Chronik 1633 - Und sie bewegt sich doch –
Galileo Galilei vor der Inquisition
Der königliche Leibarzte Théophraste Renaudot
(1586-1653) hatte sich längst auch als Philanthrop
und Herausgeber der wöchentlichen Zeitung „La
Gazette“, die seit 1631 erschien, einen Namen
gemacht. Sein Annoncenbüro, das er vor zwei Jahren
in Paris eingerichtet hatte, wurde immer mehr zu
einem Treffpunkt der Bürger. Sie konnten es als
Arbeitsvermittlung und Poliklinik nutzen, aber
ebenso als einen Ort der Bildung. Seit dem Jahr 1632
gab es wöchentliche Veranstaltungen und Vorträge
über verschiedenen Themen. Sie wurden regelmäßig
genutzt. Diese Einrichtung, die Renaudot mit
Unterstützung des Kardinals Richelieu (1585-1642)
geschaffen hatte, gilt heute als ein Vorläufer der
Volkshochschule. Dazu veröffentlichte Renaudot –
ebenfalls seit jenem Jahr – Broschüren zum Nachlesen
über die Gegenstände der jeweiligen Veranstaltungen,
sogenannte comptes-rendus, von denen er mehr als 200
auch in Englisch herausgab. Renaudots Weg, der
modern und auf Bildung ausgerichtet war, erregte
Bewunderung, auch seitens des Hofes. Anders in
Italien, wo der Gelehrte
Galileo Galilei (1564-1642) im Vorjahr seine
Abhandlung über die beiden Weltsysteme zwar als Buch
hatte herausgeben durfte, aber 1632 sah die
Akzeptanz der Obrigkeit schon wieder anders aus. Der
Inquisitor von Florenz, Niccolò Riccardi
(1585-1639), wies ihn an, dass er die Verbreitung
des „Dialogo“ unbedingt verhindern müsse. Im
September war Galilei deshalb vor den Papst, Urban
VIII. (1568-1644), beordert worden. Wegen seines
eigenen schlechten Gesundheitszustandes, wegen der
langen und umständlichen Anreise, obendrein noch
wegen der Pepst-Quarantäne, verzögerte sich die
Audienz für Galilei noch bis zum April 1633. Doch
dann wurde der Gelehrte offiziell von der
Inquisition vernommen. Hatte er vorher noch beim
toskanischen Botschafter in Rom dessen
Gastfreundschaft in Anspruch nehmen dürfen, so war
er während der dreiwöchigen Vernehmung in einer
Unterkunft der Inquisition untergebracht. Ende April
hatte man Galilei soweit eingeschüchtert, dass er
bekannte, in seinem Buch geirrt zu haben. Darauf
konnte er in die Residenz des Botschafters
zurückkehren. Im Mai reichte er ein Gnadengesuch
ein. Im Juni 1633 fand der Prozess statt, in dem
Galilei zunächst leugnete, das kopernikanische
Weltbild gelehrt zu haben. Man beschuldigte ihn des
Ungehorsams. Galilei schwor ab und entging nur sehr
knapp dem Scheiterhaufen, wurde aber zu
lebenslänglicher Kerkerhaft verurteilt. Die zehn
Kardinäle waren in ihrem Urteil durchaus nicht
einhellig einer Meinung. Drei von ihnen verwehrten
die Unterschrift. Als der Gelehrte den Gerichtssaal
verließ, soll er – es ist allerdings nicht
historisch eindeutig belegt – gesagt haben: „Und sie
[die Erde] bewegt sich doch!“ Dieser Satz fand schon
zu Galileis Lebzeiten Verbreitung und wird ihm auch
heute noch zugeschrieben. Als er nach Arcetri
zurückkehrte, blieben ihm der strenge Hausarrest und
das Verbot jeglicher Lehrtätigkeit. Er durfte nicht
einmal einen Arzt in Florenz aufsuchen, das hätte zu
Kerkerhaft geführt.
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