Das Modejahr 1985 – Modische Einflüsse aus Musik und
Film
In der einschlägigen Fachpresse war von einer Modewende
zu lesen. Die Ereignisse, die eine Wende nach sich
ziehen würden, waren zunächst unscheinbar, so
unscheinbar, wie die Wahl
Michail Gorbatschows zum neuen
Generalsekretär der KPdSU. Tatsächlich veränderten sich
die Dinge – auch in der Mode.
Jean-Paul Gaultier, der in der Modebranche als Enfant
terrible galt, zog mit seinen Kreationen die
Zuschauer
in seinen Bann. Sein Vorschlag: Röcke für Männer,
Angleichung der Geschlechter. Wenn schon breite
Schultern so nachhaltig der Frau eine männliche Statur
verliehen, so war es nur folgerichtig, die Männer
androgyn zu kleiden, sie den Frauen ähnlicher werden zu
lassen. Auch wenn sich der Männerrock nicht vollständig
durchsetzen konnte, so war er doch im Jahr seines
Erscheinens sehr populär und als legitimes
Kleidungsstück für Mutige durchaus salonfähig.
Inzwischen hatte eine junge Frau mit „Like A Virgin“ ein
internationales Musik-Publikum erreicht und die Fans
orientierten sich bereits modisch an ihrem Vamp namens
Madonna. Ihre Bühnenkostümierung inspirierte die Mode
der Jugendlichen. Was man damals noch als fußlose
Strumpfhose bezeichnete, bekam später den
selbstverständlichen Namen Leggins und wurde zu einem
Dauerbrenner. Die Langeweile in der Dessous-Mode war mit
Madonna auch vorbei. Hier wollte kein Modemacher den
Anschluss verpassen, zumal der griechische Designer
Nikos Apostolopoulos ohnehin schon eine gravierende
Neuaufbereitung der Unterwäsche für den Mann eingeleitet
und ein Herrendessous mit hohem Beinausschnitt und
breitem Gummiband kreiert hatte.
Es waren neben Madonna auch Filme, die mit ihrer
textilen Ausstattung das Straßenbild beeinflussten. So
schnell hatte das noch keine Laufsteg-Kreation
geschafft. „Amadeus“ brachte neobarocke Einflüsse zu
gleichen Teilen an den Mann und an die Frau. „Jenseits
von Afrika“ machte den romantischen Look der Wildnis
tragbar: Ein langer Baumwollrock wurde zu einer
Safari-Jacke getragen. Ohne Schulterpolster! Die hatten
zwar immer noch nicht ausgedient, ihr Rückzug war jedoch
absehbar.
Die Röcke wurden zusehends kürzer und Hosen trug man in
allen angebotenen Varianten. Die Auswahl reichte von
hautengen Caprihosen über etwas weitere Matrosenhosen
bis hin zu Modellen, die an eine Schlafanzughose
erinnerten. Bermudas und Shorts an Männerbeinen waren im
Ausland das Erkennungsmerkmal des deutschen Urlaubers.
Nicht unbedingt eine modische Referenz.
Auffallend waren Farben. Sie kehrten endlich in die
Stoffe und damit in den Alltag zurück. Eine eindeutige
Modefarbe gab es allerdings nicht. Rot rangierte neben
Gold, Pink und anderen Tönen.
Im Business veränderte sich bei der Männermode noch
nichts Gravierendes, im politischen Modebild jedoch
allerhand: Die Geister schieden sich, als Joschka
Fischer von den Grünen am Jahresende hessischer
Umweltminister wurde und alle modischen Konventionen
sprengte. Er erschien in Jeans und Turnschuhen, trug
keine Krawatte, aber auch keine Schulterpolster.
Wenigstens das.
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