Biografie Otto von Bismarck Lebenslauf

Bismarck
Eiserner Kanzler, Architekt des Deutschen Kaiserreichs, Vater der deutschen Sozialversicherung - seine Bewunderer wie Kritiker kommen an großen Worten nicht vorbei. Otto von Bismarcks Name hat sich wie nur wenige andere ins kollektive Gedächtnis Deutschlands eingegraben. Und doch wird eine seiner Sonderrollen in der deutschen Geschichte oft übersehen: Er war, knapp einhundert Jahre vor Konrad Adenauer, der erste deutsche Bundeskanzler.
Geboren am 1. April 1815 in Schönhausen, genoss der Junkerssohn Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen eine standesgemäße Ausbildung, die in ein Studium der Rechtswissenschaften mündete. Allerdings erschien ihm die Aussicht auf eine juristische Laufbahn völlig reizlos, und so ging er zum Militär, wo er zusätzlich Landwirtschaft studierte. Dem Anschein nach hätte er kein besseres Fach wählen können. Ab 1839 erforderten es die familiären Verhältnisse, dass er einen Teil der väterlichen Güter verwaltete. Doch dies allein konnte ihn nicht ausfüllen. Er widmete sich ausgiebig mehreren geisteswissenschaftlichen Disziplinen, machte sich mit den Grundlagen der Politik vertraut und feilte an seiner Rhetorik. Zunächst avancierte er zum Salonlöwen, der auch jungen Damen gegenüber alles andere als schüchtern auftrat. Nachdem ihm einige streng pietistische Freunde seinen aus ihrer Sicht höchst unsoliden Lebenswandel ausgeredet hatten, konnte er sich mit preußischem Pflichtbewusstsein an die Ausübung öffentlicher Ämter heranwagen. Den Anfang machten 1845 ein Posten als Deichhauptmann in Jerichow und ein Mandat im Provinziallandtag der von Preußen verwalteten Provinz Sachsen.
Von dort gelang ihm rasch der Sprung in den preußischen Landtag, wo er sich um die Verteidigung der Interessen des Adels gegen liberale Kräfte verdient machte. In den Revolutionsjahren 1848 und 1849 schwang er sich zum Wortführer der Monarchisten auf und zählte kurz darauf folgerichtig zu den Begründern der Konservativen Partei. Während der 1850er Jahre diente er seinem König als Gesandter im Deutschen Bundestag - der natürlich kein demokratisch gewähltes Parlament, sondern die Versammlung der Vertreter der Mitgliedsstaaten des 1815 gegründeten Deutschen Bundes war.
Bismarcks Tätigkeit im Bundestag ließ die anhaltende preußisch-österreichische Rivalität um die Vorherrschaft im Bund in den Mittelpunkt seines Interesses rücken.
Als König Wilhelm I. eine Heeresreform durchsetzen und bei dieser Gelegenheit gleich seine Position gegenüber dem Parlament stärken wollte, stieß er bei der Mehrheit der Abgeordneten auf Widerstand. Auf Grund früherer Erfahrungen traute man es nur Bismarck zu, diesen heiklen Verfassungskonflikt zu Gunsten des Hauses Hohenzollern zu entscheiden, und so wurde er 1862 als Nothelfer nach Berlin zurückgerufen und zum preußischen Ministerpräsidenten und Außenminister ernannt.
Endlich war er an der richtigen Position, um seine politischen Visionen in die Tat umzusetzen: 1866 gründete er den Norddeutschen Bund, in den er die nördlich des heutigen Bayern und Baden-Württemberg liegenden deutschen Staaten integrierte. Präsident des Bundes (ergo: Bundespräsident) wurde der König von Preußen, während Bismarck den Posten des Kanzlers übernahm. Es handelte sich dabei nicht nur um ein Militärbündnis, sondern um ein Mischgebilde aus Staatenbund und Bundesstaat unter preußischer Führung. Die von Bismarck erarbeitete Bundesverfassung, welche im wesentlichen bis 1919 gültig blieb, legte die Machtverteilung klar fest. 1870 gelang ihm ein weiterer Coup: Mittels einer manipulierten Nachricht brachte er Frankreich dazu, Preußen den Krieg zu erklären. Der gemeinsame Feind verlieh dem Patriotismus erneute Hochkonjunktur, und so schlossen sich bald weitere ehemalige Staaten des Deutschen Bundes (natürlich außer Österreich) dem Norddeutschen Bund an, der sich nach dem Sieg im Jahre 1871 Deutsches Kaiserreich nannte, ohne seine bisherige Organisationsform zu verlieren.
Neben der Konsolidierung des Reiches erwuchsen dem Kanzler, der sich inzwischen Fürst Otto von Bismarck-Schönhausen nannte, zwei neue Herausforderungen: unrealistische Machtansprüche der Römisch-Katholischen Kirche (die außerdem verzweifelt gegen die Säkularisierung des Rechtswesens ankämpfte) sowie die aufstrebende Sozialdemokratie stellten die Autorität des protestantischen Hauses Hohenzollern ernsthaft in Frage. Gegen die katholische Amtskirche und ihren politischen Arm, die Zentrumspartei, führte er einen jahrelangen zähen Kulturkampf, der beiden Seiten vorrangig Verdruss bescherte. Erst der Tod des latent totalitären Papstes Pius IX. bot Bismarck die Chance zur Aussöhnung mit den bisherigen Gegnern, an deren Spitze nun der weitaus zugänglichere Leo XIII. stand.
Dem schloss sich 1878 fast nahtlos ein ähnliches Fiasko an. Die Sozialistengesetze sollten jede sozialistisch orientierte Betätigung außerhalb der parlamentarischen Arbeit der SPD unterbinden, verfehlten ihr Ziel jedoch völlig. Später bedauerte der Kanzler diese Konflikte zutiefst. Allerdings blieben sie nicht fruchtlos. Aus dem Kulturkampf ging das moderne Staatswesen gestärkt hervor, denn das Zivilrecht wurde nun weitgehend unabhängig von Glaubensfragen angewendet. Und die eingehende Beschäftigung mit der Sozialdemokratie schärfte Bismarcks Bewusstsein für die Notwendigkeit sozialer Reformen - und sei es nur, um die ungeliebte SPD überflüssig zu machen, indem man berechtigte Forderungen dieser Partei erfüllte. In den 1880er Jahren initiierte er deshalb die gesetzliche Kranken- und Unfallversicherung.
Weniger spektakulär, dafür um so erfolgreicher geriet seine Außenpolitik, die gänzlich auf politische Stabilität und die Vermeidung von Kriegen ausgerichtet war. Auch verweigerte er sich, so weit er konnte, jeder Bestrebung nach Expansion des Deutschen Reiches beziehungsweise nach dem Erringen von Kolonien.
Das Dreikaiserjahr 1888 brachte die Thronbesteigung Wilhelms II. mit sich, dem die vergleichsweise aggressionsarme Politik seines Reichskanzlers überhaupt nicht schmecken wollte. Als es diesem 1890 nicht gelang, mit einem neuen Gesetz die Sozialdemokratie einzudämmen, hatte der Kaiser endlich den ersehnten Vorwand, Otto von Bismarck in den Ruhestand zu verabschieden. Dass kurz darauf ein deutschlandweiter Personenkult einsetzte, der von Straßenbenennungen über Bismarck-Brunnen, -Türme und -Denkmäler bis hin zu Ehrenbürgerschaften in zahlreichen Städten reichte, konnte dieser von seinem Alterssitz in Friedrichsruh aus nur mit gemischten Gefühlen betrachten. Dort schrieb er unter dem Titel "Gedanken und Erinnerungen" seine auch literarisch nach wie vor hoch geschätzten Memoiren, und am 30. Juli 1898 schloss er ein letztes Mal die Augen. In seinen letzten Tagen war sein größtes Anliegen, dass er auf keinen Fall noch einmal den Kaiser zu Gesicht bekommen müsse.
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