Filmjahr  1930 – Marlene Dietrich und „Der blaue Engel“

In den Vereinigten Staaten und auch in Europa entstanden Filme, die sich schnell als Klassiker etablierten und Kultstatus errangen. Einer dieser Filme war „Der blaue Engel“, mit dem Marlene Dietrich (1901-1992) an der Seite von Emil Jannings (1884-1950) ihren Durchbruch schaffte. Als erotisch-laszive Tingel-Tangel-Sängerin umgarnte sie den alternden Lehrer, verführt ihn und stürzte ihn in den Ruin.
Emil Jannings war der Lehrer. Der Song „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ hätte die Charts gestürmt, wenn es die zu jener Zeit schon gegeben hätte. Die Dietrich hatte ihre Schauspielkarriere im Berlin der Goldenen Zwanziger begonnen. Mit der Hauptrolle in dem Film von Josef von Sternberg (1894-1969) war ihr nun zusätzlich zum deutschen Ruhm auch der internationale Erfolg beschieden gewesen. Und der war gewaltig. Als Sternberg im selben Jahr in die USA ging, verließ auch die Dietrich Deutschland und drehte unter seiner Regie 1930 „Marokko“, wofür sie eine Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin bekam.
Vielleicht war er nicht gerade ein Klassiker, aber er war dennoch ein bekannter Film, der ebenfalls 1930 in die deutschen Kinos kam. Mit „Die Drei von der Tankstelle“ reihte sich Heinz Rühmann (1902-1994) in die Reihe der großen deutschen Schauspieler ein, der vor allem das heitere und anrührende Genre zu bedienen verstand. Das machte ihn in den Folgejahren zu einem der beliebtesten Schauspieler Deutschlands.
Noch ohne Ton, aber mit dem Anspruch, sich ins kollektive Filmgedächtnis einzuprägen, wurde aus der UdSSR der Stummfilm „Erde“ von Oleksandr Dowschenko (1894-1956) veröffentlicht. Die expressionistischen Errungenschaften aus Deutschland, die unter anderem bei den Arbeiten von Fritz Lang (1890-1876) zu finden waren, setzte Dowschenko ebenfalls ein und brachte sie in verfeinerter Form zum Einsatz. Sein Stummfilm „Erde“ erreichte im westlichen Ausland enorme Popularität. Die formale und Aufsehen erregende Filmgestaltung, gilt als Vorläufer der modernen Avantgarde. Der Film hatte den Status als „Meilenstein des sowjetischen Revolutionskinos“ erlangt. Der Film, der im historischen Kontext des ersten sowjetischen Fünf-Jahres-Plans stand, wurde um vier Szenen gekürzt. Die Zensurbehörden hatten sie als zu freizügig angesehen. „Erde“ gilt als einer der bekanntesten Stummfilme der UdSSR.
Aus den USA kam ein Film, für den der gleichnamige Antikriegsroman von Erich Maria Remarque (1898-1970) als Vorlage gedient hatte – „Im Westen nichts Neues“. Inszeniert hatte diesen Film Lewis Milestone (1895-1980). Dieser Film ging als einer der bekanntesten und beeindruckendsten Antikriegsfilme in die cineastische Geschichte ein. Zu jener Zeit waren noch viele Kinos lediglich auf Stummfilme eingerichtet, deshalb kam dieser Streifen in zwei Fassungen heraus, einmal als Stummfilm und einmal als Tonfilm. Für die deutschen Kinos wurde der Film als einer der ersten synchronisiert. Der Lohn für dieses Meisterwerk waren zwei Oscars. Es wurde als „Bester Film“ geehrt und der Milestone erhielt die Auszeichnung in der Kategorie „Beste Regie“. Im Jahr 1990 wurde „Im Westen nichts Neues“ in die National Film Registry aufgenommen.
Seine erste Tonfilmregie lieferte der französische Regisseur René Clair mit „Unter den Dächern von Paris“ ab. Seine Welturaufführung erlebte der Film am 2. Januar 1930 in Paris, in Deutschland hatte er im August desselben Jahres Premiere. Die zeitgenössische und die auch die Nachkriegskritik widmete diesem außergewöhnlichen Film sehr viel anerkennende Aufmerksamkeit.
Das Jahr 1930 war auch das Jahr der Gründung der Filmproduktionsfirma „20th Century Pictures“.

Die 2. Oscar-Verleihung
Am 3. April 1930 fanden die „2nd Annual Academy Awards“ in Los Angeles statt. Es handelte sich dabei um die Auszeichnung der Filme aus dem Zeitraum des 2. August 1928 bis zum 31. Juli 1929. Die Oscarverleihung im Ambassador Hotel fand in jenem Jahr erneut im Rahmen eines
Banketts statt und wurde im Vergleich zu der Verleihung im Jahre 1929 zusätzlich im Radio übertragen. Eine weitere Besonderheit zum Vorjahr war die Tatsache, dass die Gewinner nicht mehr im Vorfeld bekannt gegeben wurden und deren Namen erst innerhalb des Banketts verlesen wurden. Außerdem gab es auch keine vorherigen Nominierungen, sondern nur die Bekanntgabe der Gewinner durch die Jury.
Als „Bester Film“ wurde „The Broadway Melody“ von der Filmgesellschaft Metro-Goldwyn-Mayer gekürt. Zum „Besten Hauptdarsteller“ wurde Warner Baxter für den Filmstreifen „In Old Arizona“ ausgezeichnet. Von den weiblichen Schauspielerinnen gelang es Mary Pickford für „Coquette“ den Oscar als „Beste Hauptdarstellerin“ zu bekommen. Für die „Beste Regie“ wurde Frank Lloyd für seinen Film „Die ungekrönte Königin“ („The Divine Lady“) ausgezeichnet. Das „Beste Drehbuch“ stammt von Hanns Kräly für „Der Patriot“ („The Patriot“). In der Kategorie „Beste Kamera“ gewann Clyde De Vinna für das Drama „Weiße Schatten“ („White Shadows in the South Seas“). Den Oscar für das „Beste Szenenbild“ erhielt Cedric Gibbons für die Buchverfilmung „Die Brücke von San Luis Rey“ („The Bridge of San Luis Rey“).

Die 3. Oscar-Verleihung
Noch im selben Jahr fanden am 5. November 1930 auch die “3rd Annual Academy Awards” statt. Dies sollte künftig vor allem ermöglichen, Filme aus dem Vorjahr auszeichnen zu können. So wurden bei der dritten Verleihung die Filme vom 1. August 1929 bis zum 31. Juli 1930 ausgezeichnet. Die dritte Verleihung fand ebenfalls in Los Angeles im Ambassador Hotel statt. Neben der Einführung einer neuen Kategorie („Bester Ton“) war es Schauspielern möglich, für mehrere Filme nominiert zu werden. Die meisten Oscars (jeweils 2) erhielten „Im Westen nichts Neues“ und „Hölle hinter Gittern“. Der Film „Liebesparade“ hatte außerdem sechs Nominierungen bekommen. Zum „Besten Film“ wurde bei dieser Verleihung „Im Westen nichts Neues“ („All Quiet on the Western Front“) von den Universal Studios ausgezeichnet. Den Oscar als „Bester Hauptdarsteller“ gewann George Arliss mit dem Film „Disraeli“. Bei den Frauen wurde Norma Shearer als „Beste Hauptdarstellerin“ in dem Film „Die Frau für alle“ („The Divorcee“) ausgezeichnet. Für die „Beste Regie“ ging ein Oscar an Lewis Milestone für „Im Westen nichts Neues“. Für das „Beste Drehbuch“ wurde Frances Marion für „Hölle hinter Gittern“ („The Big House“) zugesprochen. In der Kategorie „Beste Kamera“ gewannen Joseph T. Rucker und Willard van der Veer den Oscar für den Film „With Byrd at the South Pole“. Für das „Beste Szenenbild“ wurde Hermann Rosse in dem Film „Der Jazzkönig“ („The King of Jazz“) ausgezeichnet. Und erstmals in der Kategorie „Bester Ton" erhielt Douglas Shearer vom M-G-M Studio Sound Department für den Film „Hölle hinter Gittern“ („The Big House“) einen Oscar.

Filme die im Jahr 1930 an den Start gingen:
1930 war die Uraufführung des Films 'Herrin der Liebe' . Das Hollywood- Paar Greta Garbo und John Gilbert spielen  die Hauptrollen.
Weitere Spielfilme waren:
"Abraham Lincoln" von David Griffith und Walter Huston als Hauptdarsteller.
"Animal Crackers" von Victor Heerman und den Marx-Brothers in der Hauptrolle. "Anna Christie" (Clarence Brown) mit Greta Garbo.
"The Big Trail" (Raoul Walsh) mit John Wayne. "Billy the Kid" (King Vidor) mit Wallace Beery.
"Der blaue Engel" (Josef von Sternberg) mit Marlene Dietrich und Emil Jannings.
"City Girl" (Friedrich Wilhelm Murnau) mit Charles Farrell.
"The Divorcee" (Robert Z. Leonard) mit Norma Shearer.
"The Doorway to Hell" (Archie Mayo) mit Lew Ayres.
"Die Drei von der Tankstelle" (Wilhelm Thiele) mit Lilian Harvey und Willy Fritsch.
"The First Seven Years" (Robert F. McGowan) mit Jackie Cooper.
"Das goldene Zeitalter" (Luis Bunuel) mit Gaston Modot.
"Hell's Angels" (Howard Hughes) mit Jean Harlow.
"Hell's Heroes" (William Wyler) mit Lillian Harvey und Laurence Olivier.
"Im Westen nichts Neues" (Lewis Milestone) mit Lew Ayres. "Liliom" (Frank Borzage) mit Charles Farrel und Rose Hobart.
"Man to Man" (Allan Dwan).
"Menschen am Sonntag" (Curt und Robert Siodmak) mit Erwin Splettstößer und Brigitte Borchert.
"Min and Bill" (George W. Hill) mit Marie Dressler und Wallace Beery.
"Moby Dick" (Llyod Bacon) mit John Barrymore und Joan Bennett.
"Monte Carlo" (Ernst Lubitsch) mit Jeanette MacDonald.
"Mord - Sir John greift ein!" (Alfred Hitchkock) mit Herbert Marshall.
"Marocco" (Josef von Sternberg) mit Marlene Dietrich und Gary Cooper.
"Outward Bound" (Robert Milton) mit Leslie Howard.
"The Royal Family of Broadway" (George Cukor) mit Frederic March.
"The Unholy Three (Jack Conway) mit Lon Chaney.
"Sous les toits de Paris" von Rene Clair
"Start in die Dämmerung" von Howard Hawks.
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