Geschichte der Todesstrafe
Die Todesstrafe ist in vielfältiger Ausformung seit
Beginn der Kulturgeschichte fast stets als weitgehend
unumstrittene Strafvollzugs-Sanktion für schwere
Straftaten anerkannt gewesen. Dabei waren und sind nicht
nur Tötungsdelikte, sondern auch andere Straftatbestände
mit der Todesstrafe geahndet worden.
Nach dem
Zweiten
Weltkrieg setzten sich mit großem Teilerfolg
nach manchmal jahrzehntelangen Anstrengungen Stimmen
durch, die die Abschaffung der Todesstrafe forderten.
Heute verhängen nur noch 67 Staaten von den weltweit
insgesamt fast 200 Staaten die Todesstrafe. In Europa
ist
Weißrussland das letzte Land, in dem ordentliche
Gerichte noch die Todesstrafe aussprechen können. In
im sogenannten Patio (dem Innenhof).
einigen Staaten (zum Beispiel:
Russland)
ist aber die Todesstrafe noch im Militärstrafrecht
beibehalten worden. Die offizielle Ächtung der
Todesstrafe darf allerdings nicht darüber
hinwegtäuschen, dass in manchen Staaten mit fragwürdiger
Rechtsstaatlichkeit Menschen auch ohne Rücksicht auf
formal bestehende Hinrichtungsverbote von staatlichen
Organen getötet werden.
Ursprünglich war die Todesstrafe vor allem ein Auswuchs
von Blutrache-Traditionen, die in staatliches Recht
übergingen. Dabei stand das Bemühen des Staates im
Vordergrund, die Rache-Kompetenz zu entprivatisieren, um
für die Gesellschaft zerstörerische Blutfehden, die sich
aus Blutrache und Gegen-Blutrache entwickeln konnten, zu
verhindern. Zu den ältesten Staaten, die die Todesstrafe
aus der Verantwortung von Clans in die staatliche Sphäre
zu überführen versuchten, gehörten die Zweistrom-Länder
Ur und Babylon. Im Altertum wurden sowohl der Aspekt des
Ausgleichs („Auge um Auge“) mit der Folge der
Wiederherstellung der göttergewollten Ordnung betont als
auch die vermeintliche Abschreckungswirkung
unterstrichen. Diese religiös auch in Tora und Koran
bestätigte Grundausrichtung blieb bis in jüngste Zeit
das entscheidende Argument für die Rechtfertigung der
Todesstrafe und kollidierte zwangsläufig mit seit der
Aufklärung immer mehr an Bedeutung gewinnenden Lehren
von der Resozialisierungsaufgabe des Strafvollzugs.
Christentum lehnt Todesstrafe ab
Vom frühen
Christentum wurde die Todesstrafe abgelehnt.
Erst im 4. Jahrhundert, nachdem das Christentum
Staatsreligion im Römischen Reich geworden war, schwand
der grundsätzliche Vorbehalt gegen die Todesstrafe in
der Kirche schrittweise und wurde schließlich nur noch
von einigen isolierten Gruppen verteidigt.
Das
Mittelalter
verzeichnete nicht nur ein Anwachsen an Hinrichtungen,
sondern auch eine Steigerung der damit verbundenen
Grausamkeiten. Hinrichtungen, häufig im Auftrag der
Inquisition ausgeführt, hatten in der Regel den
Charakter von tödlichen Folterungen. Diese Übung änderte
sich auch nicht, nachdem im 16. Jahrhundert zahlreiche
Landesfürsten die protestantische Konfession angenommen
hatten. Im Gegenteil wurden in den Folgejahrhunderten
die mit dem Tode bestrafbaren Vergehen immer
zahlreicher. So mussten selbst Landstreicher, Wilddiebe
und Taschendiebe mit dem Tode im Falle einer
Verurteilung rechnen. Die Bandbreite der angewandten
Hinrichtungsmethoden zeugte von einem perversen
Einfallsreichtum der Gesetzgeber und umfasste Strafen
wie Köpfen, Erschlagen, Ertränken und Ersticken. Der Tod
auf dem Rad oder als lebendig Begrabener gehörte ebenso
zum Repertoire der Grausamkeiten wie Vierteilen,
Steinigen oder der Feuertod. Begründet wurden diese
Grausamkeiten mit der angeblich nur so zu erreichenden
Ausmerzung satanischen Übels. Außerdem sei irdische
Folterqual für den Delinquenten die einzige Chance, sich
der ansonsten sicheren Höllenstrafe zu entziehen.
Zu den ersten Monarchen, die unter dem Eindruck
aufklärerischer Überlegungen die bisherigen
Todesstrafen-Rechtfertigungen in Frage stellten, gehörte
die russische Kaiserin Elisabeth I., die 1741 die
Todesstrafe in ihrem Reich abschaffte. Andere, in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht zuletzt von
den fundamentalen Schriften Cesare Beccarias zum Thema
beeindruckte, Fürsten schafften die Todesstrafe
ebenfalls ab oder schränkten sie zumindest unter Wegfall
zusätzlich quälender Umstände ein.
Die Französische Revolution schaffte die Todesstrafe in
Frankreich nicht ab, sondern „demokratisierte“ und
„humanisierte“ sie durch eine für alle Todeskandidaten
gleiche und schnelle Methode des Köpfens: Die während
der Jahre des „Terreur“ (1792-1794) zum Schreckenssymbol
gewordene Guillotine. In dieser Zeit wurde die
Todesstrafe auch in Staaten, die sie abgeschafft hatten,
allgemein wieder in den Strafenkanon aufgenommen und
blieb bis auf wenige Ausnahmen bis ins 20. Jahrhundert
die Regel.
Die staatlichen Morde in NS-Deutschland und der
Sowjetunion in den
1930er und
40er Jahren umfassten neben Massakern im
eindeutig rechtsfreien Raum auch eine Vielzahl von
Hinrichtungen nach Gerichtsprozessen, die zwar ebenfalls
bar jeder Rechtsstaatlichkeit waren,
sich aber der Form
strafprozessualer Verfahren bedienten. Die dadurch
diskreditierte Institution der Todesstrafe verlor in
Politik und Öffentlichkeit dadurch erheblich an
Akzeptanz. Die Todesstrafe erschien nach dem Ende des
Zweiten Weltkriegs zudem vielen Menschen nicht mit den
in den Mittelpunkt des politischen Denkens gerückten
Menschenrechten vereinbar.
Grundgesetz schafft die Todesstrafe ab
Das Grundgesetz (Art. 102 GG) von
1949
schaffte die Todesstrafe ab und machte damit die
Bundesrepublik Deutschland zu einem wichtigen Vorreiter
im Kampf gegen die Todesstrafe. Auf Europa- und UN-Ebene
wurde spätestens in den
1970er Jahren
die Abschaffung der Todesstrafen als anzustrebendes Ziel
in zahlreichen Entschließungen festgeschrieben. Der
dadurch erzeugte Druck hat wesentlich dazu beigetragen,
dass die Todesstrafe in den meisten Ländern mittlerweile
aus dem Strafgesetzen verschwunden ist, wenngleich es
regelmäßig, vor allem nach besonders schweren
Straftaten, Kampagnen gibt, diese Strafe
wiedereinzuführen.
Auf deutschem Boden wurde 1981 das letzte Mal ein
Todesurteil vollstreckt: Der letzte
DDR-Henker,
der Strafvollzugs-Offizier Werner Lorenz, erschoss den
wegen Spionage verurteilten Stasi-Offizier Werner Teske
am 26. Juni 1981 in Leipzig. Sechs Jahre später wurde
die Todesstrafe
in der DDR abgeschafft. Formal
vollkommen verschwunden ist die Hinrichtung als mögliche
Rechtsfolge in Deutschland allerdings erst
1990 nach der
Wiedervereinigung. Bis dahin bestand die, in der Praxis
nie angewandte, aus den 1940er Jahren stammende Regelung
fort, dass Gerichte der Alliierten in Berlin (West) bei
unerlaubtem Waffenbesitz die Todesstrafe verhängen
können.
Aktuelle Spitzenreiter bei der Anzahl der Hinrichtungen
sind
China,
Saudi-Arabien,
Iran und die
USA. In den USA war die aktuell in 35 Bundesstaaten
praktizierte Todesstrafe 1972 für verfassungswidrig
erklärt und ausgesetzt worden. 1976 wurde die Strafe
wieder für rechtens erklärt und wurde seitdem über
3000-mal verhängt und etwa 1300-mal vollstreckt.
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