Der Terror richtete sich zunehmend gegen „RAF-untypische“ Opfer.
Braunmühl war Gegner des amerikanischen Raketenabwehr-Projekts,
Herrhausen setzte sich für Schuldenerlass für die Dritte Welt ein und
Rohwedder arbeitete für den ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaat.
Spätestens mit dem Mord am US-Soldaten Pimental im August 1985, allein
um an seine ID-Card für die Rhein-Main Air Base zu kommen, wurde die
Isoliertheit der RAF in der Gesellschaft der Bundesrepublik
offensichtlich. Sie konnte auf kein Sympathisantennetz mehr
zurückgreifen. Dieser Mord löste selbst bei einigen inhaftierten
RAF-Mitgliedern Unverständnis aus.
Im Gegensatz zu den ersten „Generationen“ der RAF beschränkte sich der
Internationalismus der letzten Vertreter nicht mehr nur auf vage
Solidaritätsbekundungen, sondern zielte auf die Herstellung einer
internationalen Front gegen die „imperialistische Bourgeoisie“ bzw.
gegen die NATO als „Kern der imperialistischen Macht“. Die Terroristen
versuchten ihre eigene europäische Einheit voranzutreiben, insbesondere
mit französischen, italienischen und belgischen Terrorgruppen. Dieser
Anspruch scheiterte jedoch trotz einiger gemeinsamer Aktionen und
logistischer Unterstützung bereits Mitte der achtziger Jahre am
Autonomiebeharren der einzelnen Organisationen. Paradoxerweise zeigten
sich in den Bemühungen staatlicher Behörden, die europäische
Terrorismusbekämpfung auf EU-Ebene zu koordinieren, ähnliche
Schwierigkeiten.
Staatliche Deeskalation und Auflösungsprozess der RAF
Anfang 1992 leitete Bundesjustizminister Klaus Kinkel eine
Deeskalationspolitik seitens der BRD ein, indem er für einen
Gewaltverzicht Hafterleichterung und Entlassung schwerkranker
RAF-Häftlinge anbot. Einige Mitglieder der Terrororganisation gingen auf
dieses Angebot ein und erklärten einen Gewaltverzicht gegen Personen.
Mit dem Sprengstoffanschlag auf die neugebaute JVA Weiterstadt am 27.
März 1993 verdeutlichte die RAF ihre neue Strategie, Sachschaden zu
verursachen, ohne dabei Menschen zu verletzen.
Bei dem GSG-9-Einsatz am 27. Juni
1993 in Bad Kleinen, um Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld
festzunehmen, starben Grams und der GSG-9-Beamte Michael Newrzella.
Daraufhin erklärten RAF-Hardliner um Brigitte Mohnhaupt eine Aufspaltung
der RAF. Die Mehrheit der in der Illegalität aktiven wie auch der
gefangenen RAF-Mitglieder fand sich 1994 zu einem allgemeinen
Gewaltverzicht bereit. In den Folgejahren wurden mehrere RAF-Inhaftierte
entlassen.
Am 20. April 1998 erklärte
die Terrororganisation ihre Selbstauflösung und das Scheitern ihres
„Projektes“. Trotz des Eingeständnisses einzelner Fehler sind ein
Schuldeingeständnis, Reue, Gesten der Entschuldigung oder eine Bitte um
Vergebung den Angehörigen der Terroropfer gegenüber bis heute
ausgeblieben.
Literatur zur Seite
Rote Armee Fraktion - Texte und Materialien zur Geschichte
der Rote Armee Fraktion
Bilder der Rote Armee Fraktion 1967-1977
Ein Gespräch zur Geschichte der Rote Armee Fraktion mit Stefan
Wisniewski
Terrorjahr 1977. Wie die Rote Armee Fraktion Deutschland
veränderte
Stammheim. Der Vollzugsbeamte Horst Bubeck und
die Rote Armee Fraktion-Häftlinge
Rudi Dutschke, Andreas Baader und die Rote Armee Fraktion
Der Baader Meinhof Komplex.
Das Rote Armee Fraktion-Phantom. Wozu Politik und Wirtschaft
Terroristen brauchen.
Die Rote Armee Fraktion. Rote Armee Fraktion. 14.5.1970 bis
20.4.1998
Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der Rote Armee Fraktion in
Deutschland
Briefe der Gefangenen aus der Rote Armee Fraktion 1973 - 1977
Vesper, Ensslin, Baader. Urszenen des deutschen
Terrorismus
Nie war ich furchtloser. Autobiographie von
Inge Viett