Politik 1970 – Gründung der RAF

Das Jahr 1970 eröffnete mit einem politischen Erfolg für die Bevölkerung: Damals trat die Lohnfortzahlung für Arbeiter im Falle einer Erkrankung in Kraft. Und damit waren die Otto-Normal-Arbeiter den Angestellten auch in diesem Punkt gleichgestellt.
Im März 1970 traf Bundeskanzler Willy Brandt den DDR-Ministerratsvorsitzenden Willi Stoph in Erfurt. Stoph selbst Forderte von Brandt, die völkerrechtlichen Beziehungen, die die DDR mit der BRD zukünftig pflegen wollte, als unabhängige und souveräne Staaten zu führen. Brandt dagegen wollte die innerdeutschen Beziehungen als besonderen deutsch-deutschen Dialog sehen. Eine wirkliche Annäherung gab es hier überhaupt nicht. Trotzdem wurde der deutsche Bundeskanzler von tausenden Menschen in Erfurt jubelnd begrüßt. Die DDR-Bürger hatten sich an den Straßenrändern postiert, um Brandt zu sehen. Einige sollen dabei sogar die Absperrungen zum Hotel Erfurter Hof durchbrochen haben, in dem sich der Kanzler während des Besuches befand. Der Grund für so viel „Aufruhr“: Sie wollten Willy Brandt selbst zu Gesicht bekommen. Nur wenige Monate danach kam es zu einem zweiten Treffen zwischen Brandt und Stoph – diesmal in Kassel. Diese vermeintliche deutsch-deutsche Annäherung weckte vor allem in der Bevölkerung der DDR Hoffnungen, dass sich hier etwas in Richtung Freiheit und Demokratie ändern könnte. Das allerdings sollte – wie die Geschichte zeigte – noch fast zwei Jahrzehnte lang andauern!
1970 war das „Internationale Jahr der Bildung“, ausgerufen von den Vereinten Nationen (UNO). Die verschiedensten Veranstaltungen, Experten und Wissenschaftler machten das ganze Jahr über auf das wichtige Thema aufmerksam. Das Jahr der Bildung sollte auch die politischen Parteien erreichen. Diese sollten sich ebenfalls noch intensiver informieren und sich möglichst auch dafür „stark“ machen.
Anfang April befand sich die US-Raumfahrtmission Apollo 13 im Anflug auf den Mond – der Plan, das insgesamt dritte Mal auf dem Mond landen zu können, musste allerdings vorzeitig aufgegeben werden. Der Grund war für die drei Besatzungsmitglieder an Bord lebensgefährlich: Einer der beiden Sauerstofftanks war explodiert. Nach rund 56 Stunden Flug funkte der amerikanische Astronaut James Lovell den weltbekannten Spruch: „Houston, wir haben ein Problem“ in Richtung Erde. Die Crew an Bord versuchte – gemeinsam mit den Wissenschaftlern und Ingenieuren, die sich auf der Erde befanden – eine Rettungsaktion zu starten. Das Drama nahm ein glückliches Ende. Die drei Astronauten kamen lebend wieder auf dem Planeten Erde an.
In Deutschland kam es 1970 zur Gründung der Roten Armee Fraktion (RAF), zu deren Gründungsmitgliedern u. a. Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler und Ulrike Meinhof gehörten.

RAF-Führung im Gefämgnis

Einer der führenden Köpfe der RAF, Andreas Baader, befand sich 1970 in einem Berliner Gefängnis. Er war zu drei Jahren Haft verurteilt worden wegen Brandstiftungen in zwei Kaufhäusern in Frankfurt am Main. Während eines so genannten Ausführungstermins in Berlin gelang es Ulrike Meinhof mit einigen anderen RAF-Mitgliedern, Baader zu befreien und gemeinsam mit ihm zu flüchten. Der Hintergrund: Da die JVA in Berlin-Tegel für eine Befreiung nicht in Frage kam, erfand Ulrike Meinhof die Geschichte, dass sie mit Baader gemeinsam ein Buch schreiben wolle. Darin sollte es um „randständige Jugendliche“ gehen. Um mit Baader ein „Quellenstudium“ vornehmen zu können, durfte der Häftling für drei Stunden aus der Vollzugsanstalt – natürlich unter Bewachung. Diese Zeit nutzte die RAF, um ihren Plan durchsetzen zu können. Es gelang Ulrike Meinhof und weiteren Mitgliedern der RAF, zwei Justizbeamte zu überwältigen und mit Baader gemeinsam durch ein Fenster zu fliehen. Diese Aktion gilt heute als „Geburtsstunde“ der Roten Armee Fraktion. Die RAF bestand etwa drei Jahrzehnte und war u. a. für 34 Morde, zahlreiche Sprengstoffattentate und mehrere Banküberfälle verantwortlich.
Gegen Ende des Jahres schloss die Bundesrepublik Deutschland mit der Sowjetunion den Moskauer Vertrag. Darin gaben beide Staaten u. a. an, sich für den internationalen Frieden einzusetzen.
Der Moskauer Vertrag sah ebenfalls vor, dass ein Entspannungsprozess eingeleitet werden
sollte, der die politisch brisante Lage in Europa wieder „normalisieren“ würde. Das bedeutete auch, dass die bestehenden Grenzen Europas geachtet und keinerlei weitere Gebietsansprüche geltend gemacht werden sollten. Bundeskanzler Willy Brandt und Walter Scheel (als Außenminister) unterzeichneten diesen Vertrag mit dem damaligen Ministerpräsidenten der UdSSR, Alexei Kossygin, und Außenminister Andrej Gromyko in Moskau. Das alles war jedoch noch lange nicht das Ende des Kalten Krieges.
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