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Das Musikjahr 1943 - Benefizkonzert in den USA
1943 war das Jahr der großen Reden, gerade auch
darum, weil die deutschen Erfolgsberichte von der
Front immer seltener wurden, stattdessen Rückzüge in
Kauf genommen werden mussten, so z. B. im Kaukasus
und in Stalingrad. Mehr als neunzigtausend deutsche
Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft. Der Mann
der Propaganda, Joseph Goebbels, rief zum „totalen
Krieg“ auf und wurde von einer Woge armgestreckter,
deutscher Begeisterung überbrüllt. Kein Deutscher
glaubte zu dieser Zeit an eine Niederlage, so gut
hatte die Propaganda funktioniert, höchstens die
gerade verhafteten
Geschwister Scholl, die im
Februar dieses Jahres zum Tode verurteilt und später
hingerichtet wurden.
Während in einem jüdischen Ghetto der Aufstand
geprobt wurde, der sich sogar fast einen
Monat lang
behaupten konnte, bevor er niedergeschlagen wurde,
die Warschauer Synagoge zerstört und etliche
Juden
abtransportiert wurden, war auch in New York eine
Massenpanik im Gange, allerdings durch den Auftritt
von
Frank Sinatra ausgelöst. Die hysterisch
schreienden Fans verstopften die Straßen und legten
den gesamten Verkehr lahm. Sinatra war der neue
Schwarm etlicher Jugendlicher, nutzte seine Konzerte
auch, um Geld für Anti-Kriegs-Organisationen zu
sammeln, so z. B. sein Auftritt in der „Carnegie
Hall“ in New York.
Benny Goodman erschien 1943 mit „Taking a Chance on
Love“. Goodman war der Sohn jüdischer Immigranten,
wurde in Chicago geboren und spielte die Klarinette
bereits mit zehn Jahren. Er wurde, ähnlich wie Louis
Armstrong, ein Vertreter des Chicago-Jazz’, der wie
der Rock 'n' Roll für seine Sparte eine Nachahmung
schwarzer Musik war, gespielt von weißen
Jazz-Musikern. Der Chicago-Jazz entwickelte sich
hauptsächlich aus dem New-Orleans-Jazz, da das
einschlägige Vergnügungsviertel in letzterer Stadt
geschlossen wurde und etliche schwarze Musiker
gezwungen waren, nach Chicago zu gehen. Gerade für
Schwarze war Chicago, unüblich gegenüber anderen
Städten in Amerika, ein Ort, wo sie Arbeit als
Musiker finden konnten und schnell großen Einfluss
auf die dort ansässigen Weißen ausübten.
Goodman gründete große Orchester und trat auch als
Quartett mit Lionel Hampton, Teddy Wilson und Gene
Krupa auf. Dieses machte sich nicht nur wegen der
Musik einen Namen, sondern auch als kleine Rebellion
gegen die damaligen Tabus in der Vermischung von
schwarzen und weißen Musikern. Goodman war für den
Swing und
Jazz in etwa das, was
Elvis Presley für
den Rock 'n' Roll bedeutete. Sein Anliegen war in
erster Linie, „schwarze Musik“ einem breiten, weißen
Publikum näherzubringen, was ihm gelang.
Einer, der auch in der Band Goodmans mitspielte, war
Dick Haymes, der in Hollywood die Band „The
Katzenjammers“ ins Leben gerufen hatte und 1943 in
den Charts mit „You’ll Never Know“ aufkreuzte. Der
Song wurde ein Jahr später mit dem Oscar geehrt, da
er sich im Film „Hello, Frisco, Hello“ wiederfand.
Er wurde häufig gecovert, darunter von Ella
Fitzgerald, Barbara Streisand oder Bette Midler.
In Italien erregte die Verhaftung des weiblichen
Vokaltrios „Trio Lescano“ während ihrem
Konzert im
Genueser Theater Aufsehen, die der Spionage
bezichtigt wurden. Die drei Schwestern waren
jüdischer Herkunft, der Vater Zirkuskünstler, die
Mutter Opernsängerin. Der Vorwurf gegen das Trio
wurde von italienischen Juden-Hassern in Umlauf
gebracht. Nach diesem hätten die Frauen ihre Lieder
mit chiffrierten Geheimnachrichten gespickt und über
eine Radiosendung an den Feind vermittelt.
1943 trat auch der Virtuose
Miles Davis zum ersten
Mal auf die Bühne, der später Richtungen wie den
„Cool Jazz“ oder „Jazzrock“ maßgeblich mitbestimmte,
und begeisterte ein größeres und junges Publikum.
Miles fiel sofort durch seinen unverwechselbaren
Stil auf, wurde einer der einflußreichsten und
exzentrischsten Jazz-Musiker seiner Zeit. Ein Jahr
darauf ging er nach New York, zunächst, um sein
Studium zu absolvieren. Stattdessen aber tat er sich
lieber mit Charlie „Bird“ Parker und Dizzy Gillespie
zusammen und wurde das, was er war.
Ende des Jahres hielten sich „The Mills Brothers“
erstaunliche zwölf Wochen in den Charts. Der Song,
mit dem sie aufwarteten, hieß „Paper Doll“ und
sollte einer ihrer größten Hits werden, der sich
mehr als sechs Millionen Mal verkaufte.
Interessanterweise wurde das Lied bereits 1915
komponiert, aber erst in diesem Jahr tatsächlich
durch die „Mills Brothers“ zum Leben erweckt. Der
Textschreiber 1915 war Jonny S. Black, der
seinerseits Schriftsteller war und unglücklich
verliebt. Dieser Kummer hatte ihn während des
Ersten
Weltkriegs inspiriert, allerdings fand er keine
Möglichkeit, den Song zu veröffentlichen. 1936 starb
Black durch eine Schlägerei und konnte den großen
Erfolg, der sich 1943 ankündigte, nicht miterleben.
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