Das Sportjahr 1919 – Sport im ersten
Friedensjahr
Der
Erste Weltkrieg war endlich zu Ende und doch
musste gleich zu Beginn des Jahres das
Eishockey-Finale im „Stanley Cup“ – dem wichtigsten
Eishockeypreis der Welt – unentschieden abgebrochen
werden. Nur fünf Spiele waren absolviert worden. Der
Grund für den Abbruch war die Spanische Grippe, die
weltweit Millionen Menschen umbrachte.
Was als „Notwendigkeit“ in Kriegszeiten schon
veranstaltet wurde, nämlich die Kampfspiele, sollte
nun offiziell beibehalten werden. Auf seiner ersten
Sitzung nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde
vom Reichsausschuss für Leibesübungen die Einführung
der „Deutschen Kampfspiele“ beschlossen.
Sie sollten
1922 erstmals offiziell durchgeführt werden.
Teilnahmeberechtigt waren alle Deutschen, egal sie
im Deutschen Reich lebten oder aus
Deutsch-Österreich kam, in der Tschechoslowakei
lebten oder in den ehemaligen deutschen Kolonien
oder sogar in den Verreinigten Staaten. Alle vier
Jahre sollte diese nationale Sportfest ausgetragen
werden und damit einen bedeutenden Charakter
bekommen, ähnlich der Olympischen Spiele.
Die erste Berliner Pferderenn-Saison begann am
Ostermontag, im April 1919 in Berlin-Karlshorst. Der
Zulauf war enorm, obwohl wegen des großen
Kohlenmangels keine Sonderzüge eingesetzt werden
konnten und auch der Stadtbahnverkehr über Mittag
gesperrt war. Dennoch waren etwa 60.000 Besucher
nach Karlshorst gekommen, um dem „Osterpreis“
beizuwohnen.
Noch mehr Zuschauer waren dabei, als am 27. Juli
1919 in Berlin das Wettschwimmen „Quer durch Berlin“
veranstaltet wurde. Eine Distanz von 4 Kilometern
war zu überwinden. Initiiert hatte diesen Wettkampf
der Berliner Journalist und Schwimmsportfunktionär
Gustav Putzke. Das Langstreckenschwimmen war das
erste dieser Art auf der Spree und ging vom
Reichstag zur Ächenbachbrücke im Stadtteil
Tiergarten. Die Wertungen wurden für Männer und
Frauen, für Senioren und Junioren getrennt.
Auch eine Tour de France wurde wieder ausgetragen,
zum 13. Mal. Vom 29. Juni bis zum 27. Juli 1919 fand
sie nach einer Pause von vier Jahren erstmals wieder
statt. Und sie brachte eine Neuerung, nämlich das
Gelbe Trikot. Die Tourleitung war sich darin einig,
dass der führende Führer im Gesamtklassement
auffallend zu erkennen sein sollte für alle
Zuschauer, die das Rennen am Rande begeistert
verfolgten. Diese zweitlängste Tour de France in der
Tourgeschichte verlangte von den 67 Teilnehmern
alles ab. Sie mussten eine Strecke von 5.560
Kilometern bewältigen. Die Tour war so anstrengend,
dass am Ende nur 10 Fahrer in Paris ankamen. Sieger
der Tour de France von 1919 wurde der belgische
Radrennfahrer Firmin Lambot (1886-1964). Damit hatte
der Belgier den Höhepunkt seiner Radrenn-Laufbahn
erreicht. Er war der älteste Tour-Sieger aller
Zeiten in der Geschichte der Tour de France. Es war
nicht seine große Klasse in Sachen Radrennen,
sondern seine zähe Kämpfernatur, die ihn zum Sieg
verholfen hatten. Lambot konnte seinen Triumph
jedoch sofort wiederholen. Im Folgejahr erreichte er
den dritten Platz. Erst 1922 gewann er die Tour noch
einmal.
Im Jahr 1919 wurde auch der Titelkampf um den
Weltmeister im Schwergewichtsboxen ausgetragen. Im
Ring standen sich Weltmeister Jess Willard
(1881-1968) und Jack Dempsey (1895-1983) gegenüber,
bei kamen aus den USA. In Toledo (US-Bundesstaat
Ohio) besiegte Dempsey den Titelverteidiger in der
4. Runde durch K.o., den er schon vorher, in den
ersten 120 Sekunden sieben Mal zu Boden gestreckt
hatte. Jack Dempsey war der neue Weltmeister.
Erstmals nach dem Ende des Ersten Weltkrieges fanden
auch wieder Tennis-Wettkämpfe in Wimbledon statt.
Hier brillierte die Französin Suzanne Lenglen
(1899-
1938) gleich zweimal. Sie gewann im
Damen-Einzel und im Damen-Doppel. Die französische
Tennisspielerin, die von ihrem Vater schon sehr früh
auf eine Tenniskarriere vorbereitet worden war, galt
schon mit 15 Jahren als beste Hartplatzspielerin der
Welt.
Zwar wurden im Jahr 1919 die
Leichtathletik-Weltrekorde der Frauen noch nicht
offiziell registriert. Das wurde erste ab 1922
gemacht. Doch erwähnenswert sind die Bestleistungen
der Damen dennoch. In London hatte die
Frauenmannschaft die Staffel britischer
Luftwaffenhelferinnen eine Weltbestzeit mit 55,2
Sekunden in der 4 x 110-yard-Staffel (1 yard = 0,914
m) bei einer Militärschau aufgestellt.
Es wurden 1919 noch keine Europa- und
Weltmeisterschaften im Eiskunstlaufen veranstaltet.
Nur die Deutschen Meisterschaften fanden in Berlin
statt. Auch Länderspiele im Fußball wurden noch
nicht ausgetragen, ebenso wenig wurde der Deutsche
Landesmeister ermittelt. Es gab aber Deutsche
Leichtathletik-Meisterschaften. Die fanden vom 23.
bis 24. August 1919 in Nürnberg statt. Zum ersten
Mal waren die 4 x 100-Meter-Staffel und der
5.000-Meter-Lauf im Programm der Wettkämpfe. Den
5.000-m-Lauf gewann Carl Krümmel (1895-1942) vom TSV
München 1860 und konnte damit den ersten Deutschen
Meistertitel in dieser Disziplin holen.
In England war man bemüht, Badminton
wiederzubeleben. Zum Ende des Jahres 1919 fanden in
London die Championships statt. Aus allen drei
möglichen Disziplinen ging George Alan Thomas
(1881-1972) als Sieger hervor. Thomas war
gleichzeitig ein ausgezeichneter Tennisspieler und
brillierte auch im Schach. Schon 1896 hatte er in
einer Simultan-Veranstaltung gegen Emanuel Lasker,
der zu jener Zeit Schwachweltmeister war. Geistige
und sportliche Fitness schließen sich jedenfalls
nicht aus, wie hiermit wieder deutlich wurde.
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