Das Musikjahr 2016 - David Bowie starb, Dylan bekam Literaturnobelpreis

Anfang des Jahres 2016 starb einer der großen „Helden“ in der Musikbranche, der Sänger David Bowie. Er kämpfte mit Leberkrebs, eine Diagnose, die er kannte, jedoch der Öffentlichkeit vorenthielt. Kurz vor seinem Geburtstag und seinem Tod, der überraschend zwei Tage nach den Feierlichkeiten erfolgte, erschien das neue Album „Blackstar“, das damit die fünfundzwanzigste Platte aus den Händen des vielseitigen Musikers war. Darauf enthalten waren Songs, die eine Mischung aus Artrock und Jazz darstellten.
Bowie ließ sich künstlerisch von vielen Einflüssen leiten und probierte etliche Richtungen aus, wobei er seinen individuellen Stil beibehielt. Im Gedächtnis bleibt die Kunstfigur „Ziggy Stardust“, die mit dem gleichnamigen Song als Bowies Alter Ego auferstand und von ihm effektvoll in Szene gesetzt wurde.
Andere Altrocker und Sängerinnen zeigten sich 2016 ebenfalls mit neuem und aktuellem Album.

So erschien von Udo Lindenberg die Platte „Stärker als die Zeit“, die sich über einige Wochen auf dem ersten Platz der Media-Control-Charts halten konnte.
Das Album lag dem Panikrocker sehr am Herzen und kam zeitgleich zu seinem 70. Geburtstag heraus. Der den Titel prägende Albumsong ist in der Grundmelodie von „A Time for Us“ von Nino Rota inspiriert, besser bekannt durch den Soundtrack des Films „Der Pate“.
Die Sängerin Cyndi Lauper versuchte sich mit einem neuen Album dem Genre „Country“ zu nähern. Mit „Detour“ sang sich die Musikerin die Seele aus dem Leib, präsentierte klassische Songs der fünfziger und sechziger Jahre. Lauper erhielt 2016 auch endlich den verdienten Stern auf dem „Walk of Fame“. Sie sang sich mit „Girls Just Want To Have Fun“ und „True Colors“ in die Herzen ihrer Fans. Letzterer Song verwies auf die wahren inneren Werte eines Menschen und wurde so zur Hymne der homosexuellen Subkultur. Auch danach setzte sich Lauper für die Gleichberechtigung der Homosexuellen ein und rief 2010 an der Seite von Lady Gaga zu Spenden auf, die Organisationen in diesem Bereich unterstützen sollten.
Von der skandalumwitterten Lady Gaga wiederum erschien im Oktober 2016 das Album „Joanne“, wobei der Titel der Name ihrer Großmutter ist, die bereits im Alter von 19 Jahren verstarb. Gaga setzte ihr damit ein musikalisches Denkmal.
In Richtung Blues und Jazz zeigten sich 2016 ebenfalls interessante Musikentwicklungen. Zunächst erschien ein letztes Album des Jazz-Bassisten Charlie Haden, das nach dessen Tod 2014 eine Art letztes Vermächtnis bleibt. Haden hatte die Idee dazu bereits 2007 und war in der Herausgabe an Alben allgemein sehr zurückhaltend. Im Ganzen nahm er vier hervorragende Platten auf, wobei das letzte Album „Time/Life“ dann durch seine Vertraute Carla Bley vollendet wurde. Über sie sagte Haden, dass sie Musik so hörte, wie er seine Arrangements wünschte.
Auch Norah Jones kehrte 2016 zum Jazz zurück, während sie sich zuvor auf Gitarrenkompositionen und Gemeinschaftsprojekte mit „Outkast“ oder den „Foo Fighters“ einrichtete. Bereits mit 22 Jahren schrieb Jones mit dem hervorragenden Debütalbum „Come Away With Me“ Musikgeschichte. Nun kam die Platte „Day Breaks“ heraus, auf der sie erneut vom Drummer Brian Blade begleitet wurde. Die neuen Songs machten einmal mehr deutlich, dass Jones sich im Jazz auskannte, wobei bereits Miles Davis sagte, dass die Freiheit in der Musik gerade für denjenigen möglich ist, der die Regeln kennt, um diese dann nach eigener Fasson zu ändern. Dieses Statement untermalen Balladen auf dem Jones-Album wie „Peace“, ein Stück von Horace Silver, „Carry On“ von Les McCann oder die hervorragende Interpretation des Neil Young-Songs „Don’t Be Denied“.
Leonard Cohen wiederum präsentierte sich 2016 mit dem neuen Album „You Want It Darker“ und löste eine Diskussion an Deutungen aus. Zur Literaturnobelpreisvergabe an Bob Dylan, der darüber die Schultern zuckte und lange verschwunden war, so dass der Preis ihn nicht überreicht werden konnte, fand Cohen das beste Kompliment. Für ihn sei diese Entscheidung etwa so, „als würde man ein Schild vor dem Mount Everest errichten, auf dem ‘höchster Berg der Welt’ steht.“
Dylan war seit mehreren Jahren Favorit für die Vergabe, da er nicht nur als Musiker, sondern durch seine einstigen Songtexte auch als Poet galt. Während es ihn selbst kalt ließ, jubelte die Musikwelt und klatschte Beifall.
Auf seinem neuen Album führte Cohen erneut sein übliches musikalisches Zwiegespräch mit Gott, darunter teilweise auch in hebräischen Wortlauten ausgedrückt. Scheinbar geht es dem Musiker um die Auseinandersetzung mit dem Ende des Lebens, wobei das Tempo der Songs einem ruhigen und langsamen Pulsschlag entspricht. Die Reihe an Freunden in Cohens Leben lichtete sich jüngst mit dem Tod seiner alten Liebe und Freundin Marianne Ihlen. Die Fans und Musikkritiker nahmen das Album als musikalisch umgesetzte Lebensmüdigkeit wahr, zumal auf der Platte auch Songs wie „I’m Ready to Die“ enthalten sind. Der bereits 82-Jährige stritt die Gerüchte jedoch vehement ab. Nach seinen Angaben würde er in seinen Gedichten und Songs häufig zur Selbstdramatisierung neigen, was einen Teil seiner Musik ausmacht. Er hätte auch nichts dagegen, 120 Jahre alt zu werden oder gar ewig zu leben. Wie ein verfrühtes Requiem wirkte das Album tatsächlich nicht. Im Gegenteil war es vital ausgewogen, wobei der Kabbalistiker in seinen Texten häufig in die Rolle biblischer Charaktere schlüpfte, darunter Hiob, Jesus oder Abraham. Das durfte dann auch gerne als Augenzwinkern verstanden werden.