Chronik 1698 - Bart ab im modernen Russland –
die Petrinischen Reformen
Im September 1698 war Zar Peter I. (1672-1725) von
seiner „Großen Gesandtschaft“ nach Russland
zurückgekehrt. Der letzte Aufenthalt seiner
Europareise, bei der er fast alle großen Höfe
besucht hatte, war Dresden gewesen. Dort war er mit
dem neu gewählten Polen-König August dem Starken
(1670-1633) zusammengetroffen. Zurück in
Russland
begann er umgehend mit seinen Reformen, die als
„Petrinische Reformen“ bekannt wurden. Die
unterschiedlichen Bereiche des öffentlichen und
privaten Lebens waren darunter zusammengefasst und
sie wurden unter den Bedingungen des langjährigen
und letztendlich siegreichen „Großen Nordischen
Krieges“ durchgesetzt bis zum plötzlichen Tod des
Zaren im Jahr 1725. Es gab keinen Generalplan für
die Reformen, es wurde viel improvisiert. Die
„Petrinischen Reformen griffen in das Militärwesen,
in die Verwaltung, die Steuern, die Wirtschaft, die
Kirche und in das Leben der Menschen ein, die der
Zar zwangsweise in den Dienst des Staates stellte.
Er vertrat die Ansicht, dass sich die Modernisierung
des Landes nicht ausschließlich auf militärische
Belange beschränken dürfe. Es war Zeit, in allen
Bereichen etwas zu ändern, denn Russland steckte in
seiner Entwicklung noch auf mittelalterlichem
Niveau. Im Zuge der Modernisierung Russlands
gründete Zar Peter I. in jenem Jahr 1698 offiziell
die erste russische Marinabasis in Taganrog, einer
Hafenstadt im Süden Russlands am Asowschen Meer,
direkt an der Mündungsbucht des Flusses Don. Doch
auch andere Neuerungen wurden eingeführt.
Altrussische Traditionen wurden gebrochen, durch die
Gründung weltlicher Schulen, durch das Zurückdrängen
kirchlicher Macht. Als äußeres Zeichen eines
modernen Russlands verbot Peter I. das Tragen von
Bärten, was bei den Altgläubigen keine Zustimmung
fand. Um aber dennoch sein Verbot durchzusetzen,
führte der Zar eine Bartsteuer ein. Die Kosten
wollte niemand entrichten. In Europa wirkte sich
derweil der „Friede von Rijswijk“, mit dem der
Pfälzische Erbfolgekrieg im Vorjahr beendet worden
war, in Sachen Religion bemüht liberal aus. Es wurde
das Simultaneum eingeführt. Es war das Recht, nach
welchem in demselben Staat der evangelische und der
katholische Glaube frei ausgeübt werden konnte. In
der Praxis war das nicht ganz so einfach, wie es im
Vertragswerk klang. Rechte, welcher Art auch immer,
waren im April 1698 der Braunschweigerin Katharina
Sommermeyer sämtlichst aberkannt worden. Nach
heutigen Erkenntnissen war sie die letzte Frau, die
in der Stadt Braunschweig als „Hexe“ auf dem
Scheiterhaufen hingerichtet worden war.
Kämmerei-Rechnungen belegen die Beschuldigungen. Die
zwanzigjährige Frau war der Buhlschaft mit dem
Teufel angeklagt worden, für schuldig befunden und
erlitt so den Tod. Die Akten des Prozesses befinden
sich im Archiv der Stadt Braunschweig und legen
Zeugnis ab von menschlicher Grausamkeit durch
Dogmatismus und Unwissen.
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Ereignisse & Schlagzeilen
1698
Nan Tharat, der sucg im Jahr 1695 widerrechtlicht
den Thron des Königreichts Lan Xang in
Laos
angeeignet hatte, wurde besiegt, gefangengenommen
und hinrerichtet. Ein Nachkomme der vertriebenen
Königsfamilie, Sai Ong Hue, kam unter dem Namen Sai
Setthathirath II. auf den Thron.
Snaggya Gyatsho stellte das historische Werk „Gelber
Beryll“ fertig.
Der puritanische Geistliche Jeremy Collier verfasste
„A short view of the immoralitz and profaneness of
the English stage“, eine Streitschrift gegen das
Theater.
Januar 1698
Zar Peter I. von Russland begab sich von den
Niederlanden nach London.
4. Januar
Der Palace of Whitehall, die Hauptresidenz der
britischen Monarchen, wurde durch ein Feuer
größtenteils zerstört.
23. Januar
Nach dem Tod von Kurfürst Ernst August von Hannover
wurde sein Sohn Georg Ludwig, der 1714 als Georg I.
auch den britischen Thron bestieg, sein Nachfolger.
Februar 1698
März 1698
April 1698
1. April
Die 20-jährige Katharina Sommermeyer wurde als
letzte Frau in der Stadt Braunschweig wegen Hexerei
auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.
Mai 1698
Nach seiner Rückkehr in die Generalstaaten begab
sich Zar Peter I. von Russland über Hamm, Bielefeld,
Halle an der Saale, Leipzig und Dresden nach Wien.
Dort wollte der den Kaiser überzeugen, den Großen
Krieg gegendie Türken weiterzuführen.
Juni 1698
2. Juni
2600 Strelizen in vier Strelizenregimentern
beschlossen aufgrund von Gerüchten, dass ihre
Familien aus Moskau verbannt werden sollten, gegen
Moskau zu marschieren. Es war der Anfang es zweiten
Strelitzenaufstandes.
15. Juni
In Zürich wurde das neue Rathaus in der Limmat
feierlich eingeweiht. Das von Stadtbaumeister Hans
Heinrich Holzhalb errichtete Gebäude wurde am 22.
Juni fertiggestellt.
17./18. Juni
Der Strelitzenaufstand wurde niedergeschlagen.
26. Juni
Das Gefolge von Zar Peter I. von Russland kam in
Wien an. Zar Peter I. konnte den Kaiser nicht davon
abbringen, mit den Türken im kommenden Jahr Frieden
zu schließen. Als ihn die Nachricht vom
Strelitzenaufstand erreichte, reiste er nicht weiter
nach Venedig und Rom, wo er geplant hatte, Partner
für seine anti-osmanische Koalition zu gewinnen
sondern brach auf, um nach Moskau zurückzukehren.
Juli 1698
2. Juli
Thomas Savery erhielt ein Patent auf eine Dampfpumpe
zur Verwendung in Bergwerken. Sie war ein Vorläufer
der Dampfmaschine.
18. Juli
Eine aus fünf Schiffen bestehende Flotte mit
schottischen Kolonisten stach von Leith aus in See,
um in Panama eine schottische Kolonie zu gründen. Am
2. November erreichten sie die Küste von Darien. Sie
errichteten das Fort St. Andrews als Stützpunkt am
Golf von Darien. Dann begannen sie, für die geplante
Siedlung New Edinburgh den Urwald zu roden und
Felder anzulegen. Doch das ausgewählte Gelände ist
moskito- und malariaverseucht, weshalb die
benachbarten Kuna die Gegend mieden. Die Böden sind
wenig fruchtbar und die mitgebrachten Vorräte
verrotteten im tropischen Regen. Das schwül-heiße
Klima setzte den 1200 Siedlern zu und führte
schließlich zu 10 Todesfällen am Tag. Die Schiffe,
deren Ladung über die Darien-Landenge zu den
Pazifikhäfen hätte transportiert werden sollen,
blieben aus.
August 1698
10. August
Die Große Gesandtschaft hielt sich in Dresden bei
August dem Starken auf.
September 1698
4. September
Zar Peter I. kehrte von seiner Europareise nach
Moskau zurück.
5. September
Nach seiner Rückkehr von der Großen Gesandtschaft
aus Westeuropa begann der russische Zar Peter I.
zügig mit den Petrinischen Reformen. Er verbot das
Tragen von Bärten als unzeitgemäß und schnitt auch
selbst anderen solche Männerzierden ab. Weil der
Erlass im Land besonders bei den Altgläubigen nicht
den gewünschten Erfolg erzielte, wurde einige Monate
später vom Zaren eine Bartsteuer eingeführt.
Oktober 1698
11. Oktober
Frankreich, England und die Niederlande
ratifizierten den ersten Telungsvertrag, der zum
Spanischen Erbfolgekrieg führte.
26. Oktober
Als Folge des Friedens von Rijswijk wurde der
Simultaneums eingeführt. Demnach konnte im selben
Staat der evangelische und der katholische Glauben
frei ausgeübt werden.
November 1698
10. November
Nach dem Tod von Johann Georg II. übernahm sein
jüngerer Bruder Johann Wilhelm die Herrschaft über
das Herzogtum Sachsen-Eisenach, das unter seiner
Herrschaft kulturell aufblühte.
14. November
Der spanische König Carlos ernennt seinen Enkel,
Prinz Jozef Ferdinand zu seinem Nachfolger.
Dezember 1698
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