Literatur 1972 Literaturjahr

Als zweiter deutscher Literat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erhielt im Jahr 1972 der deutsche Schriftsteller Heinrich Böll den Nobelpreis für Literatur. Im Jahr 1966 hatte ihn die deutsche Lyrikerin Nelly Sachs für ihre Dichtung erhalten, nun ging die bedeutendste Auszeichnung im Bereich der Literatur an einen Mann, der vor allem durch seine erzählende Prosa berühmt geworden war und wie kaum ein anderer die Literatur der Nachkriegszeit geprägt hatte.
Der linksintellektuelle katholische Schriftsteller aus Köln widmete sich in seinen Werken gerade unmittelbar nach dem Krieg vor allem der zentralen und verstörenden Erfahrung der Kriegsjahre sowie der Entwicklung der Gesellschaft in Nachkriegsdeutschland, an individuellen Figuren demonstrierte er in seiner Prosa die vorherrschenden und maßgeblichen Schwierigkeiten, Probleme und Erfahrungen. Anfangs widmete sich Böll vor allem Kurzgeschichten, wie das auch sein Schriftstellerkollege Wolfgang Borchert tat, die große Form schien dem Elend der Nachkriegszeit kaum angemessen, vielleicht fehlten auch angesichts der geschichtlichen Katastrophe, die sich abgespielt hatte, schlichtweg die Worte für große und welthaltige Romane.
Von maßgeblicher Bedeutung für den literarischen Werdegang Heinrich Bölls war vor allem sein Kontakt mit der Gruppe 47, bei der er im Jahr 1951 sein literarisches Debüt hatte. Er gewann den vor allem für den Erfolg eines deutschen Schriftstellers in der Nachkriegszeit und dessen Bekanntheit bei den Medien wichtigen Preis der Gruppe 47 und erlangte so Kontakt zum Verlagshaus Kiepenheuer & Witsch, in dem er unter Vertrag genommen wurde. In den Folgejahren hatte Böll, der zuvor schon einige Kurzgeschichten und Romane geschrieben und veröffentlicht hatte, damit jedoch nicht auf große Resonanz beim Publikum und der Kritik gestoßen war, eine schöpferische Phase und brachte einige seiner wichtigsten Werke auf den Markt, die ihm noch heute internationalen Ruhm einbringen, so unter anderem den Roman "Ansichten eines Clowns", der im Jahr 1963 veröffentlicht wurde und die Verzweiflung eines Mannes über die fragwürdigen und flexiblen Werte der Nachkriegsgesellschaft schildert.
Heinrich Böll profilierte sich nicht als publikumsferner Künstler im Elfenbeinturm, sondern war eine Person des öffentlichen Lebens, die aktiv an der politischen Debatte mitwirkte und auch in den Wirren der 68er Jahre klar Stellung bezog, vor allem zu den Machenschaften der Springer-Presse.
Chronik 1972 Literatur
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