Chronik 1849 - Niederschlagung der Revolutionen und
die Sicherheitsnadel
Immer noch herrschte in deutschen Landen
Revolutionsstimmung und immer noch begehrte das Volk
auf. In Dresden begann am 3. Mai 1949 der „Dresdner
Maiaufstand“. Der König Friedrich August II. von
Sachsen (1797-1854) sollte gestürzt werden. Dann
sollte ein Republik errichtet werden. In Dresden
setzte sich der russische Anarchist Michail Bakunin
(1814-1876) an die Spitze der Revolutionäre. Er war
einen Tag nach dem Beginn des Aufstandes in der
Elbmetropole eingetroffen. Zu den Revolutionären
gehörten auch der Architekt Gottfried Semper
(1803-1879) und der Kapellmeister der Semper-Oper,
Richard Wagner (1813-1883). Nachdem die Volksunruhen
niedergeschlagen worden waren, musste
Richard Wagner ebenso wie Gottfried Semper
fliehen. Beide wurden steckbrieflich von der Polizei
gesucht. Wagner gelang es, mit einem falschen Pass
in die Schweiz zu fliehen. Er hielt sich kurzzeitig
in Paris auf, wählte dann aber sein Exil in Zürich
für längere Dauer. Inzwischen stellte nach der
Niederschlagung der Märzrevolution 1848 die „Neue
Rheinische Zeitung“, die im Vorjahr von
Karl Marx
(1818-1883) in Köln gegründet worden war, ihr
Erscheinen ein. Im Mai 1949 hielt die Deutsche
Nationalversammlung in Frankfurt am Main ihre letzte
Sitzung ab, um dann als Rumpfparlament nach
Stuttgart umzuziehen. Dort wurde es durch
militärische Gewalt aufgelöst. Abgeordnete, die
nicht aus Württemberg waren, wurden des Landes
verwiesen. Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV.
(1795-1861), der von der Frankfurter
Nationalversammlung zum Deutschen Kaiser gewählt
worden war, lehnte die Kaiserkrone gegenüber der
Kaiserdeputation ab. Diese Abordnung, bestehend aus
32 Mitgliedern der Frankfurter Nationalversammlung,
hatte dem preußischen König die Kaiserkrone
angeboten, um die kleindeutsche Lösung der Deutschen
Frage zu verwirklichen. Die Ablehnung des
Preußenkönigs beendete die Bemühungen der gemäßigten
bürgerlichen Kräfte der Märzrevolution, verhinderte
eine nationalstaatliche Einigung und eine gemeinsame
Verfassung der Fürstentümer des Deutschen Bundes
„von unten“ zu erreichen. Es kam zu einer
bürgerkriegsähnlichen Ausweitung der politischen
Ereignisse. Im Februar hatte im Kirchenstaat der
Jurist, Demokrat und Freiheitskämpfer Giuseppe
Mazzini (1805-1872) im Rahmen des Risorgimento,
einer Epoche der italienischen Geschichte zwischen
1815 und 1870, in der ein unabhängiger Nationalstaat
Italien angestrebt worden war, die Römische Republik
ausgerufen. Sofort griffen spanische und
französische Truppen ein. Die Römische Republik war
bis zum 3. Juli vollends niedergeschlagen worden.
Durch die Interventionstruppen aus Frankreich und
Spanien konnte Rom erobert werden und Papst Pius IX.
(1792-1878) war wieder zu weltlicher Macht verholfen
worden. In
Russland gelang Zar Nikolaus I.
(1796-1855) eine Lebensrettung, die ihm die Nachwelt
dankte. Er bewahrte den Schriftsteller Fjodor
Michailowitsch Dostojewski (1821-1881) vor dem Tod.
Der stand nämlich dem Frühsozialismus nahe und war
Mitglied im revolutionären Petraschewski-Zirkel.
Deswegen war in jenem Jahr 1849 verhaftet worden.
Ihn erwartete ein Todesurteil. Er wurde vom Zaren in
letzter Minute begnadigt und seine Strafe wurde zu
vier Jahren Lagerhaft und anschließendem
Militärdienst in Sibirien abgemildert. Und in all
den Wirren in Europa wurde noch ein sensationelles
Patent vergeben. Im April 1849 erhielt der
US-amerikanische Erfinder, der als Mechaniker in New
York arbeitete, ein Patent auf eine Erfindung, die
wir noch heute schätzen – die Sicherheitsnadel.
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Ereignisse & Schlagzeilen
1849
9. Februar
Im Kirchenstaat ruft im Rahmen des Risorgimento Giuseppe Mazzini die
Römische Republik aus. Sie wird umgehend durch das
Eingreifen französischer und spanischer Truppen bis
zum 3. Juli gewaltsam niedergeschlagen.
21. Februar
Das Heer der Sikhs verliert die Schlacht von Gujarat
gegen die britischen Truppen unter Hugh Gough. Ihr
Reich im Punjab wird in der Folge nach
Britisch-Indien eingegliedert.
4. März
Die oktroyierte österreichische
Reichsverfassung macht Kroatien, Slawonien und
Dalmatien zu einem eigenen Kronland Österreichs mit
einem Ban als Statthalter.
5. März
Zachary Taylor wird als 12. Präsident der
Vereinigten Staaten vereidigt, er löst James K. Polk
ab.
7. März
Nach Erlass der Oktroyierten
Verfassung im Kaisertum Österreich durch Kaiser
Franz Joseph I. wird der Reichstag in
Österreich-Ungarn gewaltsam aufgelöst.
9. März
Uraufführung der komischen Oper Die
lustigen Weiber von Windsor von Otto Nicolai am
Königlichen Opernhaus in Berlin
12. März
Das Königreich Piemont-Sardinien
erklärt Österreich den Krieg, weil Deputiertenkammer
und das Volk eine Fortsetzung des
Unabhängigkeitskampfes in Norditalien während des Risorgimento wünschen.
13. März
Volksversammlung auf dem Judenbühl
in Nürnberg
23. März
Italienische Aufständische erleiden
in der Schlacht bei Novara eine Niederlage. Die
Österreicher, deren Heer der General Josef Graf
Radetzky befehligt, behalten ihre Dominanz in
Norditalien und verzögern das Risorgimento.
27. März
Die Frankfurter Nationalversammlung
beschließt die Paulskirchenverfassung.
28. März
Friedrich Wilhelm IV. von Preußen
wird von der Frankfurter Nationalversammlung zum
Deutschen Kaiser gewählt
29. März
Das Pandschab mit seiner Hauptstadt
Lahore wird Teil des britischen Weltreichs.
3. April
Ablehnung der Kaiserkrone durch
Friedrich Wilhelm IV. gegenüber der Kaiserdeputation
5. April
Gefecht bei Eckernförde im Rahmen
des Schleswig-Holsteinisches Krieges
10. April
Walter Hunt erhält das Patent auf die von
ihm erfundene Sicherheitsnadel.
16. April
Uraufführung der Oper Le Prophète (Der
Prophet) von Giacomo Meyerbeer an der Grand Opéra
Paris
12. April
Der italienische Astronom Annibale de
Gasparis sichtet als Erster Hygiea, den drittgrößten
Asteroiden.
26. April
Der irische Astronom William Parsons
findet im Sternbild Jungfrau die Galaxie NGC 5569.
3. Mai
Der beginnende Dresdner Maiaufstand
zielt auf den Sturz von König Friedrich August II.
von Sachsen und die Errichtung einer Republik. Der
am 4. Mai eintreffende russische Anarchist Michail
Bakunin setzt sich an die Spitze der Revolutionäre,
zu denen auch Gottfried Semper und Richard Wagner
zählen.
6. Mai
Adolph Kolping gründet in Köln
einen katholischen Gesellenverein.
11. Mai
Badische Revolution - In der
Festung Rastatt meutern Soldaten. Der Aufstand
weitet sich landesweit aus und zwingt Großherzog
Leopold wenige Tage danach zur Flucht aus Karlsruhe.
22. Mai
Abraham Lincoln erhält ein US-Patent für eine
Methode, auf Grund gelaufenen Schiffen mehr Auftrieb
zu geben.
26. Mai
Preußen, Sachsen und Hannover
schließen das Dreikönigsbündnis, einen Versuch, die
deutsche Einheit unter Führung Preußens
herzustellen.
31. Mai
Märzrevolution: letzte
Sitzung der deutschen Nationalversammlung in
Frankfurt am Main, anschließend Umzug als
Rumpfparlament nach Stuttgart
4. Juni
Im Schleswig-Holsteinischen Krieg
liefern sich deutsche und dänische Schiffe das
Seegefecht bei Helgoland, das einzige der deutschen
Reichsflotte.
5. Juni
1. Verfassung in Dänemark
18. Juni
Regierungswechsel in Portugal.
Trotz großer Proteste ernennt Königin Maria II. den
Markgrafen von Tomar erneut als Nachfolger des
Herzogs von Saldanha zum Ministerpräsidenten.
19. Juni
Das nach Stuttgart ausgewichene
Rumpfparlament der Frankfurter Nationalversammlung
wird durch militärische Gewalt aufgelöst.
Nichtwürttembergische Abgeordnete werden des Landes
verwiesen.
3. Juli
Französische und spanische
Interventionstruppen erobern Rom, um Papst Pius IX.
wieder zu weltlicher Macht zu verhelfen. Die
Römische Republik wird gewaltsam abgeschafft.
18. Juli
In Montevideo wird die Universidad de la
República gegründet, die erste öffentliche
Hochschule Uruguays.
23. Juli
Rastatt wird von preußischen
Truppen eingenommen. Der nach dem Heckeraufstand
erneute Versuch, im Großherzogtum Baden eine
Republik zu errichten, ist wiederum gescheitert.
3. August
Ende der „Großen Hungersnot“ (Great Famine) in
Irland
11. August
James B. Francis entwickelt die Francis-Turbine
25. September
Mit der Eröffnung des Abschnitts
Eisenach–Gerstungen ist die von der Thüringischen
Eisenbahn-Gesellschaft errichtete Gesamtstrecke der
Thüringer Bahn fertig gestellt.
1. Oktober
Uraufführung der komischen Oper La Fée
aux roses von Jacques Fromental Halévy an der
Opéra-Comique in Paris
16. Oktober
Gründung des bischöflichen
Internatsgymnasiums Collegium Augustinianum
Gaesdonck
18. Oktober
Frederic Chopin stirbt in Paris
1. November
Die erste
Briefmarke auf deutschem Gebiet wird im
Königreich Bayern herausgegeben
15. November
Bernhard Wolff gründet das
Telegraphische Correspondenz-Bureau in Berlin als
Nachrichtenbüro für die Presse. Es handelt sich um
die erste deutsche und eine der ersten
Nachrichtenagenturen Europas
25. November
Gründung der
„kaiserlich-königlichen Geologischen Reichsanstalt“
(heute: Geologische Bundesanstalt) durch Kaiser
Franz Joseph
3. Dezember
Uraufführung des Theaterstücks
Höllenangst von Johann Nestroy im Carl-Theater in
Wien
5. Dezember
Einführung des
Dreiklassenwahlrechts in Preußen
22. Dezember
Eine Begnadigung durch Zar Nikolaus
I. rettet den Schriftsteller Fjodor Michailowitsch
Dostojewski vor dem angetretenen Erschießungspeloton.