Deutschland Politik 1983 – Gründung der „Republikaner“ in der BRD
Zu Beginn des Jahres 1983 hatte Bundespräsident Karl
Carstens den Bundestag aufgelöst und für den 6. März
Neuwahlen angesetzt. Die SPD hatte Hans-Jochen Vogel zum
Kanzlerkandidaten nominiert. Bei den Neuwahlen erreichte
die CDU/CSU 48,8 Prozent der Stimmen. Die FDP bekam
trotz des Koalitionswechsels nur noch 6,9 Prozent der
Stimmen. Zum ersten Mal seit 18 Jahren war die SPD unter
die 40-Prozent-Marke gefallen, sie erzielte 38,2
Prozent. Die Grünen konnten die 5-Prozent-Hürde
überwinden. Sie zogen mit 5,6 Prozent der Stimmen in den
Bundestag ein. Der bayerische Ministerpräsident Franz
Josef Strauß teilte seinen Verzicht auf ein Ministeramt
in Bonn mit, er blieb weiterhin Ministerpräsident von
Bayern.
Zum Ende des Monats März wurde Rainer Barzel zum
Bundestagspräsidenten gewählt. Damit nahm dann der 10.
Bundestag seine Arbeit auf.
Die Beziehungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik
wurden gewaltig getrübt, nachdem ein Transitreisender
aus der BRD während eines Verhörs durch DDR-Organe an
Herzversagen verstorben war. Ein weiterer
Transitreisender starb 16 Tage später während einer
Zollabfertigung an einem Herzinfarkt. Dadurch spitzten
sich die instabilen Beziehungen zwischen den beiden
deutschen Staaten weiter zu und galten nun als gestört.
Als dann das Mitglied des Politbüros der SED Günter
Mittag, der auch zuständig für Wirtschaftsfragen war,
die Hannover-Messe besuchte und nach Bonn weiterreiste,
um sich mit dem Bundeswirtschaftsminister Otto Graf
Lambsdorff und weiteren Wirtschaftsvertretern zu
treffen, verweigerte ihm
Bundeskanzler Helmut Kohl den
Empfang. Der Grund waren die ungeklärten Todesfälle von
den beiden westdeutschen Transitreisenden. Der Vorfall
lag ja gerade eine Woche zurück. Erbost darüber, dass
Günter Mittag nicht von Kohl empfangen worden war, gab
auch der Staatsratsvorsitzende
Erich Honecker seinen
Unmut kund und sagte aus Protest den geplanten Besuch in
der Bundesrepublik ab.
Die innerdeutschen Beziehungen war durch diese Vorfälle
alles andere als rosig. Als dann – im Mai – fünf
Bundestagsabgeordnete der Grünen in der DDR-Hauptstadt
Ost-Berlin auf dem Alexanderplatz für Abrüstung
demonstrierten, wurden sie von den
DDR-Sicherheitsorganen verhaftet. Natürlich wurden sie
später wieder freigelassen, aber die Schlagzeilen warfen
kein gutes Licht auf die DDR.
Auch nicht gut kam es an, als
Erich Honecker im Oktober
gegenüber ausländischen Journalisten zum ersten Mal von
Selbstschussanlagen sprach. Er räumte die Existenz
solcher Anlagen ein, milderte diese Tatsache allerdings
ein wenig ab, als er gleichzeitig deren Abbau
ankündigte.
Um wie viel mündiger die BRD-Bürger im Vergleich zur
DDR-Bevölkerung waren, zeigte sich auch in der
„Aktionswoche“, die im Oktober zur Bildung einer 108 km
langen Menschenkette gegen die NATO-Nachrüstungen
führte, die zwischen Stuttgart und Neu-Ulm gebildet
worden war. Zeitgleich war in Bonn eine Großkundgebung
abgehalten worden.
Als sei die BRD kein gastfreundliches Land. So schien
es, als im Juni der US-Vizepräsident George Bush die BRD
besuchte. Damit löste er Demonstrationen und Krawalle
aus. Dafür empfing der DDR-Staatsratsvorsitzende in
aller Form den Regierenden Bürgermeister von
West-Berlin, Richard von Weizsäcker. Vielleicht konnten
die Beziehungen ja wieder ein wenig ins Gleichgewicht
gerückt werden.
Mit Skepsis und Sorge wurde der Austritt der
Bundestagsabgeordneten Franz Handlos und Ekkehard Voigt
aus der CSU gewertet, die daraufhin in München die
Partei „Die Republikaner“ gründeten.
Wenigstens war die bis dato größte Neonazi-Organisation
der BRD „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale
Aktivisten“ von der Bundesregierung am 6. Dezember
verboten.
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