Die
Literatur in den siebziger Jahren
Bewegungsdrang, Aufruhr, Aktivismus und Terrorismus:
Die politischen Unruhen, die sich bereits in den
1960er Jahren
angekündigt und unter der Oberfläche gebrodelt
hatten, brachen sich in den 1970er Jahren endgültig
Bahn. Die Protestbewegungen der
68er Jahre
verschärften sich, studentischer Demonstrationsgeist
glitt ab in den terroristischen Untergrund. Die 70er
Jahre des 20. Jahrhunderts in
der Bundesrepublik Deutschland standen unter dem
Schatten der
RAF, auch bekannt als
Baader-Meinhof-Gruppe, die von anfänglichen
Flugblättern und öffentlichen Demonstrationen
übergegangen war zu
terroristischen Übergriffen,
Anschlägen und Entführungen. Im Jahre 1977 fanden
die Ereignisse ihren Gipfelpunkt in der Entführung
und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns
Martin Schleyer und der sich daran anschließenden
Entführung des Lufthansaflugzeugs "Landshut", dessen
Passagiere als Geiseln genommen wurden.
Diese zunehmende Verschärfung und Zuspitzung der
politischen Lage führte dazu, dass die
politisierende Tendenz, die vor allem von der
Literatur der 60er Jahre Besitz ergriffen hatte, in
den 70er Jahren wieder aufgeben wurde. Der Wandel
der anfangs friedlichen Proteste, der Umschlag des
geistigen Aufbegehrens in tätige Gewaltbereitschaft
bot keinen Raum mehr für eine literarische
Überformung der Gegebenheiten. Die Schriftsteller
wandten sich gegen die politische Tendenz und
suchten wieder in sich selbst nach der Mitte ihres
literarischen Schaffens. Die Zuwendung zum eigenen
Ich, zu Individualität und inneren Befindlichkeiten
ging in die Geschichte der deutschen Literatur ein
unter den Begriffen "Neue Innerlichkeit" und "Neue
Subjektivität".
Ein prominentes Beispiel dieser neuen Literatur, der
entpolitisierten Hinwendung zur Identität und zur
Innerlichkeit, ist
Martin Walsers
1977 erschienene
Novelle "Ein fliehendes Pferd". Obwohl das Werk
ursprünglich als Nebenarbeit und in einem Zeitraum
von wenigen Wochen entstand, bescherte es dem
Schriftsteller anhaltenden Erfolg, es erfreut sich
stetiger Aktualität und wurde im Jahr 2007 verfilmt.
Gerade die mit dieser Erzählung vollzogene Abwendung
von früherem politischem und sozialistisch geprägtem
Schreiben hin zu dem Bestreben, die Welt nicht mehr
verändern, sondern lediglich ein Stück davon
aufzeigen zu wollen, beeindruckte die Kritiker,
beispielsweise den "Literaturpapst" Marcel
Reich-Ranicki, nachhaltig.
Reich-Ranicki ist auch die Titulierung als "Neue
Subjektivität" zu verdanken, mit diesem Stichwort
beschrieb der Kritiker die Tendenz der Literatur der
70er Jahre, sich als Gegenbewegung zur politisch
engagierten Literatur Themen des persönlichen Lebens
und des Privaten zuzuwenden. Mit diesem Wandel ging
auch eine Veränderung des stilistischen Vorgehens
einher, die Sprache wurde der Handlung und dem
Ereignisrahmen angepasst und wies eine Betonung des
Emotionalen, des Subjektiven auf. Oftmals wurden
auch autobiographische Elemente in den Texten
verarbeitet. Trotz der Wendung zum Inneren hin griff
die Literatur der Neuen Subjektivität auch aktuelle
Ereignisse auf und wandte sich
gesellschaftskritischen Fragen wie der
Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, der
aufkeimenden Emanzipation und der Umwelt zu.
Zu den Autoren, die mit ihren Werken ebenfalls zum
Teil zur Neuen Subjektivität zu zählen sind, finden
sich Namen wie Ulla Hahn, Reiner Kunze, Sarah
Kirsch, Ulrich Plenzdorf, Rolf Dieter Brinkmann,
Thomas Bernhard und
Peter Handke.
Bücher zur Kunst der 70er Jahre
Die 13- 18- Jährigen: Einführung in die Probleme
des Jugendalters
"So erzieht man keinen Menschen!"
Lebens- und Berufserinnerungen aus der Heimerziehung
der 50er und 60er Jahre
Haben sich die Bildungschancen für Kinder von
Arbeitern gebessert
aus den unteren Schichten durch die
Bildungsexpansion der 60er und 70er Jahre
verbessert?
Medienkultur der 60er Jahre. Diskursgeschichte der
Medien nach 1945
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