Länderinfo
Estland
Geschichte
Trotz des Fehlens einer
staatlichen Zentralgewalt waren die estnischen
Landschaften in der Lage, Eroberungszüge der
Wikinger abzuwehren oder die ostslawische
Tributherrschaft abzuschütteln. Nach
fehlgeschlagenen Versuchen einer friedlichen
Missionierung verlieh Papst Innozenz III. im Oktober
1204 der Livlandfahrt den Rang eines Kreuzzuges.
1208-1227 gelang den Dänen die Unterwerfung und
gewaltsame Christianisierung der Esten. Als die
Dänen 1346 das nordestnische Gebiet an den Deutschen
Orden verkauften, erstreckte sich der altlivländische Ordensstaat bis 1561 über das
gesamte Gebiet des heutigen Estlands und Lettland.
Der 150-jährige Kampf der Großmächte um die
Vorherrschaft im Baltikum begann mit dem
vergeblichen Eroberungsversuch Ivans IV., der zum
Untergang des Ordensstaates und zur Aufteilung
Estlands zwischen
Schweden,
Dänemark und
Polen-Litauen führte.
Im Großen Nordischen Krieg (1700-21) wurde Estland
dem
Russischen Reich angegliedert. Dabei garantierte
Peter I., der Große, die alten Privilegien der
deutschbaltischen Ritterschaften.
Die Bauernbefreiung (
1816/
1819) führte durch den
Verlust aller gutsherrlichen Schutzverpflichtungen
zunächst zu einer Verschlechterung der sozialen
Lage.
Unter der provisorischen Regierung Russlands konnten
estnische Politiker
1917 die administrative
Zusammenlegung des Gouvernements Estlands mit N-Livland und den
Inseln erreichen. Mit der
Oktoberrevolution kam eine bolschewistische
Räte-Regierung an die Macht, während bürgerliche
Kreise nun eine Loslösung von Russland anstrebten.
In der Nacht vom 24.2. zum 25.2.
1918 nutzte ein so
genanntes "Rettungskomitee" unter K. Päts die kurze
Frist nach dem Abzug der Bolschewiki unmittelbar vor
dem Einmarsch der Deutschen, um in Reval die
Unabhängigkeit Estlands zu proklamieren. Nach der
Kapitulation Deutschlands im
Ersten Weltkrieg wurden
weite Teile Estlands erneut von der Roten Armee
besetzt.
Als Folge des Hilter-Stalin-Paktes besetzten am
17. Juni 1940 sowjetische Truppen Stützpunkte in
Estland, das nach erzwungener Regierungs-Umbildung
und Scheinwahlen am 6.8.1940 völkerrechtswidrig als Estn. SSR von der UdSSR annektiert wurde. Die
Estnische SSR existierte von 1940/44 bis 1990.
Nach 45 Jahren Okkupation bot die mit dem
Machtantritt Gorbatschows eingeleitete Politik von
Glasnost und Perestroika erstmalig die Möglichkeit
zu öffentlichen Protestäußerungen gegen die von den
Unionskombinaten verursachten Umweltschäden, gegen
forcierte Industrieansiedlung, russische Zuwanderung
und nationale Unterdrückung.
Nachdem die Bevölkerung für ein unabhängiges Estland
votiert hatten, erklärte das Land - vor allem unter
dem Eindruck des Putschversuches konservativer
Kräfte in
Moskau - am
20.8.1991 die
Wiederherstellung der Unabhängigkeit; es folgte eine
Welle der diplomatischen Anerkennungen mit der
Aufnahme Estlands in die KSZE und die UNO.
Innenpolitisch fanden nach der Annahme einer neuen
Verfassung durch ein Referendum am 20.9.1992
Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt, bei
denen nur jene Bürger über Wahlrecht verfügten, die
vor der Annexion (1940) durch die UdSSR estnische
Staatsbürger gewesen waren. Stärkste politische
Kraft wurde das konservative Wahlbündnis
"Vaterland". Das Amt des Staatspräsidenten trat im
Oktober 1992 L. Meri an.
1992-94 war Mart Laar Ministerpräsident, dessen
Kabinett im Zusammenhang mit einem Finanzskandal vom
Parlament durch ein Misstrauensvotum gestürzt wurde.
Nachfolger als Regierungschef war der vorherige
Umweltminister Andres Tarand, den nach den
Parlamentswahlen vom 5.3.1995 Tiit Vähi ablöste. Die
Unterzeichnung eines neuen Sprachgesetzes im
Dezember 2001 wurde als wichtiger Schritt zur
Integration besonders der russischen Minderheit
gewürdigt. Im Jahr
2003 wurde Juhan Parts
Ministerpräsident einer Koalitionsregierung.