Literatur 1933 Das literarische Jahr
1933 wurde Adolf Hitler Reichskanzler. Die
Nationalsozialisten hatten von da an das Sagen in
Deutschland, Joseph Goebbels wurde
Propagandaminister, neue Gesetze wurden
verabschiedet. Regimekritiker, Nichtarier, Künstler
und Schriftsteller teilten das Los vieler Menschen,
die von da an in Deutschland nicht mehr geduldet
waren. Viele verließen das Land, wurden zu
Emigranten, andere, wie Kurt Tucholsky, wurden des
Landes verwiesen.
Leni Riefenstahl, die Propagandafilmemacherin des
„reinen Ariers“, brachte „Der Sieg des Glaubens“ auf
die Leinwand, der unglaublichen Erfolg hatte, und
auf dem Opernplatz in Berlin fand die erste
Bücherverbrennung der Nazis statt, darunter Werke
von Heinrich Mann, Karl May, Erich Maria Remarque,
Siegmund Freud,
Erich Kästner und etliche andere,
die der Obrigkeit nicht passten.
Bekannt wurde Iwan Bunin durch seine realistischen,
jedoch äußerst poetischen Romane, so z. B. sein Werk
„Das Leben Arsenjews“, an dem er elf Jahre schrieb,
später und posthum erschienen auch die
Revolutionstagebücher über die Zeit des russischen
Bürgerkriegs. 1933 erhielt er den Nobelpreis für
Literatur und erfreute sich am Jubel der Russen.
Bunin führte eine beeindruckende Korrespondenz mit
Tschechow und war ein enger Freund von Maxim Gorki.
Während des Zweiten Weltkrieges zog er dann mit
seiner Frau nach Frankreich, wo Bunin bis zu seinem
Tod blieb.
Die französische Künstlerszene traf sich in den
Zwanzigern und Dreißigern häufig bei Gertrude Stein,
die damals zu Spottpreisen die Werke solcher
Künstler für ihre Wohnung erstand, die später
Berühmtheit erlangen sollten. Darunter waren
Kunstwerke von Matisse, Gauguin, Renoir, Cézanne
oder Picasso, wobei sich Stein von letzterem auch
porträtieren ließ. Es war aber nicht nur der reine
Akt des Sammelns, sondern auch der Wunsch, den
unbekannten Künstler zu fördern. Viele Freunde
dankten es ihr später, mit den meisten Künstlern
blieb Stein ihr Leben lang befreundet. 1933
veröffentlichte sie, die den bezeichnenden Vers
prägte: „Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose …“
ihre „Autobiografie von B. Toklas“. Toklas
wurde Steins Lebensgefährtin. Beide Frauen brachten
dieses Manuskript heraus, um etwas Geld damit zu
verdienen. Viele Freunde waren schockiert, darunter
der Künstler Braque, der Stein vorwarf, sie hätte
den Kubismus nicht verstanden, oder der Ehemann
Gertrudes, Leo Stein, der darin viele Lügen
entdecken wollte. Das Buch verkaufte sich alleine
aufgrund des Skandals hervorragend.
Für seine Trilogie, wobei der dritte Teil „So lebt
der Mensch“ 1933 erschien, erhielt André Malraux im
gleichen Jahr der Veröffentlichung den „Prix
Goncourt“. Der Inhalt drehte sich um die
Selbstfindung des Menschen, die Notwendigkeit,
einander zu begegnen und miteinander auszukommen.
Ähnlich engagiert war auch Franz Werfel. 1933
erschien sein historischer Roman „Die vierzig Tage
des Musa Dagh“, in dem er den armenischen Völkermord
unter die Lupe nahm. Gemeinsam mit Alma Mahler, der
Muse vieler Schriftsteller, Künstler und
Komponisten, war Werfel nach
Ägypten, dann nach
Jerusalem und Damaskus gereist. Als sie bald darauf
durch die armenischen Dörfer kamen, war Werfel stark
von dem Schicksal und dem Unglück der Dorfbewohner
bewegt, so dass er sich entschied, darüber ein Buch
zu schreiben. Ein Jahr nach der Veröffentlichung
wurde der Roman von den Nazis verboten. Auch kostete
er Werfel die Stellung in der „Preußischen Akademie
der Künste“. Den Armeniern gefiel das Werk Werfels.
Es hätte ihnen, so sagten sie darüber, ihre Seele
zurückgegeben.
Von Erich Kästner ging 1933 der bekannte Roman „Das
fliegende Klassenzimmer“ in Druck. Das Buch wurde
zum ersten Mal 1954 verfilmt, wobei Kästner selbst
als Darsteller und Erzähler agierte.
George Orwell veröffentlichte „Erledigt in
Paris und
London“, ein autobiografisches Werk, in dem Orwell
von seiner Zeit als Landstreicher berichtet. Er
hatte zuvor lange in Burma als Offizier gedient. Als
er nach Paris zurückkehrte, wo die Stadt auf einmal
auf seine Metro, seine Cafés und schließlich auf das
Bett zusammenschrumpfte, das er manchmal fand und
häufig auch nicht, schlug er sich eine Weile als
Tellerwäscher durch. So lernte Orwell die Armut, die
Tatenlosigkeit und den Hunger kennen.
„Es ist peinlich, hungrig auszusehen“, hieß es in
seinem Buch so schön. „Das reizt die Leute, einem
eine reinzuwürgen.“
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