Das Sportjahr 1913 – „Der König von Rom“ oder
die berühmte Renntaube
Eine Taube mit blauem Gefieder war es, die eine
weltweite Berühmtheit erlangte, als sie
im Jahr 1913
ein 1001-Meilen-Rennen von Rom nach England gewann.
Nicht nur der Sieg machte diese Taube so bekannt,
sondern vor allem die Tatsache, dass sie Thema eines
Liedes und eines Buches wurde.
Beides hatte Dave
Sudbury geschrieben. Noch 1988 konnte man von der
berühmten Taube hören, denn die englische
Folksängerin June Tabor hatte eine eigene Version
des Liedes aufgenommen, die in ihrem Album „Aquaba“
erschien. Der König von Rom – so hieß die Taube –
entstammte einem Schlag aus Derby in England. Seit
1904 war sie für Rennen eingesetzt worden. Als die
Taube starb wurde ihr Körper zu Ausstellungszwecken
an das Derby Museum and Art Gallery übergeben. Ihr
Besitzer, Charles Hudson, der im Alter von 84 Jahren
am 13. März 1958 verstarb, hätte seine Freude daran
gehabt zu wissen, dass seine Taube immer noch Teil
der Ausstellung ist und sogar zwischenzeitlich an
andere Institutionen verliehen wurde.
Bergsteigen
Der höchste Berg auf dem amerikanischen Kontinent
ist der Mount McKinley mit 6.194 Metern. Im Jahr
1913 wurde er zum ersten Mal erstiegen. Das gelang
am 7. Juni der Expedition, der der
Forschungsreisenden und Geistlichen der
US-amerikanischen Episkopalkirche, Hudson Stuck
(1863-1920) angehörte.
Den Berg der Götter, den Olymp in
Griechenland,
erstiegen der griechische Bergsteiger Christos
Kakalos und die Schweizer Alpinisten Fred Boissonnas
und Daniel Baud-Bovy zum ersten Mal am 2. August
1913. Sie bezwangen als erste Mensche den
Hauptgipfel des Olymp, den Mytikas, der eine Höhe
von 2.918 Metern aufweist. Zeus, Poseidon und Hera
konnten zwar nicht angetroffen werden, aber dennoch
ist der Olymp noch heute eine der begehrtesten
Touristenattraktionen, zu dem viele Wege nach oben
führen und nicht alle sind so eine Strapaze wie die
Erstbesteigung bis zum Hauptgipfel.
Radsport
Im Jahr 1913 wurde zum ersten Mal die
Flandern-Rundfahrt ausgetragen. Ihre Durchführung
und Organisation hatte der Sportjournalist Karel Van
Wijnendaele von der flämischen Sportzeitschrift „Sportwereld“
ins Leben gerufen. Die Flandernrundfahrt entwickelte
sich schnell zum populärsten Eintagsrennen
Belgiens
und ist heute eines der fünf sogenannten Monumente
des Radsports. Sie entstand nach dem ersten
belgischen Sieg im Vorjahr bei Tour de France, die
der Belgier Odiel Defaeye (1888-1965) gewonnen
hatte. Nach dem Vorbild der Tour de France entstand
so einen landeseigene Rundfahrt. Heute ist sie einer
der Klassiker des Radsports. Sie findet jährlich
Anfang April statt, eine Woche bevor die Tour
Paris-Roubaix startet. Die Flandern-Rundfahrt war
bis 2004 ein Teil des Rad-Weltcups, der nach der
2004er Saison abgeschafft wurde. Sie gehörte
zwischen 2005 und 2010 zur UCI Pro Tour und seit
2011 zur Nachfolgeserie UCI World Tour.
Die Tour de France 1913 fand vom 28. Juni bis zum
26. Juli statt. Wieder war es ein Belgier, der die
Tour gewann, der Radrennfahrer Philipp Thys
(1890-1971). Er war 22 Jahre alt und gilt mit diesem
Sieg als der bisher jüngste Tour-Sieger aller Zeiten
bis heute.
Die UCI-Bahn-Weltmeisterschaften der Amateure wurden
am 23. und 24. August 1913 in Berlin-Grunewald
veranstaltet. Trotz der Übermacht der deutschen
Fahrer gewannen auf der Bahn im
Kaiser-Wilhelm-Stadion zwei Engländer diese WM:
William Bailey (1888-1971) im 1.000-Meter-Sprint und
Leon Meredith (1882-1930) im 100-km-Steherrennen.
William Bailey galt zu jener Zeit als der
beherrschende Amateur-Sprinter vor dem Ersten
Weltkrieg. Er gewann außerdem vier Mal
hintereinander den Sprint-Klassiker „Grand Prix de
Paris“. Für Meredith war der Sieg 1913 der siebte
Weltmeistertitel in der Disziplin.
Im selben Monat wurden die
UCI-Bahn-Weltmeisterschaften der Profis ausgetragen.
Sie hatten vom 28. bis zum 31. August in
Leipzig-Lindenau stattgefunden. Weltmeister im
Profi-Sprint wurde der Deutsche Walter Rütt
(1883-1964). Das Steherrennen konnte der
französische Radrennfahrer Paul Guignard (1876-1965)
für sich entscheiden.
In der portugiesischen Hauptstadt Lissabon wurde die
Subida à Glória (Aufstieg zur Gloria) erstmals mit
mehreren Teilnehmern veranstaltet. Diese steile,
schmale Straße in der Stadt wurde 1910 nur von einem
einzigen Athleten befahren, Pedro José de Moura, der
eine Marke von 1:23 Minuten vorgab. Bei der Subida
1913 waren mehrere Fahrer am Start. Die Strecke, auf
der sonst die Standseilbahn fährt, ist eine echte
Herausforderung für einen Fahrer und das nicht nur
wegen der Schienen. Sie ist 265 Meter lang, hat aber
eine Steigung von 17 Prozent. Zudem ist die Straße
mit Kopfsteinpflaster versehen. Sie muss einmal
bezwungen werden. Es ist eine Art Bergzeitfahren und
das kürzeste der Welt. Nach dem ersten Durchgang
aller Teilnehmer wird der Gewinner durch ein
Halbfinale und ein Finale in einem K.o.-System
ermittelt. Im Jahr 2013 fand anlässlich der
100-jährigen Erstaustragung mit mehreren Teilnehmer
ein für jedermann offenes statt. Das erste seit
1926. Der Erfolg und auch die Zuschauerresonanz des
Jubiläums- und Gedenkrennens waren so groß, dass es
nun Überlegungen gibt, die Subida wieder in jedem
Jahr zu veranstalten.
Und den 5. Giro d’Italia, der vom 6. bis 22. Mai
1913 stattfand, gewann der italienische
Radrennfahrer Carlo Oriani (1888-1917), der keine
der neun Etappen gewonnen hatte, dennoch den
Gesamtsieg erreichte.
Was sonst noch geschah
In Berlin wurde das Deutsche Stadion eingeweiht,
Sportstätte im heutigen Stadtteil Westend in
Berlin-Wilmersdorf. Das Stadion wurde zeitgleich mit
dem 25-jährigen Thronjubiläum von
Kaiser Wilhelm II.
(1859-1941) eröffnet. Es sollte die zentrale Anlage
sein für die geplanten Olympischen Sommerspiele, die
für 1916 nach Berlin vergeben worden waren. Die
fielen jedoch wegen des Ersten Weltkriegs aus. Das
Stadion wurde 1934 abgerissen, an der gleichen
Stelle steht heute das Berliner Olympiastadion.
In Sachen Olympia gab es zudem eine Neuigkeit: Der
Initiator der Olympischen Spiele der Neuzeit, Pierre
de Coubertin (1863-1937), entwarf die olympischen
Ringe, die als Symbol der Spiele noch heute in
Gebrauch sind.
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