Geschwister Scholl Lebenslauf

Die 1943 getöteten Geschwister Hans
und Sophie Scholl gehören als heute bekannteste
Mitglieder der Gruppe „Weiße Rose“ zu den herausragenden
Persönlichkeiten des deutschen Widerstands gegen das
NS-Regime.
Wegen ihrer Jugend und wegen ihres
gutbürgerlichen-studentischen Hintergrunds wurden Hans
und Sophie Scholl insbesondere bei der
öffentlichkeitsbezogenen NS-Zeit-Aufarbeitung in der
Bundesrepublik
Deutschland als Symbolfiguren für den
Kampf gegen Diktatur und Unrecht gerade dort in den
Vordergrund gestellt, wo die Aspekte anderer
Widerstandsebenen wie die des militärischen Widerstandes
(Claus Schenk Graf von Stauffenberg, 1907-1944) oder des
Widerstandes der Arbeiterbewegung (Ernst Thälmann,
1886-1944) zu oft ideologisch bestimmter Kritik hätte
führen können. Die staatlich geförderte Popularität der
Geschwister Scholl in der Nachkriegszeit fand
bezeichnenderweise in der (Um-)Benennung vieler Schulen
ihren Niederschlag.
Hans Scholl (geboren am
22. September 1918 im
württembergischen Ingersheim) und Sophie Scholl (geboren
am
9. Mai 1921 im württembergischen Forchtenberg) sowie
ihre vier anderen Geschwister waren die Kinder des
Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters Robert Scholl
(1891-1973) und dessen Ehefrau Magdalene geborene Müller
(1881–1958), einer ehemaligen Diakonisse. Die Familie
lebte seit 1932 in Ulm. Die sich an liberalen und
humanistischen Werten orientierenden Eltern standen dem
seit
1933 herrschenden NS-Regime ablehnend gegenüber.
Robert Scholl,
1945 bis
1948 Bürgermeister von Ulm,
erhielt 1942 wegen systemkritischer Äußerungen
Berufsverbot und musste für vier Monate in Haft.
Hans und Sophie Scholl waren 1933 bei der Machtübernahme
Hitlers 14 beziehungsweise 11 Jahre alt
und begeisterten
sich trotz elterlicher Einwände zunächst für die
NS-Jugendangebote. Sie engagierten sich aktiv in der
Hitlerjugend beziehungsweise im Bund Deutscher Mädel.
Weil Hans Scholl als Fähnleinführer Traditionen der von
den Nazis verbotenen bündischen Jugend pflegte, kam er
zusammen mit seinen Geschwistern 1937 in Konflikt mit
der lokalen HJ-Führung und wurde in Folge für einige
Stunden arrestiert.
Nach seinem Abitur 1937 musste Hans Scholl Arbeitsdienst
und anschließend bis
1939 Wehrdienst leisten. Danach
begann er als Angehöriger einer Studentenkompanie in
München mit dem Medizinstudium. Hier traf er auf etliche
Anti-Nazis aus konservativ-christlich geprägten
Elternhäusern, von denen einige zusammen mit Scholl die
Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ gründeten. Dieser
konspirative Kreis beschränkte sich zunächst auf interne
Diskussionen, bei denen sich Hans Scholl und seine
Freunde gegenseitig in ihren gewachsenen
antinazistischen Einstellungen bestärkten.
Das Studium wurde durch Abkommandierungen an die
Westfront
1940 und später an die Ostfront unterbrochen.
Als Sanitäter erlebten Hans Scholl und seine Freunde die
Schrecken des Krieges. Sie fassten den Entschluss, sich
nicht weiter nur auf inneren Widerstand zu beschränken,
sondern mit Formulierung und Verbreitung von
Flugblättern aktiv zu werden. Gleichzeitig bildeten sich
in einigen anderen Städten Ableger der bis dahin auf
München beschränkten „Weißen Rose“.
Insgesamt brachte die Gruppe sechs Flugblätter heraus.
Ferner bemalte sie in gefährlichen nächtlichen
Aktionen
Häuserwände mit Parolen wie „Nieder mit Hitler!“.
1942 war auch Hans Scholls Schwester Sophie, die in
München Biologie und
Philosophie studierte und nach
intensiver Beschäftigung mit den Schriften des
Kirchenlehrers Augustinus 1941 zur überzeugten
NS-Gegnerin geworden war, zur „Weißen Rose“ gestoßen.
Anfang 1943 wurde, unter dem Eindruck der deutschen
Niederlage in Stalingrad, das 6. Flugblatt der Gruppe
entworfen. Unter anderem forderten die Verfasser neben
dem Sturz des NS-Regimes den Aufbau eines „neuen
geistigen Europas“ und sprachen damit vor allem die
Bildungsbürgerschicht an. Beim Verteilen der Flugblätter
im Gebäude der Münchener Universität wurden Sophie und
Hans Scholl am 18. Februar 1943 vom Hausmeister
beobachtet und denunziert. Daraufhin kamen sie in
Gestapo-Haft und wurden nach viertägigen Verhören, bei
denen sie versuchten, ihre Freunde zu schützen, wegen
Wehrkraftzersetzung und Vorbereitung zum Hochverrat
unter Anklage gestellt.
Die Gerichtsverhandlung vor dem berüchtigten
Volksgerichtshof unter Vorsitz von Roland Freisler
endete am
22. Februar 1943 erwartungsgemäß mit dem
Todesurteil.
Noch am selben Tag wurden die Geschwister enthauptet.
Die „Weiße Rose“ wurde in der Folgezeit von der Gestapo
zerschlagen.