Das Sportjahr 1918 – Kartoffel-Ernte auf Fußballplätzen

Im Jahr 1918 war es nicht nur der Krieg, der sportliche Ereignisse in den Hintergrund drängte. Zusätzlich wütete auch noch die „Spanische Grippe“, die weltweit viele Millionen Menschen dahinraffte. Einer von ihnen war französische Rennfahrer Georges Parent (1885-1918), der nur wenige Wochen vor dem Ende des Ersten Weltkrieges am 22. Oktober 1918 in Saint-Germain-en-Laye an dieser heimtückischen Grippe starb. Parent hatte vordem in der französischen Armee gedient, war mehrfach verwundet worden und hatte Auszeichnungen für seine Tapferkeit erhalten. Parent war in drei Jahren in Folge (1909, 1910 und 1911) Steher-Weltmeister gewesen. Bei den französischen Steher-Meisterschaften hatte er von 1908 bis 1910 ebenfalls den ersten Platz errungen. Ihm zu Ehren war in den 1940er Jahren in Paris ein Steher-Rennen um den „Prix Georges Parent“ veranstaltet worden.
Ebenfalls für einen französischen Radrennfahrer war das Jahr 1918 das Todesjahr – Louis Darragon (1883-1918), der während eines Rennens im Pariser Vélodrome d’Hiver am 28. April tödlich verunglückte. Ihm zu Ehren wurde in Vichy, Darragons Heimatstadt, das „Stade Louis Darragon“, in dem vor allem Rugbyspiele veranstaltet wurden.
Es traf auch einen deutschen Radrennfahrer – Peter Günther (1882-1918), der drei Mal Deutscher Meister wurde, im Jahr 1911 inoffizieller Weltmeister und 1914 Europameister. Am 6. Oktober 1918 war Peter Günther auf der Düsseldorfer Radrennbahn schwer gestürzt. Einen Tag später starb er an den Folgen im Alter von 36 Jahren. Einige Radsportvereine tragen seinen Namen.
Und noch ein deutscher Sportler starb im letzten Kriegsjahr 1918 – Jakob „Kochse Kobes“ Koch (1870-1918). Er war als Ringer im griechisch-römicshen Stil zweimal Europameister geworden, hatte ebenfalls zweimal den Weltmeistertitel errungen und zweimal den Vizeweltmeistertitel. Er starb zwar nicht im Krieg, aber die Entbehrungen der Soldatenzeit hatten seine Gesundheit derart angegriffen, sodass er 47-jährig am 19. Februar 1918 an einer inneren Krankheit verstarb.
Fußball war bereits im Deutschen Reich ein sehr publikumswirksamer Sport. Nun hatte das preußische Ministerium für geistigen Unterricht angewiesen, dass das Fußballspiel ab der Obersekunda (11. Klasse) in den Bereich des Schulturnens integriert werden sollte. Das war schön und gut, aber dagegen stand das Problem, dass Fußballplätze zur besseren Versorgung der Bevölkerung zweckentfremdet zu nutzen seien, nämlich als Gemüse- und Kartoffeläcker. Zudem gab es ohnehin nur Fußballschuhe auf Bezugsscheine, die an die Landesverbände des Deutschen Fußballbundes (DFB) ausgegeben wurden. Damit war es nur ausgewählten Mannschaften möglich, in richtigen Schuhen auf richtigen Plätzen zu spielen. Länderspiele wurden im letzten Kriegsjahr ohnehin nicht ausgetragen.
Im Jahr 1918 wurden im Deutschen Reich zum vierten Mal die „Vaterländischen Kampfspiele“ ausgetragen, die der deutsche Verband der Vereine für Leibesübungen organisierte und veranstaltete. Klassische Disziplinen wurden – ganz im Sinne der Kriegssituation – mit Handgranatenwerfen und Militärschwimmen in voller Montur ergänzt. Austragungsort waren die Düsseldorfer Rheinwiesen gewesen. Das Motto der Kampfspiele lautete: „Unser Spiel ist Dienst fürs Vaterland“. Die Kräftigung, die der Sport für die Persönlichkeit bedeutete, wurde in zahlreichen Reden betont und zwar schon im Hinblick auf den Wiederaufbau der deutschen Volkskraft. Um den Kampfspielen noch eine besondere Schau zu bereiten, hatte der deutsche Fliegerbund ein Schaufliegen veranstaltet.
Die Deutschen Schwimmmeisterschaften 1918 und die Galopp-Rennsaison wurden ebenfalls im Deutschen Reich ausgetragen. Der Pferdesport war durch den Krieg nicht unterzukriegen. Das lag auch an den Wetten, die nach wie vor großen Zulauf hatten. Da war es kein Wunder, dass das Kartell westdeutscher Rennvereine energisch dagegenhielt, als Regierungsvorhaben laut wurden, Pferderennen bis zum Ende des Krieges zu verbieten. Die Haupteinnahmequelle zur Finanzierung der Pferdezucht wäre dadurch gefährdet gewesen, zumal allein 237.000 Pferde auf dem östlichen Kriegsschauplatz verloren gegangen waren.
Im Automobilsport und im Eiskunstlaufen wurden 1918 noch keine Meisterschaften veranstaltet. In der Leichtathletik wurden die Deutschen Meisterschaften ausgetragen. Tennis in Wimbledon war allerdings noch nicht angesagt, nur die US-Open und die Australien Open fanden statt.
Die Hoffnungen auf friedliche sportliche Veranstaltungen konzentrierten sich auf das nächste Jahr, denn das Jahresende war schon ein Friedens-Silvester. Endlich.
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