Literatur 1962 Deutschland
Die Literatur der 1960er Jahre ist geprägt von
Aufbruchsstimmung und Aggression, von Innovation und
revolutionären und rebellischen Tendenzen. Gerade
der Jugend war es daran gelegen, sich für eine
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der
Vätergeneration stark zu machen, sich im Zuge von
Demonstrationen und Studentenbewegungen einzusetzen
für ein Umdenken der Gesellschaft. In Reaktion auf
die politischen Tendenzen der Zeit wandte sich auch
die Literatur vermehrt
gesellschaftlichen und
kritischen Fragestellungen zu, die Kunst wurde eines
reinen Autonomiecharakters enthoben und in das
Zeichen der Funktionalität gestellt.
Neben der innerdeutschen Auseinandersetzung mit der
jüngsten Vergangenheit, der Aufarbeitung des
Holocaust, die Werke wie Peter Weiss'
Dokumentartheater "Die Ermittlung" hervorbrachte,
waren es auch Bewegungen und Wertvorstellungen aus
anderen Ländern, welche die Jugendlichen und jungen
Leute der 1960er Generation beeindruckten und
beeinflussten. So sorgte vor allem die aus Amerika
stammende Hippie-Bewegung für Aufbegehren gegen
überkommene Vorstellungen, für einen Ausbruch aus
tradierten Normvorstellungen und Ideale von Freiheit
und Liebe, die versuchsweise umgesetzt wurden in dem
Zusammenleben in Kommunen und Waldsiedlungen.
Eng verbunden mit dieser Lebensform und der
deutsch-amerikanischen Beeinflussung ist vor allem
der Name des Schriftstellers
Hermann Hesse, der im
Jahre 1962 verstarb. Obwohl Hesses literarische
Schaffensperiode und die Veröffentlichung seiner
wichtigsten Werke vor allem auf die erste Hälfte des
20. Jahrhunderts zu datieren sind und er anfänglich
noch stark in der Tradition der Literatur des 19.
Jahrhunderts stand, wurden seine Schriften zum
Signum für eine neue Generation.
In Amerika brach eine regelrechte Hesse-Welle aus,
die von dort ausgehend auch die deutsche Jugend
erneut ergriff. Gerade die Ideale, die Hesse in
seinem Roman "Der Steppenwolf" vertrat, nach dem
sich auch eine deutsche Rockband im Zuge der neu
belebten Rezeption benannte, wurden zum Leitbild
einer Generation, die sich außerhalb einer
Gesellschaft sah, deren Wertvorstellungen sie nicht
mehr vertreten konnte. Die innerliche Zerrissenheit
des Protagonisten Harry Haller, der wieder hier noch
dort verankert war und zum Teil Bürger, zum Teil
Steppenwolf bleiben musste, wurde als
Identifikationspotential für eine Jugend
herangezogen, die sich neu zu finden und erfinden
versuchte.
So wurde Hesse, der 1962 starb, gerade in den Jahren
nach seinem Tod nochmals zur literarischen
Leitfigur, zum Idol einer neuen Generation, nachdem
seine Werke in den Jahrzehnten davor dem Vorwurf der
Epigonalität ausgesetzt gewesen waren.
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