedische Sportschütze Oscar Swahn (1847-1927) wiederholt auf sich aufmerksam. Er gewann eine Silbermedaille in Antwerpen im Alter von 72 Jahren und 279 Tagen.
Die berühmteste Tennisspielerin jener Zeit, die Französin Suzanne Lenglen (1899-1938) gewann bei den Olympischen Spielen zwei Goldmedaillen (Einzel und Mixed) und eine Bronzemedaille im Doppel. Lenglen war die absolut dominierende Spielerin in den frühen und mittleren zwanziger Jahren. Ihre Spielweise war anmutig und ihr Auftreten war außergewöhnlich, so dass durchaus als einer der ersten Weltstars im Sport zu sehen ist. Bei den Internationalen Englischen Tennismeisterschaften in Wimbledon gelang es ihr als erster Spielerin, im Einzel, im Doppel und im Mixed den Titel zu erringen. Damit nicht genug – diesen Erfolg wiederholte sie 1922 und 1925 noch einmal.
Kanada legte bei den Olympischen Spielen den Grundstein für seinen ausgezeichneten Ruf im Eishockey. Diese Disziplin war in Antwerpen zum ersten Mal dabei und Kanada holte sich den ersten Titel eines Eishockey-Olympiasiegers.
Einmalig war auch die Teilnahme eines Leichtathleten aus Großbritannien, der nach 1959 als der einzige Olympiasieger mit einem Friedensnobelpreis in die Geschichte einging. Er hieß Philip Noel-Baker (1889-1982) und gewann in Antwerpen Silber im 1.500-Meter-Lauf. Den Nobelpreis erhielt er 1959 für seinen Einsatz für den internationalen Frieden.
Und obwohl die berühmte Filmschauspielerin Grace Kelly (1929-1982) erst 1929 zur Welt kam, hatte es ihr Vater, John B. Kelly (1889-1960), bei der Olympiade in Antwerpen mit zwei Goldmedaillen zu sportlichem Ruhm gebracht. Bei der Henley-Regatta in London hatte man kurz vor der Olympiade ihn nicht an den Start gelassen, weil er als Maurer angeblich körperlich zu sehr im Vorteil gewesen wäre.
Die Nationalhymne für die italienischen Sportler, die immerhin 13 Goldmedaillen und je fünf Mal Silber und fünf Mal Bronze gewannen, konnte zur Siegerehrung nicht gefunden werden. Man wusste sich zu helfen – es wurde „O sole mio“ gespielt.

Radsport
Zum 14. Mal wurde vom 27. Juni bis zum 25. Juli 1920 die Tour de France ausgetragen, an der 113 Fahrer teilnahmen. Allerdings konnten nur 22 Fahrer das Ziel erreichen. Die ersten drei Plätze wurden von belgischen Radrennfahrern belegt. Sieger der Tour wurde der Favorit Philippe Thys (1890-1971), den zweiten Platz erreichte Hector Heusghem (1890-1982) und der dritte belgische Fahrer war Firmin Lambot (1886-1964). Insgesamt belegten die Belgier die Plätze eins bis sieben!

Motorsport
Die europäische Dominanz auf dem Indianapolis Motor Speedway wurde im Jahr 1920 durch den ehemaligen Schweizer und seit 1915 US-amerikanischen Autorennfahrer unterbrochen – Gaston Chevrolet (1892-1920). Er entschied das Rennen für sich auf einem Monroe mit Frontenac-Vierzylindermotor. Er war der erste Fahrer, der dieses Rennen beendete, ohne auch nur einmal einen Radwechsel durchgeführt zu haben. Und bis dato war mit einem Durchschnitt von 88.16 MPH die zweitschnellste Zeit auf dieser Strecke gefahren. Gaston Chevrolet war der jüngere Bruder von Louis Chevrolet (1878-1941), der ebenfalls im Autorennsport aktiv gewesen war. Er hatte 1915 mit William Durant (1861-1941) die Firma Chevrolet Motor Car Company in Detroit gegründet.
Der Rennbetrieb in den Vereinigten Staaten wurde des hereinbrechenden Winters wegen an die Westküste verlegt. Hier kam Gaston Chevrolet auf dem Beverly Hills Speedway in Los Angeles im US-Bundesstaat Kalifornien beim Rennen um den Titel „Speed King of the Year“ ums Leben. Das tragische Ereignis geschah in der 146. Runde des 250-Meilen-Rennens bei einer schweren Kollision mit Eddie O’Donnell, der seinen Verletzungen im Krankenhaus erlag.
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