Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Die SPD ist die älteste Partei Deutschlands. Ihre
Anfänge reichen gut 150 Jahre zurück und wurzeln
hauptsächlich in zwei Vorläufer-Parteien:
Im Jahr 1863 - als Folge der gescheiterten
Revolution von 1848 - gründeten Delegierte bisher
eigenständiger, unabhängiger Arbeiter-Gruppierungen
aus elf Orten in Leipzig den „Allgemeinen Deutschen
Arbeiterverein“ (ADAV). Die regionalen Bewegungen
waren maßgeblich von Ferdinand Lassalle inspiriert.
Hauptziele waren unter anderem ein allgemeines,
gleiches Wahlrecht, der verstärkte Kampf gegen die
herrschende Ausbeutung sowie die Einrichtung von so
genannten „Produktivassoziationen“ auf
genossenschaftlicher Basis.
Kurz danach wurde 1869 in Eisenach die
Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschland (SDAP)
gegründet - Hauptinitiatoren waren August Bebel und
Karl Liebknecht. Die neue Partei hatte die
Alltagsnöte der Arbeiter im Fokus und kämpfte
ebenfalls gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeiten.
Diese sollten durch solidarisches Verhalten
überwunden werden. Das revolutionäre Gedankengut von
Karl Marx und Friedrich Engels spielte dabei so gut
wie keine Rolle, die Partei setzte verstärkt auf
Reformen.
Beide Bewegungen beschlossen auf dem Gothaer
Einigungsparteitag 1875 gemeinsam die Gründung der
Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP).
Der damalige Reichsführer
Otto von Bismarck sah in
der neuen Partei eine Bedrohung durch revolutionäres
Gedankengut und setzte 1878 daraufhin im Reichstag
das Gesetz „wider die gemeingefährlichen
Bestrebungen der Sozialdemokratie“ durch. Die
Repressalien führten jedoch auch dazu, dass sich die
Partei strukturell und organisatorisch schnell
entwickelte. Und so wurde 1890 die Sozialdemokratie
trotz aller Widrigkeiten mit 1,4 Millionen Wählern
stärkste Partei und änderte nun ihren Namen in
„Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ (SPD).
Wie damals die meisten sozialdemokratischen und
sozialistischen Parteien Europas richtete sich nun
auch die frühe SPD verstärkt am Marxismus aus. Was
sich nach dem Ersten Weltkrieg wieder änderte, als
sich Eduard Bernsteins Revisionismustheorie
durchsetzte, die eine sozialistische Umwandlung der
Gesellschaft auf Basis einer demokratisch
legitimierten Regierung und Reformen erreichen
wollte. Im Verlauf des
Ersten Weltkriegs kam es zur Abspaltung der
„Unabhängigen SPD“ (USPD) von der SPD, da viele
Mitglieder die stillschweigende Billigung des
Krieges nicht unterstützten. Und nachdem
Karl
Liebknecht aus der SPD ausgeschlossen wurde,
gründete er 1916 zusammen mit Rosa Luxemburg den
linksrevolutionären Spartakusbund, dessen Vorläufer,
die „Gruppe Internationale“ war. Vereint in der
Anti-Kriegs-Haltung schlossen sich auch viele
Mitglieder der USPD dem Spartakusbund an, aus dem
sich 1919 die Kommunistische Partei Deutschlands
(KPD) entwickelte.
Während der Revolution von 1918/19 rief Philipp
Scheidemann, Publizist und sozialdemokratischer
Politiker,
1918 im Berliner Reichstag die „Deutsche
Republik“ aus. Allerdings trat bereits deutlich die
Polarisierung der revolutionären Bewegungen zu Tage,
die in den nächsten Jahren das politische Geschehen
bestimmen sollte, denn Karl Liebknecht, ein
Verfechter einer „Räterepublik“, proklamierte fast
zeitgleich im Berliner Stadtschloss die „Freie
sozialistische Republik“. Nach dem Ende des
Kaiserreichs übernahm die SPD 1919 unter
Friedrich
Ebert, der dem gemäßigten Flügel seiner Partei
angehörte, die Regierungsverantwortung der ersten
deutschen Republik und setzte umgehend eine ihrer
zentralen Forderungen durch - das aktive und passive
Wahlrecht für Frauen. Die SPD wurde zu einer
tragenden Säule der noch jungen Demokratiebewegung
in der Weimarer Republik. Beispielsweise setzte sie
auch die betriebliche Gewerkschaftsmitbestimmung
gesetzlich umgesetzt.
Allerdings hatten die Sozialdemokraten durch die KPD
Konkurrenz in der eigenen Wählerschaft bekommen. Und
da sich die KPD auch vor Zweckbündnissen mit der
NSDAP nicht scheute, war die Front gegen Hitlers
aufstrebende Partei teilweise stark geschwächt.
Mit der Ernennung von
Adolf Hitler begann dann die
wohl schwerste Zeit der Sozialdemokraten. 1933 war
die SPD die einzige Partei, die bei den letzten
freien Wahlen im Reichstag geschlossen gegen das
Ermächtigungsgesetz stimmte. Die KPD war zu dieser
Zeit - als Folge des Reichstagsbrands - bereits
verboten worden.
Dem SPD-Politiker Otto Wels, der in seiner berühmten
Rede „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die
Ehre nicht“ mutig die SPD-Entscheidung begründete,
wurde ihm noch im August 1933 die deutsche
Staatsbürgerschaft aberkannt, so dass er das Land
verlassen musste. Und auch die SPD als Partei wurde
im Juni 1933 verboten. Nach den Repressalien der
Kaiserzeit begann nun erneut die Verfolgung von
Sozialdemokraten, von denen viele in den kommenden
Monaten und Jahren für ihre Überzeugungen
eingesperrt oder gefoltert und ermordet wurden.
Nach dem Ende
des Zweiten Weltkriegs begann sich die
SPD schnell neu aufzustellen. In den drei Westzonen
übernahm Kurt Schumacher den Vorsitz der Partei. In
der sowjetischen Besatzungszone war es Otto
Grotewohl. Es begann für die SPD im Westen nun die
Zeit des Wandels von einer Klassen- zur sozialen
Volkspartei, während sie im Osten Deutschlands unter
den Repressalien des neuen Regimes litt und 1946 mit
der KPD zur Sozialistischen Einheitspartei
Deutschlands (SED) zwangsvereinigt wurde. Erst nach
der Wiedervereinigung 1989 konnte auch hier eine
unabhängige Sozialdemokratie neu entstehen.
1946 konnte die wieder gegründete Partei in den drei
Westzonen bereits an den ersten Landtags- und
Kommunalwahlen teilnehmen. 1947 war sie mit mehr als
875.000 Mitgliedern wieder die stärkste Partei.
Allerdings musste sie trotzdem bei den ersten
Bundestagswahlen 1949 mit acht Sitzen weniger als
die CDU/CSU auf der Oppositionsbank Platz nehmen.
Mit dem Godesberger Programm von 1959 verabschiedete
sich die SPD im Westen auch offiziell vollständig
von ihrem marxistischen Erbe und vertrat fortan eine
pragmatische Haltung gegenüber Sozialstaat und
Wirtschaft. Doch gegen
Konrad Adenauers CDU hatte
sie in der Nachkriegszeit keine Chance. Die CDU
profitierte mit ihrem Programm der sozialen
Marktwirtschaft eindeutig vom beginnenden
Wirtschaftswunder. Die Wende kam erst Mitte der
1960er Jahre, als es zur ersten Wirtschaftskrise der
Nachkriegszeit kam. Von 1966 bis 1969 war die SPD
erstmals nach dem Krieg in der Großen Koalition
unter Bundeskanzler
Kurt-Georg Kiesinger an der
Regierung beteiligt. Willy Brandt war in dieser Zeit
Außenminister.
1969 konnte die SPD die Wahlen dann endlich für sich
entscheiden und Willy Brandt zog mit dem Motto „Mehr
Demokratie wagen“ als neuer Kanzler in den Bundestag
ein. Zwar lag die Partei knapp drei Prozent hinter
der CDU/CSU, konnte aber zusammen mit der FDP eine
Koalition bilden. Im Wahlkampf hatte Willy Brandt
mit seiner Friedens- und Demokratie-Visionen
erstmals eine große Anzahl von Akademikern,
Künstlern, Beamten und Angestellten für die SPD
gewinnen können.
1972 erreichte die SPD mit 45,8 Prozent das bis
dahin beste Bundestagswahlergebnis und verzeichnete
im Jahr
1976 den höchsten Mitgliederstand mit
1.022.200 Genossen. 1974 wurde Helmut Schmidt
Nachfolger von Willy Brandt als Bundeskanzler, da
dieser im Zuge der Guillaume-Affäre zurückgetreten
war. Brandt blieb jedoch Parteivorsitzender und
stellte somit ein Gegengewicht zum Realpolitiker
Helmut Schmidt dar. In die Zeit der sozialliberalen
Regierungskoalition fielen sowohl kulturelle
Umbrüche im Zuge der 68er-Bewegung sowie der
Aktionen der
RAF und zwischen 1973 und 1979 schwere
Wirtschaftskrisen - Stichworte „Ölkrise“ und
„Autofreier Sonntag“.
Anfang der
Vietnamkrieg entstand die Partei „Die
Grünen“ und damit erneut eine Konkurrenz in der
eigenen Wählerschicht. Die Grünen konnten vor allem
die ökologisch-alternativ orientierten und besser
gebildeten Wähler für sich gewinnen. Auch innerhalb
der SPD gab es zunehmend Kontroversen zwischen dem
linken Flügel und Kanzler Helmut Schmidt - besonders
betraf dies Schmidts Haltung zum
Nato-Doppelbeschluss und zur Kernenergie. Die
Uneinigkeit - besonders auch bei Wirtschaftsthemen -
weitete sich zur Koalitionskrise aus: 1982 wurde die
Regierung Schmidt durch ein konstruktives
Misstrauensvotum der CDU/CSU mit Unterstützung der
FDP gestürzt. Die Liberalen gingen im Anschluss eine
Koalition mit der CDU/CSU unter Helmut Kohl als
Bundeskanzler ein.
In den nächsten 16 Jahre versuchte die SPD mit
wechselnden Kandidaten -
Hans-Jochen Vogel, Johannes
Rau, Oskar Lafontaine und Rudolf Scharping - die
Regierung wieder zu übernehmen. Was jedoch nicht
gelang - Helmut Kohl blieb Kanzler. Allerdings wuchs
in dieser Zeit die Mehrheit der SPD im Bundesrat. Im
Frühjahr 1988 wurden 12 von 16 Bundesländern von der
SPD oder unter SPD-Beteiligung geführt. In fünf
Bundesländern gab es dabei bereits das Modell
Rot-Grün, was dabei half, den Weg frei zu machen für
eine Zusammenarbeit mit den Grünen auf Bundesebene.
Mit Gerhard Schröder als Kanzlerkandidat erreichte
die SPD 1998 im Bundstagswahlkampf 40,9 Prozent und
konnte zusammen mit den Grünen endlich wieder die
Regierung übernehmen. Nachdem
Oskar Lafontaine im
März 1999 überraschend zurückgetreten war, übernahm
Gerhard Schröder auch den Parteivorsitz. In dieser
Zeit gingen die Mitgliederzahlen der Partei weiter
rapide zurück. Waren es 1998 noch 775.000 Genossen,
so waren es Ende 2005 nur noch 590.480. Diese
Entwicklung war unter anderem der Grund dafür, dass
Franz Müntefering
2004 Gerhard Schröder als
Parteivorsitzenden ablöste. Hinzu kam, dass die SPD
bei Landtagswahlen eine Serie von Niederlagen
einstecken musste und die Kontrolle im Bundesrat
verlor. Der Grund war nicht zuletzt die als
ungerecht empfundenen sozial-politischen
Entscheidungen im Zusammenhang mit der Agenda 2010.
Die Agenda 2010 war auch einer der Gründe, warum
sich die Wahlalternative Arbeit und soziale
Gerechtigkeit (WASG) formierte. Zuerst nur als
Verein, dann als Partei, die sich später mit der
Linkspartei PDS unter dem Namen „Die Linke“
vereinigte. Damit hatte die SPD auch in den
westlichen Bundesländern eine weitere
Konkurrenzpartei um die eigene Wählerschaft.
Nach den verlorenen Landtagswahlen in
Nordrhein-Westfalen im Mai 2005, initiierte Gerhard
Schröder noch im selben Jahr Bundestagsneuwahlen,
bei denen die SPD nach der CDU/CSU nur zweitstärkste
Partei wurde. Gerhard Schröder zog sich daraufhin
aus der aktiven Politik zurück und machte den Weg
frei für eine Regierungsbeteiligung an einer Großen
Koalition unter einer Kanzlerin Angela Merkel.
Aufgrund innerparteilicher Personalstreitigkeiten
gab Franz Müntefering Ende 2005 den Parteivorsitz
auf und trat 2007 aus familiären Gründen auch als
Vizekanzler und Arbeitsminister zurück. Nach
Matthias Platzeck, Kurt Beck und kommissarisch
Frank-Walter Steinmeier kehrte er allerdings 2009 in
das Amt des Parteivorsitzenden zurück. Den Posten
als Vizekanzler in der Gro0en Koalition übernahm
Frank-Walter Steinmeier, der im Jahr 2008 auch zum
Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2009 gekürt
wurde. In Folge der Wahlniederlage folgte 2009
Sigmar Gabriel Franz Müntefering als
Parteivorsitzender nach. Das Amt des
Fraktionsvorsitzenden übernahm Frank-Walter
Steinmeier. Für die Bundestagswahl 2013 wurde Per
Steinbrück als Kandidat nominiert.
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