Chronik 1693 - Der Pfälzische Erbfolgekrieg,
eisiger Winter und schweres Erdbeben
Seit
1688 machte der Pfälzische Erbfolgekrieg das Land
unsicher. Der Konflikt war vom französischen König
Ludwig XIV. (1638-1715) provoziert worden, dem als
Vorwand Streitigkeiten um das Erbe des Kurfürsten
Karl II. von der Pfalz (1651-1685) gedient hatten.
Ludwig XIV. wollte dem Heiligen Römischen Reich die
Anerkennung seiner Erwerbungen im Rahmen seiner
Reunionspolitik abringen, die er in seiner
Vereinigungspolitik anstrebte. Er annektierte
zahlreiche Gebiete, die nach seiner Auffassung mit
Territorien französischer Souveränität rechtlich
verbunden waren und nun also „wiedervereint“ werden
sollten. Der Pfälzische Erbfolgekrieg war nicht der
erste Krieg, den Ludwig XIV. geführt hatte. Da war
1667/68 der Devolutionskrieg, 1672-1679 der
Holländische Krieg, die Reunionskriege von 1683 bis
1684 und seit 1688 der Pfälzische Erbfolgekrieg. Das
Schlachtengetümmel und die Zerstörungen waren
verheerend. Im Mai 1693 war Heidelberg von
französischen Truppen genommen worden. Die Stadt
wurde schwer verwüstet, das Schloss wurde in Flammen
gesetzt und zum Teil sogar durch Minen gesprengt.
Eine zeitgenössische Darstellung von 1693 zeigt das
brennende Schloss, die Zerstörung der
Chur-Pfälzischen Residenzstadt und belegt die
barbarische Behandlung, die die Franzosen der
Bevölkerung zuteil werden ließen. Das zerstörte
Heidelberger Schloss wurde zu einem Sinnbild des
Pfälzischen Erbfolgekrieges. Geblieben ist die
Schlossruine mit einigen gut erhaltenen
Gebäudetrakten, die heute das Wahrzeichen der Stadt
am Neckar darstellt und aus 80 Metern Höhe das Bild
der Altstadt beherrscht. Der Krieg wurde zu Lande
und zu Wasser ausgefochten. In der Seeschlacht im
portugiesischen Hafen Lagos errangen die Franzosen
einen Sieg, französische Truppen eroberten die Stadt
Charleroi, die im heutigen Belgien als drittgrößte
Stadt zur Region Wallonien gehört. Sie machten sich
kaum Freunde in jener Zeit, obwohl der König auch
zahlreiche Bauwerke errichten ließ, machte er an
anderer Stelle doch auch Wertvolles zunichte. Die
Wissenschaft ging ihren Weg dennoch unbeirrt weiter.
In das Jahr 1693 fällt die Veröffentlichung der drei
„Cassinischen Gesetze“. Der französische Astronom
italienischer Herkunft, Giovanni Domenico Cassini
(1625-1712), der sich seit 1673 auch Jean-Dominique
Cassini I. nannte, hatte sie für den Mondumlauf
formuliert. In England hatte derweil der Buchhändler
und Autor John Dunton (1659-1733) die erste speziell
für Frauen konzipierte Zeitschrift gegründet, „The
Ladies’ Mercury“. Allerdings erschien diese
Zeitschrift nur vier Wochen lang. Dann musste sie
ihr Erscheinen wieder einstellen. Als wären die
Kriegswirren des Pfälzischen Erbfolgekrieges nicht
schon schlimm genug, mussten die Menschen zum Ende
des Jahres 1693 eine extreme Kälte aushalten. In
jenem eisigen Winter kamen allein in Frankreich
hunderttausende Menschen ums Leben. Noch mehr
Menschen starben, als die italienische Insel
Sizilien von einem schweren Erdbeben erschüttert
worden war. Etwa 60.000 Menschen fielen dieser
Naturkatastrophe zum Opfer.
<<
Das war 1692
|
Das war 1694 >>
Ereignisse & Schlagzeilen
1693
Aufgrund der Kriegswirren übersiedelte das
Reichskammergericht von Speyer nach Wetzlar.
Die Wiener Pestsäule, an der Paul Strudel 14 Jahr
lang gearbeitet hatte, wurde eingeweiht.
Francis White gründete in der Londoner St. James
Street ein Chocolate House, den späteren White's
Club.
Im Winter 1693/94 grassierten in Italien, Frankreich
und dem Südwesten Deutschlands verschiedene
Epidemien wie die Ruhr, Typhus, Grippe und andere
Fiebererkrankungen.
Januar 1693
9./11. Januar
Die Insel Sizilien wurde von einem schweren Erdbeben
erschüttert, das etwa 60 000 Todesopfer forderte.
Februar 1693
3. Februar
Die Uraufführung der Oper „La liberta contenta“ von
Aogstino Steffani auf das Libretto von Ortensio
Mauro fand in Hannover statt.
8. Februar
Das William and Mary College in Williamsburg erhielt
seine Gründungsrechte von König William III von
England.
27. Februar
Die erste Frauenzeitschrift der Welt erschien in
London unter dem Titel „The Ladys' Mercury“. Die
Zeitschrift, die von dem Buchhändler John Dunton
initiiert worden war, erlitt schon wenige Wochen
später ihr Aus.
März 1693
April 1693
Mai 1693
8. Mai
In Leipzig fand die Einweihung von Girolamo Sartorio
errichtete Oper am Brühl, das erste Leipziger
Opernhaus, statt. Die Oper wurde in Anwesenheit von
Kurfürst Johann Georg IV. mit der Oper „Alceste“ von
Hofkapellmeister Nicolaus Adam Strungk feierlich
eröffnet.
22. Mai
Während des Pfälzischen Erbfolgekrieges wurde die
Stadt Heidelberg von französischen Truppen
eingenommen. Einen Tag später ergab sich auch die
Besatzung des Heidelberger Schlosses. Die Franzosen
verwüsteten die Stadt und die Kurpfalz. Das Schloss
wurde in Brand gesetzt und teilweise gesprengt.
Juni 1693
Eine englisch-niederländische Flotte unterlag in der
Nähe der portugiesischen Hafenstadt Lagos einer
französischen Flotte unter Admiral Tourville in der
Seeschlacht bei Lagos.
7. Juni
Teile der osmanischen Hauptstadt Istanbul fielen
einem Feuer zum Opfer.
Juli 1693
29. Juli
Die Schlacht von Neerwinden endete mit geringen
Vorteilen für die ca. 80 000 Mann starke
französische Armee unter Marschall François-Henri de
Montmorency-Luxembourg gegen c. 50 000
niederländisch-englische Truppen unter dem
englischen König Wilhelm III.
August 1693
4. August
Dom Periognong erfand den Champagner.
September 1693
Oktober 1693
4. Oktober
Im Pfälzischen Erbfolgekrieg gewannen die Franzosen
auf dem italienischen Kriegsschauplatz in die
Schlacht bei Marsaglia gegen verbündete kaiserliche
und piemontesische Truppen.
9. Oktober
Im Zuge der Besitzergreifung des Herzogtums
Sachen-Lauenburg durch den Herzog von
Braunschweig-Lüneburg hatte dieser die Stadt
Ratzeburg befestigt. Der dänische König Christian V.
hatte dies als eine Provokation gegen die dänischen
Interessen angesehen und die Stadt 1693 belagert und
weitgehend zerstört. Dieser Konflikt zwischen
Dänemark und dem Fürstentum Lüneburg wurde durch den
Hamburger Vergleich beendet.
November 1693
Dezember 1693
4. Dezember
Die Oper „Médée (H 491)“ von Marc-Antoine Chapentier
nach einem Libretto von Thomas Corneille wurde im
Palais-Royale in Paris uraufgeführt. Obwohl die Oper
gut aufgenommen wurde und mehrere Aufführungen
hatte, war sie nicht weiter erfolgreich, wofür
wahrscheinlich die scharfe Kritik der Anhänger
Jean-Baptiste Lullys verantwortlich war.
<<
Das war 1692
|
Das war 1694 >>