Chronik 1889 - Weltausstellung in Paris und der
Eiffelturm, der elektrische Stuhl
In jenem Jahr 1889, als der Eiffelturm pünktlich zur
Weltausstellung im Mai in Paris freigegeben wurde
und der gleichzeitig das 100-jährige Jubiläum der
Französischen Revolution umrahmte, hatten sich
bereits Bürger der Stadt zusammengefunden, um
Unterschriften zu sammeln, damit der „Schandfleck“,
als den sie das Bauwerk empfanden, entfernt werde.
Der Eiffelturm war zu jener Zeit das höchste Bauwerk
der Welt und er war zugleich das technische
Prunkstück, das den Zeitgeist widerspiegelte. Gerade
hohe Bauwerke zeugten von den Möglichkeiten der
Industrialisierung in jener Zeit. Der namensgebende
Ingenieur war Gustave Eiffel (
1832-
1923), der das
Bauwerk nie selbst so benannt hatte. Doch die
eigentlichen Architekten, die im Schatten von Eiffel
dennoch Grandioses geleistet hatten, blieben
namentlich im Hintergrund. Einer von ihnen war
Stephen Sauvestre (1847-1919). Auch wenn der Turm
nicht seinen Namen trägt, so war es doch seine
Überarbeitung des Entwurfs des Eiffelturms, mit dem
er in die Architekturgeschichte einging. Auch der
Name des schweizerisch-französischen Ingenieurs
Maurice Koechlin (1856-1946) ist heute kaum bekannt.
Er gehörte als leitender Ingenieur zum Büro von
Gustave Eiffel. Sein wichtigstes Projekt wurde der
Eiffelturm. Von ihm stammten die Konstruktionsidee
und die statischen Berechnungen. Eiffel präsentierte
diese aber als seinen eigenen Beitrag zur
Weltausstellung. Dabei würde es das Bauwerk ohne
Koechlin gar nicht geben. Als Stephan Sauvestre den
Entwurf nochmals überarbeitet hatte, erwarb Eiffel
die Nutzungsrechte für den „300-Meter-Turm“. Er
betonte dessen Bedeutung für die Wissenschaft,
machte deutlich, wie wertvoll er für die
Meteorologie, Astronomie und die Aerodynamik sein
könnte. Den Name Koechlin erwähnte er dabei kaum. Da
Eiffel stets mit dem Turm in Verbindung gebracht
wurde, erhielt er noch vor dem Baubeginn der Namen
Eiffelturm. Für die Weltausstellung war er ein
monumentales Eingangsportal und Aussichtsturm
zugleich. Später trug der Eiffelturm mit der
Ausstrahlung des ersten öffentlichen Radioprogramms
als Sendeturm zur Geschichte des Hörfunks und des
Fernsehens bei. Heute sammelt niemand mehr
Unterschriften, um den „Schandfleck“ in der
Hauptstadt zu beseitigen. Im Gegenteil. Der
Eiffelturm hat sich als
Wahrzeichen von Paris
etabliert. Er ist eines der meistbesuchten
Wahrzeichen der Welt. Im Jahr 1986 wurde das Bauwerk
von der American Society of Civil Engineers in die
„Liste der historischen Meilensteine der
Ingenieursbaukunst“ aufgenommen. Im Staat New York
begann das Jahr 1889 ganz anders. Dort trat ein
Gesetz in Kraft, das vorsah, die zum Tode
verurteilten Verbrecher durch die Benutzung eines
„elektrischen Stuhls“ aus dem Leben zu befördern.
Diese Todesart war zuvor an Tieren ausprobiert
worden und erschien „menschlicher“. Im Folgejahr
1890 kam sie zum ersten Mal zum Einsatz.
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Ereignisse & Schlagzeilen
1889
Im Januar
Gründung der Deutschsozialen Partei
1. Januar
Die elektrische Hinrichtung wird
eingeführt. Im Staat New York tritt ein Gesetz in
Kraft, das die Hinrichtung von zum Tode verurteilten
Verbrechern durch Benutzung des elektrischen Stuhls
vorsieht.
8. Januar
Herman Hollerith meldet das Patent für ein System zur Verarbeitung
von Lochkarten an und begründet so die maschinelle Datenverarbeitung.
30. Januar
Die University of Idaho wird per Gesetz ins Leben gerufen.
Im Februar
Gründung der Astronomical Society of the Pacific
4. Februar
Die französische Gesellschaft zum Bau des Panamakanals geht in den
gerichtlichen Konkurs, was etwa 85.000 Gläubiger schädigt. Der Panamaskandal
zieht herauf.
11. Februar
Japan gibt sich eine neue Verfassung nach europäischem Muster
Im März
Die Elfenbeinküste (später Côte d'Ivoire) wird offiziell französisches
Protektoratsgebiet.
2. März
Uraufführung der Operette Capitain Fracassa von Rudolf Dellinger am
Carl Schultze Theater in Hamburg
4. März
Amtseinführung von Benjamin Harrison als 23. Präsident der USA. Er löst
Grover Cleveland ab.
9. März
In der Schlacht von Metemma schlagen die sudanesischen Mahdisten die
äthiopische Armee unter Kaiser Yohannes IV., welcher in der Schlacht fällt
23. März
Mirza Ghulam Ahmad gründet in Indien die Glaubensgemeinschaft der
Ahmadiyya als Reformbewegung innerhalb des Islam.
Im April
In Worpswede wird die Künstlerkolonie gegründet.
1. April
Der Berliner Zeitungsverleger Rudolf Mosse gründet die „Berliner
Morgen-Zeitung“.
23. April
In Schweden entsteht die Sveriges socialdemokratiska arbetareparti,
die sich in ihren politischen Forderungen nah an der Arbeiterbewegung in
Deutschland orientiert.
27. April
Wilhelm II., Deutscher Kaiser und König von Preußen, weilt auf der
Wartburg.
Im Mai
In Paris, Frankreich, wird der anlässlich des hundertjährigen Jubiläums
der Französischen Revolution errichtete Eiffelturm für das Publikum freigegeben.
Im Mai
Erstausgabe des The Jewish Quarterly
Im Mai
König Umberto von Italien auf Staatsbesuch in Berlin
2. Mai
Durch den Vertrag von Uccialli wird Italienisch-Ostafrika von Äthiopien
respektiert.
6. Mai
Die Weltausstellung in Paris, Frankreich, wird eröffnet.
15. Mai
Uraufführung der Oper Esclarmonde von Jules Massenet an der
Opéra-Comique in Paris
19. Mai
Ernst Abbe errichtet die Carl-Zeiss-Stiftung, die zwei Tage später
staatlich genehmigt wird.
28. Mai
Das Unternehmen Michelin wird von den Brüdern Édouard und André
Michelin in Frankreich gegründet.
31. Mai
Nach einem Dammbruch der South-Fork-Talsperre bei Johnstown
(Pennsylvania) sterben mehr als 2.200 Menschen
21. April
Uraufführung der Oper Edgar von Giacomo Puccini am Teatro alla Scala
di Milano in Mailand
24. Mai
Der Deutsche Reichstag gibt seine Zustimmung zur Renten- und
Invaliditätsversicherung.
31. Mai
Das britische Parlament verabschiedet den Naval Defence Act und
schreibt damit den Two-Power-Standard fest.
Im Juni
Bertha von Suttner veröffentlicht „Die Waffen nieder!“.
Im Juni
Der Zusammenbruch der Magdeburger Börse, bekannt unter der Bezeichnung
Magdeburger Zuckerkrach.
14. Juni
Nach einer Konferenz über Samoa der drei Mächte Deutschland,
Großbritannien und Vereinigte Staaten von Amerika wird die Inselgruppe zum
unabhängigen und neutralen Gebiet unter dem Schutz der Mächte erklärt.
Im Juli
Im Ruhrgebiet findet ein Bergarbeiterstreik statt
20. Juli
Die dänische Seiltänzerin Elvira Madigan und der bereits verheiratete
schwedische Leutnant Sixten Sparre gehen als Liebespaar gemeinsam in den Tod.
Im August
Gustav Mahler schreibt seine 1. Sinfonie
Im August
Uraufführung der „Fräulein Julie“ von August Strindberg
3. August
In der Schlacht von Toski besiegt eine anglo-ägyptische Armee die
Mahdisten in Ägypten.
10. August
Das Naturhistorische Museum in Wien wird von Kaiser Franz Joseph I.
feierlich seiner Bestimmung übergeben.
18. August
Erster Deutscher Philatelistentag in Mainz
19. August
Auf dem Eiffelturm werden meteorologische Beobachtungen
durchgeführt. Ein Blitzeinschlag durch ein unerwartet aufgezogenes Gewitter
liefert neue Erkenntnisse für die Wissenschaft. Durch installierte Blitzableiter
merken Personen auf der Plattform kaum etwas.
Im September
Der deutsche Archäologe Friedrich von Duhn und der deutsche
Bauforscher Louis Jacobi finden bei Ausgrabungen in Pompeji einen dorischen
Tempel aus dem 6. Jahrhundert v. Chr..
16. September
Der seit dem 15. August anhaltende Streik der Londoner
Dockarbeiter wird beigelegt. Die etwa 180.000 im Arbeitskampf befindlichen
Arbeiter setzen sich im Wesentlichen mit ihrer Forderung von einem Stundenlohn
von sechs Pence und einen Mindestlohn von zwei Shilling täglich durch.
17. September
Das Unternehmen Allianz Versicherungs-AG wird in München von Carl
von Thieme und Wilhelm von Finck gegründet.
23. September
Die Firma Nintendo wird von Fusajiro Yamauchi in Kyōto gegründet,
um Hanafuda-Spielkarten zu produzieren.
24. September
In Utrecht schließen sich die Altkatholischen Kirchen der
Niederlande und Deutschlands sowie die christkatholische Kirche der Schweiz zur
Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen zusammen. Die Altkatholische Kirche
in Österreich folgt bald darauf.
2. Oktober
Die Vereinigten Staaten veranstalten die erste Panamerikanische
Konferenz zur Sicherung ihres Einflusses in Lateinamerika.
6. Oktober
Das Moulin Rouge (82, Boulevard de Clichy, 75018 Paris) wird
eröffnet. Der Name geht auf die bekannte Nachbildung einer roten Mühle auf dem
Dach zurück.
Im November
Die Forth Bridge in Queensferry (Schottland) wird fertiggestellt.
2. November
North Dakota tritt als 39., South Dakota als 40. Staat den
USA bei
4. November
Auf der Vennbahn zwischen Aachen und Luxemburg wird der Betrieb
vollständig aufgenommen.
8. November
Montana wird 41. Bundesstaat der USA.
11. November
Washington wird 42. Bundesstaat der USA.
15. November
Ein Militärputsch in Brasilien stürzt Kaiser Pedro II. Marschall
da Fonseca ruft die Republik aus. Der Stand der Gestirne über Rio de Janeiro um
8:30 Uhr wird in der Flagge Brasiliens abgebildet, weil die Proklamation zu
dieser Stunde erfolgt.
20. November
Uraufführung der 1. Sinfonie (Titan) von Gustav Mahler an der
königlich-ungarischen Oper in Budapest unter der Leitung des Komponisten
23. November
In San Francisco kommt erstmals ein umgebauter Edison-Phonograph
als Musikautomat mit Münzeinwurf öffentlich zum Einsatz.
31. Dezember
Nach dem Ablegen in New York verschwindet der Passagierdampfer
Erin der britischen National Line spurlos auf dem Nordatlantik. Er wird nie
wieder gesehen (72 Tote).