Das Sportjahr 1910 – Drei Meisterschaften im
Ringen, offizielle und inoffizielle
Der etwas andere Wettlauf
Streng genommen war der „Wettlauf zum Südpol“ kein
Ereignis, das in den Bereich Sport fiel. Aber
spannend war das Ereignis dennoch und auch das Wort
Wettlauf hatte seine Berechtigung.
Die britische
Terra-Nova-Expedition, die von Robert Falcon Scott
(1868-1912) geführt wurde und die norwegische
Fram-Expedition, geführt von Roald Amundsen
(1872-1928), waren beide 1910 zum Südpol
aufgebrochen und jede Gruppe wollte zuerst die
Strapazen als Erste meistern. Scott erreichte den
Südpol am 18. Januar 1912 und erkannte, dass der
norwegische Polarforscher Amundsen etwa einen Monat
vorher angekommen war. Auf dem Rückweg vom Südpol
zum Basislager kamen Scott und seine vier Begleiter
ums Leben. Sie starben nach und nach an
Unterernährung, an Krankheit und Unterkühlung.
Dennoch wurde Scott jahrzehntelang als
selbstaufopfernder Nationalheld empfunden. Eine
differenziertere Betrachtung und Neubewertung seiner
Leistungen und seiner Person begannen erst zum Ende
des 20. Jahrhunderts. Dennoch – rein sportlich
gesehen – waren beide Forscher und Abenteurer Sieger
in jenem Wettlauf, denn sie erreichten den Südpol
immerhin.
Ringen
In jenem Jahr 1910 gab es drei Meisterschaften im
Ringen, wovon nur eine als offiziell eingestuft
wurde. Das war die Ringer-Weltmeisterschaft, die am
6. Juni 1910 in Düsseldorf ausgetragen wurde. Es gab
vier Gewichtsklassen: unter 60 kg, unter 70 kg,
unter 85 kg und über 85 kg. Der übliche Stil, in dem
gerungen wurde, war griechisch-römisch. In allen
Gewichtsklassen gewannen die Ringer des Deutschen
Reiches mit insgesamt vier goldenen, vier silbernen
und einer Bronzemedaille. Gustav Sperling, der
Meisterringer aus Essen, errang mit dem
Weltmeistertitel im Schwergewicht den größten Erfolg
seiner Laufbahn. Den zweiten Rang im
Medaillenspiegel errang Dänemark mit zwei
Bronzemedaillen, gefolgt von den Niederlanden mit
einer Bronzemedaille.
Die beiden Inoffiziellen Ringer-Meisterschaften
waren die im März ausgetragenen Inoffiziellen
Ringer-Europameisterschaften in Budapest mit drei
Gewichtsklassen und am 9.Oktober die Inoffiziellen
Ringer-Weltmeisterschaften in Wien mit zwei
Gewichtsklassen.
Wintersport
Die Internationale Eishockey-Föderation
(International Ice Hockey Federation – IIHF), die am
15. Mai 1908 in Paris als „Ligue internationale de
hockey sur glace“ gegründet worden war, richtete
1910 die erste Eishockey-Europameisterschaft 1910
aus. Es war das erste offizielle Turnier auf
internationaler Basis für Nationalmannschaften
überhaupt. Dieses EM-Turnier fand vom 10. Januar bis
zum 12. Januar 1910 im Schweizer Montreux statt.
Damals war ein zugefrorener See der Austragungsort.
Er lag vor den Toren der Stadt. Als erster
Europameister wurde 1910 Großbritannien gekürt.
Populär war seit dem Beginn des neuen Jahrhunderts
auch der Schlittensport geworden, aus dem sich die
beiden Wintersportdisziplinen Rennrodeln und Bob
entwickelten. Die Rennen wurden auf natürlichen
Rodelbahnen veranstaltet. Das waren zumeist
Waldwege, auf denen ansonsten Holz transportiert
wurde. Das erste Rennrodeln auf einer Kunstbahn fand
im Jahr 1910 statt. Das erste Bobrennen, das
ebenfalls 1910 veranstaltet wurde, wurde auf der
Spießbergbahn ausgetragen. Mit diesem Bobrennen
wurde die Bahn am 2. Februar 1910 eingeweiht. Sie
ist eine der ältesten deutschen Bob- und
Rennschlittenbahnen und vor allem ist sie eine
Natureisbahn, eine der wenigen in Europa, die heute
noch für Rennrodel-Wettbewerbe genutzt werden. Die
2.450 Meter lange Spießbergbahn wurde mit einem
Bobsleigh-Rennen eröffnet.
Und sonst…
Für Hamburger Fußball-Fans war das Jahr 1910 sicher
ein gutes Jahr, denn am 15. Mai wurde die
Fußballabteilung im Hamburg-St. Pauli Turnverein
gegründet, aus der der spätere FC St. Pauli wurde,
nachdem im Jahr 1924 im Zuge der „reinlichen
Scheidung zwischen Turn- und Fußballvereinen“ der FC
St. Pauli als selbständiger Klub eingetragen werden
konnte. Bis heute ist dessen Mitgliederzahl auf
15.000 angewachsen.
<<
Sportjahr 1909
|
Filmjahr 1911 >>