Das
Modejahr 1916 Mode – Schwarz und schlicht
Ein großes Bestreben nach immer mehr Schlichtheit
machte sich auf dem deutschen Modemarkt breit. Nur
keine ausländischen Vorbilder sollten die Bekleidung
beeinflussen. Um dieses Vorhaben zu untermauern,
gründete man in Berlin ein Deutsches Modeamt, damit
auch die deutsche Herrenmode von der Anglomanie frei
werden sollte.
Doch die Mode hatte einen schweren Stand im
Deutschen Reich. Es mangelte nicht nur an Brot, das
längst rationiert worden war, sondern auch an
Stoffen und anderen Rohmaterialien zur
Bekleidungsverarbeitung. Auf allen Ebenen wurde das
Sparen an Stoffen propagiert. Dem schloss sich
auch
der „Vaterländische Frauenverein“ an. Doch die
Kriegskrinoline bedurfte durch die zahlreichen
Unterröcke einer Menge des wertvollen Materials.
Andererseits wurden Faltenröcke verpönt. Das
Mehrfache an Stoff war nicht zeitgemäß und die
„heitere“ Form der Falten galt sowieso als unernst,
also undeutsch. Tagsüber waren die Frauen, die in
den Fabriken arbeiteten modisch versorgt. Sie trugen
die Hemdhosen, die Overalls.
Dennoch war die Lust der Frauen auf weite,
ausladende Röcke ungebrochen. Und wenn sie eine
Möglichkeit sahen, aus alter Garderobe etwas Neues
zu machen, ließen sie sich das Selbstnähen nicht
nehmen. Die Zeit war so düster für die Menschen,
dass sie ein ausgleichendes Ventil suchten und sei
es in der Mode.
Wer einen Blick nach Frankreich riskierte, sah nicht
das Paris der Weltmode. Er sah Verdun, einen Ort im
Nordosten Frankreichs, der seine traurige
Berühmtheit durch die Schlacht erhielt, die sich vom
Februar bis zum Dezember dort ereignete und die ein
unbeschreibliches Leid zur Folge hatte. Mehr als
300.000
Tote musste die französische Seite hinnehmen
und ebenso viele Männer starben einen fragwürdigen
Tod für das Deutsche Reich. Für nichts als einige
Meter Erdboden, die nach der Schlacht verheerend
aussahen. Verheerend war auch das Leid, dass die
Hinterbliebenen in beiden Ländern empfanden. Mode
wich der Trauerkleidung. Die richtete sich nach
keinem Trend. Man trug, was man hatte, zumal die
deutschen Toten nicht einmal in heimischer Erde
begraben werden konnten. Nach der Schlacht bei
Verdun war an einen deutschen Sieg nicht mehr zu
denken. Es half auch nichts, dass der Pazifist Karl
Liebknecht in Berlin auf einer gesetzeswidrigen
Anti-Kriegs-Kundgebung referierte. Er wurde
verhaftet. Den Wissenschaftler Albert Einstein
verhaftete man nicht, als er „Die Grundlagen der
allgemeinen Relativitätstheorie“ veröffentlichte,
obwohl man ihn, der stets für Frieden und
Völkerverständigung eintrat, mit Argusaugen
beobachtete. Als Pazifist war er bei den
Herrschenden jener Zeit nicht beliebt.
Während sich das Deutsche Reich in der Welt herum
schlug und im eigenen Lande auf Regierungsebene noch
der Wille zu siegen, aufrecht erhalten wurde, starb
in der Seeschlacht am dänischen Skagerrak der
deutsche Schriftsteller Gorch Fock im Alter von 36
Jahren. Das Segelschulschiff, das 1933 gebaut wurde,
bekam seinen Namen. Ebenso das, was man 1956 baute.
Weit im Osten, im zaristischen Russland hatte man
inzwischen die längste Eisenbahnstrecke der Welt
erbaut. Dieser Superlativ ist noch heute gültig,
wenn man über die Transsibirische Eisenbahn spricht.
In Sachen Mode war es still geworden. Das Jahr war
überschattet vom schrecklichen Eindruck der Schlacht
um Verdun, die den Frontverlauf kaum verändert
hatte, den Sieg nicht näher brachte und Modefragen
ad absurdum stellte
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