Chronik 1697 - Peter der Große war Zar und
Zimmermann
Der Pfälzische Erbfolgekrieg konnte endlich beendet
werden. England, Spanien und die Niederlande hatten
bereits am 20. September 1697 ihren Frieden mit dem
französischen König Ludwig XIV. (1638-1715)
ausgehandelt. Das Heilige Römische Reich unter
Leopold I. (1640-1705) folgte mit dem „Frieden von
Rijswijk“. Auch der erste der Franzosen- und
Indianerkriege, der King William’s War, bei dem
Nordamerika Schauplatz im Pfälzischen Erbfolgekrieg
gewesen war und der vor allem in Europa zwischen den
Armeen Frankreichs und einer Allianz europäischer
Mächte, zu der auch England gehörte, ausgetragen
wurde, endete damit. Im russischen Zarenreich, das
Peter I. (1672-1725) nun allein beherrschte, hatte
der Zar zu Beginn des Jahres eine Verschwörung gegen
sich aufgedeckt und ließ die Anführer hinrichten.
Wenige Tage später brach er zu seiner Europareise
auf, die als „Große Gesandtschaft“ benannt wurde und
die sich aus 300 Personen und 35 so genannten
Volontären zusammensetzte. Der Zar hatte Franz
Lefort (1656-1699) zum Anführer der „Großen
Gesandtschaft“ bestimmt. Dieser hatte schon unter
Peters Vater, dem Zar Alexei I. (1629-1676),
gedient. Erst bei der Staatsumwälzung, als Peter 17
Jahre alt war, hatte er Lefort kennen gelernt. Die
beiden wurden enge Freunde, was besonders an Leforts
unbedingter Hingabe an den jungen Zaren lag, dem er
als Berater und treu ergebener Heerführer zur Seite
stand. Die russische Reisegruppe brach von Moskau
aus über Nowgorod nach Riga ins schwedische Livland
auf. Seit 1629 gehörte Riga zu Schweden. Der Zar
reiste inkognito als Unteroffizier des
Preobraschensker Regiments im Gefolge mit. Peter I.
wollte seine Schiffsbau-Kenntnisse im holländischen
Zaandam erweitern, doch man fand schnell heraus, wer
er war. Daraufhin verließ er die Stadt nach wenigen
Tagen und begann schließlich in Amsterdam eine
Zimmermannslehre. Dort arbeitete er in einer von der
Öffentlichkeit abgeschirmten Werft. Er erhielt am
Ende seiner Lehre ein glänzendes Zeugnis. An allen
großen europäischen Höfen wurde die „Große
Gesandtschaft“ mit Peter I. empfangen. Das
wichtigste Anliegen jedoch, eine Unterstützung im
Kampf gegen das Osmanische Reich, erhielt er von
niemandem. Die Hoffnung, einen Schwarzmeerhafen zu
gewinnen, zerschlug sich damit. Nun richtete Peter
I. sein Augenmerk auf die Ostsee. Die Begebenheit,
dass ein Zar sich zum Zimmermann ausbilden ließ,
findet sich in der heiteren Oper „Zar und
Zimmermann“ des Komponisten Albert Lortzing
(1801-1851) wieder, die 1837 uraufgeführt wurde und
in der die Rolle des Zaren Peter I. für einen
Bariton angelegt wurde. In Polen wurde im Sommer
1697 tatsächlich aus den 18 Bewerbern, die sich um
die Nachfolge des 1696 verstorbenen Königs Johann
III. Sobieski (1629-1696) bemühten, der sächsische
Kurfürst Friedrich August I. (1670-1733) erwählt. Er
war im Juni 1696 zum katholischen Glauben
übergetreten und hatte damit die Voraussetzung
geschaffen, König von Polen zu werden. Als August
II. begründete er damit die Personalunion
Sachsen-Polen. Am 15. September wurde August der
Starke zum Polen-König gekrönt. Im schottischen
Edinburgh gab es eine spektakuläre Hinrichtung, die
in ganz Europa zu jener Zeit für Aufsehen sorgte.
Der schottische Medizinstudent Thomas Aikenhead
(1676-1697), der bereits im Vorjahr wegen
Gotteslästerung angeklagt worden war, wurde im
Januar 1697 als letzter Mensch in Großbritannien
wegen Balsphemie an den Galgen gebracht. Der
„Gotteslästerer“ hatte bei seinem Prozess nicht
einmal einen Verteidiger zur Seite gestellt
bekommen. Fünf Mitstudenten, die sich als falsche
Freunde erwiesen, hatten gegen ihn ausgesagt. Weder
sein Widerruf der Äußerungen noch sein Gnadengesuch
konnten ihm das Leben retten.
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Ereignisse & Schlagzeilen
1697
Prinz Eugen von Savoyen, dessen Heer nach dem
Vertrag von Vigevano im Pfälzischen Erbfolgekrieg
für andere Aufgaben frei geworden war, sammelte
seine Truppen bei Peterwardein, um den Vorstoß des
Osmanischen Reichs aufzuhalten. Vorläufig kam es nur
zu kleineren Scharmützeln.
Bei Ihren Streifzügen im Osten Russlands entdeckten
Kosaken die Halbinsel Kamtschatka.
Charles Perrault veröffentlichte ohne Angabe des
Autors acht „Histoires ou contes du temps passe,
avec des moralites (Geschichten oder Erzählungen aus
vergangener Zeit mit Moral)“. Darunter befanden sich
u. a. die Märchen „Les Fees“, „La Belle aux bois
dormant“, „Le Petit champerson rouge“, „Le Maitre
Chat ou le Chat botte“, „Le petit poucet“, „La Barbe
bleue“ und „Cendrillon“.
Januar 1697
26. Januar
Isaac Newton erhielt Bernoullis
6-Monate-Zeitlimit-Problem, und löste das Problem
noch am selben Abend.
Februar 1697
4. Februar
Die Oper „La clemenza d’Augusto“ von Giovanni
Bononcini wurde im Todinona in Rom uraufgeführt.
4. Februar
Drei Schiffe der Niederländischen
Ost-Indien-Kompanie ankerten bei Dirk Artogeiland in
Australien.
4. Februar
Auf dem Gebiet des heutigen Großbritannien wurde der
schottische Medizinstudent Thomas Aikenhead als
letzter Mensch wegen Blasphemie am Galgen
hingerichtet. Die Hinrichtung des „Gotteslästerers“,
dem bei seinem Prozess kein Verteidiger erlaubt war,
erregte europaweit Aufsehen.
23. Februar
Gegen Zar Peter I. von Russland wurde eine
Verschwörung aufgedeckt und die Anführer wurden
hingerichtet.
März 1697
10. März
Zar Peter I. von Russland begann eine Europareise
(die Große Gesandtschaft). Sein Gefolge reiste
zuerst nach Nowgorod. Der Zar reiste inkognito als
Unteroffizier des Preobraschensker Regiments im
Gefolge mit. 14 Tage später kam die Gruppe in Riga
im schwedischen Livland an. Er wollte in Zaandam in
Holland seine Kenntnisse im Schiffsbau erlangen,
musste die Stadt aber nach acht Tagen wieder
verlassen. Im August begann er eine Zimmermannslehre
in Amsterdam.
13. März
Die auf einer Insel im Petén-Itzá-See gelegene Stadt
Tayasal, das heutige Flores, wurde von spanischen
Soldaten eingenommen. Damit wurde der letzte
Rückzugsort der Itaz-Mayas zerstört.
April 1697
April bis Juni
Französischen Freibeutern gelingt die Eroberung der
spanischen Stadt Cartagena im heutigen Kolumbien.
Dadurch wurde die Friedensbereitschaft Spanien
verstärkt und die Friedensverhandlungen in Rijswijk
begannen im Mai.
4. April
Nach der Niederlage gegen den chinesischen Kaiser
Kangyi bei Dsuunmod in Vorjahr, bei dem ihm sein
Neffe Tsewangrabtan in den Rücken gefallen war,
beging Kuhngtaidschi Faldan, der Herrscher des bis
dahin expandierenden Reiches der Dschungaren,
Selbstmord. Tsewangrabtan wurde sein Nachfolger.
15. April
Nach dem Tod von Karl XI. wurde sein Sohn Karl XII.
Herzog von Pfalz-Zweibrücken und Herzog von
Bremen-Verden.
Mai 1697
17. Mai
Bei einem Brand wurde die Burg Tre Kronor, die
Residenz des schwedischen Königs in Stockholm,
vollständig zerstört.
Juni 1697
1. Juni
Um die polnische Krone zu erlangen, trat Sachsens
Herrscher August der Starke zum katholischen Glauben
über.
27. Juni
Nachdem der sächsische Kurfürst Friedrich August I.
zum katholischen Glauben konvertiert war, wurde er
als August II. zum König von Polen gewählt und
begründete damit die Personalunion Sachsen-Polen.
Die Krönung erfolgte am 15. September.
Juli 1697
23. Juli
In Leipzig wurde erstmals in Deutschland eine
Klassenlotterie durchgeführt.
28. Juli
Die lyrische Tragödie „Venus et Adonis“ von Henri
Desmarest, auf ein Libretto von Jean-Baptiste
Rousseau, wurde an der Pariser Academie royale de
musique uraufgeführt.
August 1697
September 1697
Anfang des Monats zogen die Osmanen entlang der
Theiß Richtung Norden, um die Festung Szeged zu
erobern.
11. September
Die Osmanen wurden bei der Überquerung der Theiß von
Prinz Eugen von Savoyen überrascht und in der
Schlacht bei Zenta vernichtend geschlagen.
Oktober 1697
7. Oktober
Die Pastorale heroique „Isse“ von Andre Cardinal
Destouches auf ein Libretto von Antoine Houdar de la
Motte hatte in Fontainebleau ihre Vorpremiere.
Ludwig XIV. war begeistert und wünschte, dass
Destouches einen Prolog nach komponierte. In dieser
Form wurde das Werk zur Hochzeit des Königs Enkel
Louis, Duc de Bourgogne, mit Marie-Adelaide von
Savoyen am 17. Dezember in Trianon uraufgeführt. Am
30. Dezember folgte die erste Aufführung im Theatre
du Palais Royal. 1708 unterzog Destouches die Oper
einer Revision.
24. Oktober
„L’europe galante" von Andre Campras mit einem
Libretto von Antoine Houdar de la Motte war
ebenfalls erfolgreich im Palais Royale in Paris. Es
war das Bühnendebüt des Komponisten und das erste
bedeutende Werk aus dem noch ganz neuen Genre des
Opera-Ballet.
30. Oktober
Nachdem England, Spanien und die Niederlande am 20.
September den Pfälzischen Erbfolgekrieg geendet
hatten, beendete ihn auch das Heilige Römische Reich
unter Leopold I. mit dem französischen König Ludwig
XIV. durch den Frieden von Rijswijk. Damit endete
auch King Williams War in den nordamerikanischen
Kolonien.
November 1697
9. November
Papst Innozenz XII. gründete die Stadt Cervia.
10. November
Das englische Parlament beschloss die Reduzierung
der Armee.
Dezember 1697
2. Dezember
Die von Sir Christopher Wren entworfene St. Pauls
Cathedral wurde feierlich eingeweiht. Das vorherige
Gebäude wurde bei den Großen Londoner Feuer
zerstört.
7. Dezember
Der 15-jährige Louis de Bourbon, Herzog von Burgund,
ältester Enkel des französischen Königs Ludwig XIV.
heirate einen Tag nach deren zwölftem Geburtstag
Prinzessin Maria Adelaide von Savoyen.
14. Dezember
Karl XII. wurde im Alter von 15 Jahren zum König von
Schweden gekrönt.
15. Dezember
„La carduta de decemviri“ von Alessandro Scarlatti
wurde im Teatro San Bartolomeo in Neapel
uraufgeführt. Das Libretto stammte von Silvio
Stampiglia.
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