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Filmjahr
1945 – NS-Kapitulation und ein Schweizer
Meisterwerk
Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Deutsche Wehrmacht,
Deutschland und Österreich wurde in Besatzungszonen
eingeteilt und am 20. November desselben Jahres
begannen die Nürnberger Prozesse gegen hochrangige
NS-Kriegsverbrecher. Hitler hatte seinem Leben
bereits am 30. April 1945 ein Ende gesetzt. Die
Nachkriegszeit hatte begonnen.
Viele deutsche Städte waren zerstört, die
Trümmerfrauen mussten ganze Arbeit leisten. Die
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die
Filmproduktion waren denkbar ungünstig, denn die
Alliierten hatten das Vermögen der Dachgesellschaft
Ufa-Film beschlagnahmt und kontrollierten die
kulturellen Aktivitäten. Im Rahmen der
Entnazifizierung sahen viele Deutsche erstmals
Filmbilder der NS-Konzentrationslager, die
schockierten. Es wurden wieder ausländische
Spielfilme gezeigt, aber ohnehin waren die meisten
Kinos noch zerstört. Beliebt
waren in jener Zeit
Filme mit Charlie Chaplin (1889-1977) oder auch
US-Melodramen.
Noch zu Jahresbeginn 1945, der Krieg war noch nicht
zu Ende, da wurde ein Film in Berlin und in der
umkämpften Atlantikfestung La Rochelle uraufgeführt
– „Kolberg“. NS-Propagandaminister Joseph Goebbels
(1897-1945) hatte den Film zum 12. Jahrestag der
Machtergreifung der Nationalsozialisten dem
Regisseur Veit Harlan (1899-1964) angetragen und ihm
in einem Schreiben die gewünschte propagandistische
Funktion des Films mitgeteilt. Der Agfacolor-Film
der Ufa basiert auf dem gleichnamigen Schauspiel von
Paul Heyse (1830-1914) und der Autobiografie des
deutschen Volkshelden Joachim Nettelbeck
(1738-1824). Goebbels hatte sich einen aufwändigen
Propagandafilm vorgestellt, der in der letzten Phase
des Zweiten Weltkrieges den Durchhaltewillen des
deutschen Volkes stärken sollte. Entstanden war der
Film von 1943 bis 1944. Der Farbfilm war mit 8,8
Millionen Reichsmark Produktionskosten der teuerste
Film der NS-Zeit. Tausende Wehrmachtssoldaten
wirkten als Statisten mit und mehr als tausend
Pferde, für die schwierige Kriegslage ein gewaltiger
Aufwand. Um im Sommer Szenen im Dreh drehen zu
können, wurden einmal 100 Eisenbahnwaggons mit Salz
an den Drehort in Pommern gebracht. Der Etat des
Pyrotechnikers betrug allein 400.000 RM. Nach der
Fertigstellung von „Kolberg“ kürzte Goebbels den
Film erheblich. Er wollte angesichts der
verheerenden Bombenangriffe auf deutsche Städte dem
Zuschauer die Metzeleien der übermächtigen
napoleonischen Armee nicht zumuten. Der Film kam
jedoch offenbar zu spät. Die erhoffte
propagandistische Wirkung bliebe aus, die Leute
wollten ihn nicht sehen. „Kolberg“ war der letzte
Film, der das Prädikat „Film der Nation“ verliehen
bekam. Nach 1945 wurde der Film in allen vier
Besatzungszonen Deutschlands verboten. Er ist bis
heute ein Vorbehaltsfilm. Als Joachim Nettelbeck war
Heinrich George (1893-1946) zu sehen und die
weibliche Hauptrolle der Maria verkörperte Kristina
Söderbaum (1912-2001), die unter der Regie ihres
Ehemanns Veit Harlan in der NS-Zeit ihre größten
Erfolg feierte.
Einer der bedeutendsten Schweizer Theater- und
Filmregisseure, Leopold Lindtberg (1902-1984) schuf
mit dem Film „Die letzte Chance“ eine der
berühmtesten Produktionen der Schweizer
Filmgeschichte. Die Dreharbeiten hatten schon im
November 1944 begonnen. Der Film war Anfang Mai 1945
vollendet. Die Uraufführung dieses Flüchtlingsdramas
fand in Zürich am 26. Mai statt. Die Rolle der Frau
Wittels war mit Therese Giehse (1898-1975) glanzvoll
besetzt. Nach seiner Uraufführung erlebte der Film
einen weltweiten Triumphzug, der unvergleichlich
war. Seine deutsche Uraufführung erlebte „Die letzte
Chance“ am 11. April 1946.
Der italienische Regisseur Roberto Rossellini
(1906-1977) schaffte mit dem am 27. September 11945
uraufgeführten Film „Rom, offene Stadt“ seinen
Durchbruch mit dem Italienischen
Neorealismus. Der
Film entstand noch während des Zweiten Weltkriegs.
Am Drehbuch hatte Federico Fellini (1920-1993)
mitgearbeitet. Der Film ist eines der wichtigsten
Werke des Genres Autorenfilme des 20. Jahrhunderts.
Mit der Rolle der Pina wurde Rossellinis
Lebensgefährtin Anna Magnani (1908-1973) über Nacht
zu einem neuen international gefeierten Filmstar
Italiens.
Die 17. Oscarverleihung
Am 15. März wurden die „17th Annual Academy Awards“
für das Vorjahr (1944) in Los Angeles verliehen. Die
Verleihung wurde dieses Mal im Grauman's Chinese
Theatre veranstaltet und neben Bob Hope auch durch
den Schauspieler und Regisseur John Cromwell
mitmoderiert.
Als „Bester Film“ des Jahres 1944 wurde „Der Weg zum
Glück“ („Going My Way“) von Leo McCarey
ausgezeichnet. Außerdem erhielt Leo McCarey auch den
Oscar für die beste Regie für diesen Film. Den Oscar
für den „Besten Hauptdarsteller“ erhielt Bing Crosby
ebenfalls „Der Weg zum Glück“. Als „Beste
Hauptdarstellerin“ wurde Ingrid Bergmann für den
Film „Das Haus der Lady Alquist“ („Gaslight“)
ausgezeichnet. Der Oscar für den "Besten
Nebendarsteller" ging dieses Jahr an Barry
Fitzgerald für seine Rolle im bereits mehrfach
preisgekrönten "Der Weg zum Glück".
Den Ehrenoscar erhielt der Schauspieler, Komiker und
Entertainer Bob Hope, der auch die Verleihung zum
Teil mitmoderiert hatte.
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