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Literaturjahr 1917
Literatur in Deutschland
Im Mai 1917 musste Zar Nikolaus II. gezwungenermaßen
abdanken. Während Russland dadurch vom
Kriegsgeschehen abgelenkt war, traten die
Vereinigten Staaten in den Krieg ein. Die Truppen
von General Pershing gelangten nach Frankreich, wo
sich die Gemüter patriotisch erhitzten. Viele
französische Intellektuelle schlossen sich dem
herrschenden Chauvinismus an, ein Großteil der
Avantgarde, mit Ausnahme der Dadaisten, verschrieb
sich dem nationalistischen Anliegen. Einer der
lautstärksten Befürworter der Kriegsanstrengungen
war u. a. Guillaume Apollinaire.
Ein weiterer einfallsreicher Franzose, der in Paris
um die Anerkennung und den literarischen Ruhm
kämpfte und siegreich daraus hervorging, war Jean
Cocteau, der sein Leben lang eng mit Pablo Picasso
befreundet war. Über Cocteau ließ sich vieles sagen,
André Breton mochte ihn gar nicht, auch andere
behaupteten von ihm, er sei eine künstlerische
Modepuppe, der Jahrmarkt-Zerrspiegel von Breton.
Für Cocteau wiederum waren die ganzen
Kunstbewegungen nur vorübergehende
Modeerscheinungen, während Tristan Tzara seinen
Dadaismus und später Breton seinen Surrealismus
furchtbar ernstnahmen. Cocteau lehnte gleichfalls
den Kubismus und Symbolismus ab, äffte sie nach,
parodierte all das in seinen Stücken und Schriften.
1917 erschien von ihm das Ballettstück „Parade“, mit
der Musik von Erik Satie, das geteilte Kritiken
erntete, hauptsächlich negative. Cocteau sprach von
dem Zank um sein Stück als eine der „größten
Schlachten des Krieges“.
Den Gegenpart dazu bildete Apollinaires Schauspiel
„Die Brüste des Teiresias“. Hier fiel das erste Mal
der Begriff „sur-réaliste“ im Gegenzug zu Cocteaus „ballet-réaliste“.
Damit war das Wort geboren und nahm dann bald ein
erstaunliches Eigenleben an.
Der spanische Schriftsteller und Philosoph Miguel de
Unamuno kämpfte wiederum in seinem Land gegen den
Krieg, verurteilte den Militarismus und die neutrale
Politik Spaniens. 1917 wurde er in den Stadtrat von
Salamanca gewählt und veröffentlichte seinen Roman
„Abel Sánchez“.
In Barcelona brachte Francis Picabia die erste
literarische Ausgabe von „Dada“ heraus und der
Künstler Marcel Duchamp gründete gemeinsam mit
Beatrice Wood und Henri-Pierre Roché die
dadaistische Zeitschrift „The Blind Man“. Nur ein
Jahr später gab Duchamp dann die Malerei ganz und
gar auf und erklärte, er wolle von nun an nur noch
Schach spielen. Zumindest hat er von da an nie
wieder eine Leinwand bemalt.
Während Anfang des Jahres, genauer am 16. Februar,
Octave Mirbeau starb, von dem u. a. das Werk „Der
Garten der Qualen“ nachhaltig beeindruckte und
mitunter eine Vorstellung darüber vermittelte, an
welch schweren Depressionen der Schriftsteller litt,
kam Ende des Jahres ein zukünftiger
Literaturnobelpreisträger zur Welt, nämlich Heinrich
Böll. Bis dahin sollte aber noch einiges an Zeit
vergehen.
Im Jahr 1917 ging der Literaturnobelpreis gleich an
zwei Menschen, die aus Dänemark stammten. Hierbei
handelte es sich um den Dichter Karl Gjellerup und
den Schriftsteller Henrik Pontoppidan. Von letzterem
war das Werk „Hans im Glück“ eines seiner
bekanntesten, schilderte hauptsächlich den dänischen
Alltag und die religiösen Kämpfe dieser Zeit.
Ein anderer Preis wurde 1917 zum ersten Mal
verliehen, nannte sich „Pulitzer Preis“ und spielt
bis heute eine maßgebende Rolle in der Literatur und
im Journalismus Amerikas. Gestiftet wurde er von
Joseph Pulitzer, einem damaligen Zeitungsverleger
aus Österreich-Ungarn.
Joseph Conrad veröffentlichte in diesem Jahr seinen
Roman „Die Schattenlinie“. Wenn man bedenkt, wie
bekannt seine Romane „Lord Jim“, „Herz der
Finsternis“ oder „Nostromo“ letztendlich geworden
sind, dann verwundert, dass Conrad erst 1914 erste
literarische Anerkennung fand. Zu diesem Zeitpunkt
war er bereits 57 Jahre alt und der Durchbruch
gelang ihm mit dem Werk „Spiel des Zufalls“.
Sir Arthur Conan Doyle, der sein Leben lang mit
einer seiner berühmten Romanfiguren verwechselt und
ständig mit Sherlock Holmes angesprochen wurde,
veröffentlichte 1917 eine Sammlung an
Kurzgeschichten mit diesem Protagonisten und seinem
Gehilfen Dr. Watson, die unter dem Titel „Seine
Abschiedsvorstellung“ erschien. Diese acht
Erzählungen bildeten den sogenannten Mittelteil der
Holmes-Ära und behandelten u. a. auch die Situation
im Kriegsgeschehen.
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