Chronik 1862 - Fotos als Kriegsdokumente, Bismarcks
Blut- und Eisen-Politik
In Amerika hatten die Konfliktparteien erkannt, dass
sich der Sezessionskrieg doch viel länger ausweiten
würde, als es anfangs den Anschein gehabt hatte.
Beide Seiten hatten bereits erhebliche Verluste zu
beklagen. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde ein
Krieg anhand von Fotos dokumentiert. Der aus
Schottland stammende US-amerikanische Fotograf
Alexander Gardner (1821-1882) brachte es zu großer
Berühmtheit mit seinen Fotos aus dem Amerikanischen
Bürgerkrieg und den Portraits des Präsidenten
Abraham Lincon (1809-1865). Zudem führten die Bilder
zu einer realistischen Einschätzung des
Kriegsgeschehens. Das Geschehen auf den
Schlachtfeldern war vordem idealisiert gesehen
worden. Die schockierenden Bilder von toten Soldaten
und die militärischen Misserfolge auf Seiten der
Nordamerikaner waren der Grund, warum Lincoln
zunehmend die Unterstützung für „seinen“ Krieg in
der Union verlor. Im Laufe des Jahres hatte er schon
mehrere Oberbefehlshaber austauschen müssen.
Allmählich waren sogar formal neutrale europäische
Staaten geneigt, die Konföderation der Südstaaten
diplomatisch anzuerkennen. Schließlich wurde die
Schlacht am Antietam, einem Fluss im Osten der USA,
zum „blutigsten Tag in der amerikanischen
Geschichte“. Ihr Ausgang war unentschieden, wurde
aber von den Nordstaaten als taktischer Sieg
gewertet, weil sich der Oberbefehlshaber der
Konföderations-Truppen, Robert E. Lee (1807-1870)
aus dem Staatsgebiet der Union zurückziehen musste.
Der strategische Sieg der Union gab Lincoln die
Möglichkeit, seine Emanzipationserklärung zur
Sklaven-Befreiung in den Südstaaten zu verkünden,
die am 1. Januar des Folgejahres in Kraft trat.
Außerdem wurden durch den Sieg der Union die
Bestrebungen seitens Großbritanniens und Frankreichs
unterbunden, einen Verhandlungsfrieden mit
einvernehmlicher Teilung der Vereinigten Staaten
herbeizuführen. Um den Sezessionskrieg zu
finanzieren, wurden in den Vereinigten Staaten zum
ersten Mal Dollar-Banknoten in Umlauf gebracht. In
Europa, konkret in Preußen, wurde Otto von Bismarck
(1815-1898) am 23. September 1862 zum
Ministerpräsidenten ernannt. Wenige Tage später
betonte er in einer Rede vor dem Abgeordnetenhaus
seine Überzeugung, dass „Blut und Eisen“ die Fragen
der Zeit entscheiden würden. Damit untermauerte er
die Durchsetzung seiner Heeresreform. Bismarcks
erste Amtshandlung war die Auflösung des preußischen
Abgeordnetenhauses. Er verkündete ein „budgetloses
Regiment“. Es kam zum Heereskonflikt, der zu einem
ernsten Verfassungskonflikt wurde. Bismarck wurde im
Volksmund zum „Eisernen Kanzler“. Und in Italien war
im August 1862 die italienische Lira eingeführt
worden. Sie war von nun an das alleinige
Zahlungsmittel und löste alle Vorgängerwährungen in
den zum Königreich vereinten Gebieten ab. Zu
Jahresbeginn, am 21. Januar 1862 hatte nach
jahrelanger Wanderschaft der gelernte Schlosser Adam
Opel (1837-1895) in seiner Heimatstadt Rüsselsheim
eine Nähmaschinenmanufaktur gegründet. Aus ihr
entwickelte sich die Firma Opel. Sie wurde in der
Automobilindustrie zu einem Renommee, obwohl sich
der Gründer der Firma nie hatte vorstellen können,
dass sich die stinkenden Dinger, wie er sie nannte,
zu mehr entwickeln könnten als zu einem Spielzeug
für Millionäre, die nicht wüssten, wo sie ihr Geld
hinwerfen sollten.
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Ereignisse & Schlagzeilen
1862
Im Januar
Henri Dunant veröffentlicht das Werk Eine Erinnerung
an Solferino.
1. Februar
Die indianischen Faschingsburleske Häuptling
Abendwind von Johann Nestroy mit Musik von Jacques Offenbach wird in
Wien uraufgeführt
15. Februar
Die Oper Die Katakomben von Ferdinand Hiller wird in
Wiesbaden uraufgeführt
Im März- Juli
Nach anfänglichen Erfolgen im Halbinsel-Feldzug wird die US-Armee
vor der konföderierten Hauptstadt Richmond zurückgeschlagen
8. März
Das konföderierte
Panzerschiff CSS Virginia versenkt und zerstört am ersten Tag der Schlacht von
Hampton Roads mehrere Kriegsschiffe
der US-Marine
9. März
Duell der Panzerschiffe CSS Virginia und USS Monitor
am 2. Tag der Schlacht von Hampton Roads
14. März
Einnahme von New Bern nach einer schweren Schlacht in Carolina
28. März
Amerikanischer Bürgerkrieg – In der Schlacht am Glorieta Pass
unterbinden Unionstruppen der Nordstaaten das Vordringen konföderierter Kräfte
in den Südwesten.
6. April
Sieg der Nordstaaten in der Schlacht von Shiloh
28. April
Im Amerikanischen Bürgerkrieg nimmt der Unions-Admiral David Glasgow
Farragut mit seiner Flottille die konföderierte Stadt New Orleans ein.
5. Mai
Ein von Kaiser Napoléon III. entsandtes französisches Armeekorps wird in
der Schlacht bei Puebla von der mexikanischen Armee besiegt.
5. Mai
Die Armee der Nordstaaten bleibt im Sezessionskrieg in der Schlacht von
Williamsburg gegenüber einer Nachhut konföderierter Truppen Sieger.
20. Mai
US-Präsident Abraham Lincoln unterschreibt den Homestead Act, ein
Gesetz, das Farmern den Erwerb unbesiedelten Landes von bis zu 64 Hektar erlaubt
und auf die Besiedlung des Westens abzielt.
29. Mai
Teradaya-Vorfall in Fushimi (Japan), bei dem Samurai von Satsuma einen
Aufstand in den eigenen Reihen niederschlagen.
1. Juni
Der seit dem Vortag geführte Angriff konföderierter Truppen in der
Schlacht von Seven Pines auf Stellungen der Potomac-Armee der Nordstaaten endet
unentschieden. Die Nord-Virginia-Armee bricht ihren Kampf ab.
5. Juni
Im Vertrag von Saigon wird die Stadt zur Hauptstadt der französischen
Kolonie Cochinchina.
25. Juni
Im amerikanischen Sezessionskrieg beginnt mit der Schlacht am Oak
Grove eine Serie von kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Union und
den Südstaaten, die als Sieben-Tage-Schlacht bezeichnet wird.
1. Juli
Die Kämpfe in der Sieben-Tage-Schlacht im Sezessionskrieg zwischen den
Truppen der Nord- und Südstaaten enden insgesamt mit einem Erfolg für die
Südstaaten-Armee. Die Hauptstadt Richmond (Virginia) konnte nicht eingenommen
werden, doch wird dies mit einem Blutzoll von über 20.600 gegenüber rund 15.800
Soldaten der anderen Seite für die Konföderierten schwer erkauft.
17. August
Beginn des Sioux-Aufstandes in Minnesota
29. August
Die Schlacht am Aspromonte, einem Bergmassiv in
Kalabrien, gewinnen die piemontischen Truppen gegen die Freiwilligenverbände von
Giuseppe Garibaldi. Er wird im Kampf verletzt.
30. August
Sieg der Konföderierten in der seit dem 28. August tobenden Zweiten
Schlacht am Bull Run; in der Folge Einmarsch der Nord-Virginia-Armee in Maryland
17. September
Schlacht am Antietam, der „blutigste Tag der amerikanischen
Geschichte“. Die Nord-Virginia-Armee wird geschlagen und muss sich nach Virginia
zurückziehen. Kurze Zeit darauf später verkündet Abraham Lincoln die
Emanzipations-Proklamation.
22. September
Abraham Lincoln verkündet mit der Emanzipationserklärung das Ende
der Sklaverei in den Südstaaten der USA, die sich mit der Union im Krieg
befinden, mit Wirkung ab 1. Januar 1863. Die Endgültige Abschaffung erfolgt erst
im Dezember 1865 durch den 13. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten
Staaten.
30. September
In einer Rede vor der Budgetkommission des Abgeordnetenhauses
äußert Preußens Ministerpräsident Otto von Bismarck die Überzeugung, dass Eisen
und Blut die großen Fragen der Zeit entscheide. Er will eine Heeresreform
durchsetzen.
4. Oktober
In der zweiten Schlacht um Corinth erleiden die konföderierten
Truppen im Sezessionskrieg beim am Tag zuvor begonnenen Versuch, die Stadt
einzunehmen, eine Niederlage gegen die Armee der Nordstaaten.
8. Oktober
Die Schlacht bei Perryville im Amerikanischen Bürgerkrieg bringt
letztlich keiner Seite einen Vorteil.
13. Oktober
Bismarck löst mit seiner ersten Amtshandlung das preußische
Abgeordnetenhaus auf und verkündet ein „budgetloses Regiment“, wodurch der
Heereskonflikt zu einem handfesten Verfassungskonflikt wird.
24. Oktober
Durch einen Militärputsch wird König Otto I. von Griechenland
abgesetzt und außer Landes gezwungen.
26. Dezember
In Mankato findet die bis heute größte Massenexekution in der
Geschichte der USA statt. 38 zum Tode verurteilte Dakota-Krieger werden nach dem
gescheiterten Sioux-Aufstand öffentlich gehängt.
4. Februar
Bacardi wird als Destillerie in Santiago de Cuba gegründet.
5. April
In Wien kommt es zur Gründung des Lebensmittelhandels Julius Meinl.
1. Mai
In London findet eine Weltausstellung statt. Die Great London Exposition
dauert bis zum 1. November.
23. Juni
Auf der Strecke Hamar–Grundset nimmt in Norwegen die weltweit erste
Schmalspurbahn ihren Betrieb auf. Sie ist vom Eisenbahnpionier Carl Abraham Pihl
konzipiert.
13. Dezember
In Meiningen wird mit der Deutschen Hypothekenbank die erste reine
Hypothekenbank Deutschlands gegründet.
2. Mai
Die California State Normal School – heute San Jose State University –
wird in Kalifornien gegründet.
23. Mai
Der deutsche Astronom Eduard Schönfeld findet im Sternbild Haar der
Berenike die später als NGC 4383 erfasste Spiralgalaxie.
16. Juli
Lewis Swift entdeckt bei seinen Himmelsbeobachtungen einen neuen
Kometen. Drei Tage später stößt Horace Parnell Tuttle unabhängig von Swift auf
die gleiche Himmelserscheinung.
29. August
Heinrich Louis d’Arrest beobachtet die Galaxie NGC 403 im Sternbild
Fische.
23. September
Heinrich Louis d’Arrest entdeckt die Galaxie NGC 186 im Sternbild
Fische.
24. September
Heinrich Louis d’Arrest findet die Galaxie NGC 199 im Sternbild
Fische.
12. November
Der Asteroid Frigga wird von C. H. F. Peters entdeckt.
Im Juni
Lachgas wird als Narkosemittel eingesetzt
Im April
Victor Hugo veröffentlicht den Monumentalroman Les Misérables in 10
Bänden.
9. April
Uraufführung der Operette Estrella de Soria von Franz Berwald am
Königlichen Theater in Stockholm
20. Mai
Eröffnung des Museum der schönen Künste, Warschau
26. Juni
Uraufführung der komischen Oper Sarolta von Ferenc Erkel in Budapest
9. August
Uraufführung der Oper Béatrice et Bénédict von Hector Berlioz am
Theater am Goetheplatz in Baden-Baden
21. November
Uraufführung der Oper Blanche de Nevers von Michael William Balfe
im Covent Garden in London
13. Dezember
Katholische Sorben gründen den Cyrill-Methodius-Verein
Im März
Luise Löbbecke wird als erste Frau Ehrenbürgerin der Stadt Braunschweig
Im September
Pockenepidemie an der Pazifikküste Nordamerikas
31. Dezember
Untergang des Panzerschiffs "Monitor" im Sturm vor Cape Hatteras.
16 Tote