Technik in den achtziger Jahren
- Kriege und Katastrophen als
Technik-Katalysator
Die 80er Jahre waren angeblich ein langweiliges
Jahrzehnt. Man muss sich aber fragen, wer diese
Langeweile empfand. Tatsächlich passierten nämlich
in den 1980er Jahren sehr aufregende Dinge, auch und
gerade in der Technik.
Die Entwicklung der digitalen Welt schritt in den
1980er Jahren erheblich voran. Die Sowjetunion
erlebte zwei folgenschwere Niederlagen, die
technologisch bedingt waren, in Afghanistan und in
Tschernobyl. Am Ende des Jahrzehnts fiel die Mauer
zwischen Ost und West. Kondome wurden zur Norm im
Kampf gegen die
AIDS-Epidemie. Geniale
Wissenschaftler beschrieben den HIV-Virus.
Während Normalbürger sich noch am Wunder des
Farbfernsehens ergötzten, überwanden die Pioniere
der Computerforschung ungeahnte Grenzen.
Zu Beginn der achtziger Jahre wurde das
Farbfernsehen internationaler Standard für alle
Übertragungen. Farbfernsehgeräte waren bereits für
die Allgemeinheit erschwinglich. Unter dem
Gesichtspunkt der Menschenkontrolle entpuppte sich
das Fernsehen als ein zweischneidiges Medium.
Einerseits manipulierte man damit Menschenmassen,
andererseits wählten die Menschen aber selbst das
Programm. Menschen in der DDR lernten über das
Fernsehen das Leben in Westdeutschland kennen,
selbst wenn sie niemals dorthin reisten.
Andere typische Alltagsutensilien der 1980er Jahre
waren die Musik-Kassetten, also kleine, kompakte,
analog aufgenommene Magnet-Tonbänder, die jedoch
hin- und wieder zu Bandsalat führten. Es gab auch
Videokassetten. Zur selben Zeit wurden jedoch schon
digitale Datenträger entwickelt, die erst in den
90er Jahren auf weite Akzeptanz stießen – die CDs.
Der Commodore-C64 war der beliebteste Spielcomputer
der 1980er Jahren.
Seit 1982 auf dem Markt, eignete sich der Computer
Commodore-C64 als Spielkonsole und zur
Software-Entwicklung. Die Speicherkapazität und die
anderer Heimcomputer der war noch extrem gering.
Dennoch begeisterten diese ersten Heimcomputer eine
ganze Generation Jugendlicher, die über diese Geräte
nicht nur Spiele, sondern auch wichtige
Programmiersprachen wie BASIC, PASCAL, COBOL, Forth,
COMAL und C kennen lernten. Da zur selben Zeit an
der Entwicklung digitaler Datenträger geforscht
wurde und das Internet entstand, waren die 80er
Jahre tatsächlich entscheidend für die sich etwa im
Jahre 2002 vollziehende digitale Revolution. Die
Heimcomputer lösten eine große Begeisterung für die
digitale Welt aus, die auch zu einer exponentiell
ansteigenden Menge an Computer- und
Programmierfachleuten führte. Pioniere kämpften an
einer neuen „Frontier“, d.h. an einer neuen Grenze,
an der Grenze der digitalen Möglichkeiten.
1982 entstand aus dem ARPANET das Internet.
Die USA hatten schon seit Beginn des Kalten Kriegs
mit Rechnernetzen geforscht, um so militärisch
relevante Kommunikationsmöglichkeiten auszuloten.
Aus diesen vom Verteidigungsministerium der USA
subventionierten Forschungen ging zunächst das
Rechnernetz ARPANET hervor. Neue Netzwerkprotokolle
für ARPANET kamen auf, die dann zum Namen Internet
führten. Besonders das 1982 für ARPANET verwendete
TCP/IP-Referenzmodell markierte den Beginn des
Internets. Obwohl das Internet also schon
existierte, hatten normale Menschen noch keinen
Kontakt damit. Die Massennutzung des Internets
begann erst in den 90er Jahren mit der Schaffung der
ersten Web-Browser. Aber in den 80er Jahren wurden
genau dafür die Weichen gestellt.
Der Ost-West-Konflikt entspannte sich und die
Berliner Mauer verschwand.
Während in der ersten Hälfte des achtziger
Jahrzehnts die Entwicklung neuer Atomwaffen im Zuge
des Kalten Kriegs noch starke gesellschaftliche
Ängste schürte, hatten Insider schon ab Mitte jenes
Jahrzehnts erste Gewissheiten, dass der Warschauer
Pakt zusammenbrechen würde. Diese Hoffnungen sollten
sich mit dem Fall der Berliner Mauer 1989
bewahrheiten. Wie kam es dazu?
Michail Gorbatschow
sagte, dass die Sowjetunion zwei sehr schwere
Niederlagen erlitten hatte: die militärische
Niederlage in Afghanistan und die technologische
Niederlage in der friedlichen Nutzung der
Atomenergie. 1986 kam es zur Atomreaktorexplosion in
der ukrainischen Stadt Tschernobyl. Beide
Niederlagen waren wohl hauptsächlich Folgen des
bolschewistischen Gesellschaftsmodells, das nur
zentral gesteuerten und streng zensierten
Nachrichtenfluss erlaubte. Dieses
Gesellschaftsmodell war träge und schwerfällig. Die
bescheidenen technischen Fortschritte im Osten
wurden meistens durch Spionage oder Nachahmen
erzielt. Mit dem Aufkommen des Internets wäre eine
streng bolschewistische Gesellschaft dann ohnehin
endgültig ins Hintertreffen gekommen.
Mit der AIDS-Epidemie wird der sexuellen
Sorglosigkeit ein Ende gesetzt.
In den 80er Jahren kam es zu einer seltsamen
Epidemie unter den Homosexuellen in den USA. Es ist
überraschend und bewundernswert, wie schnell
Bio-Wissenschaftler den dahinter steckenden Virus,
den Krankheitsverlauf und die Infektionswege
aufdeckten. Die AIDS-Krankheit wird durch den
HIV-Virus ausgelöst, das entdeckten 1983 und 1984
die Forscher Luc Montagnier und Robert Gallo.
Nachdem der erste Schreck unter Homosexuellen
aufkam, kam es zu einer neuen Infektionswelle unter
Menschen, die Bluttransfusionen erhielten. Gegen
Ende der 80er Jahre war „Safer Sex“ (Sicherer Sex)
schon ein etabliertes Thema in Fernseh-Talkshows und
in Schulen. Sanitäter, Zahnärzte, Ärzte und andere
mit Schleimhaut und Blut in Kontakt tretenden
Gesundheitsfachleute begannen, den Gebrauch von
Schutzhandschuhen zur Selbstverständlichkeit zu
machen.
Hoch hinaus ging es in jenem Jahrzehnt ebenfalls –
Der Start des ersten Space Shuttle im Jahr 1981
wurde zur Voraussetzung neuer Forschungs- und
Transportmöglichkeiten. Einen Schatten über diese
sensationelle Entwicklung warf allerdings die
Challenger-Katastrophe im Jahr 1986. Es dauerte zwei
Jahre, bis sich die Raumfahrtentwicklung davon
erholte.
Selbstverständlichkeiten ganz anderer Art begannen
in den Haushalt überzugreifen. Ob anwesend oder
nicht – der Anrufbeantworter machte dennoch die
Nachrichtenübermittlung möglich, zumindest das
Hinterlassen einer Nachricht. Und in der Küche wurde
der Mikrowellenherd zu einem beliebten
Haushaltsgerät.
Technologische Neuerungen hatte auch die
Autoindustrie hervorgebracht. ABS und Airbag wurden
zu einem neuen Standard. Der Umweltschutz zwang die
Autohersteller zum Umdenken. Katalysatoren wurden
eine Selbstverständlichkeit.
Ein jugendliches Vergnügen wurden Walkman und
Radiorekorder. Der wurde als Ghettoblaster bekannt
und wurde ungeachtet seines Eigengewichts überall
mit hingeschleppt. Das richtig große Vergnügen
konnte die Welt der Fahrgeschäfte verzeichnen. Was
da technisch weiterentwickelt wurde, war
sensationell. Neue Namen und supertolles
Fahrvergnügen verbargen sich hinter Bezeichnungen
wie Breakdance, Ranger, Flipper, fliegender Teppich
und viele andere.
Die 80er Jahre waren ein Jahrzehnt, das höchstens
denen, die gar nicht wussten, was eigentlich los
war, Langeweile brachte. Die anderen teilten Ängste
und Hoffnungen zwischen Spielcomputern, Walkman,
Kassettenrecordern, explodierenden Atomkraftwerken,
einer neuen mysteriösen Sexkrankheit, schrecklichen
Waffen, dem Fall der Mauer und vielleicht der ersten
im Westen gekauften Banane. (mb)
Bücher zur Technik der 80er Jahre
Motorräder in Deutschland: Legenden der
80er Jahre

Straßenbahnen in der DDR: Die 50er- bis
80er-Jahre in Farbe

Unternehmensübernahmen in den U.S.A. in
den 80er Jahren

Von der Partiziptionsmodellen der 80er
Jahre zu Kommunikationsformen
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