Das Modejahr 1986 – Der Rock in der Männermode
Der lange Wickelrock mit Nadelstreifen, der kniekurze
Pareo; das waren modische Kreationen, die im Vorjahr
bereits zaghafte, kleine Zeichen der Gleichberechtigung
gesetzt hatten. Und zwar für den Mann! Jetzt gehörten
die Männerröcke zum heiß diskutierten Thema. Der
Avantgardist Jean-Paul Gaultier war einer der emsigen
Verfechter dieser androgynen Mode. Man kannte den Kilt
aus der Kleidung der Schotten. Die Soutane als
Priesterkleid war gleichfalls dem Manne vorbehalten,
auch wenn sie keiner weltlichen Mode zuzuordnen war. Die
Männerhose hatte dagegen schon vor Jahrzehnten die Beine
der Frauen erobert.
Während die Damen sich also mit der
männlichen Kleidung längst angefreundet hatten, stand
den Männern diese modische Umkehr noch bevor. Doch auf
der Straße konnte man schon ihn schon sehen: den Mann im
Rock. Im Gegensatz dazu behauptete sich der Yuppie. Für
ihn war der gut geschnittene Anzug nach wie vor ein
Muss. Er trug dazu weiße Kragen und weiße Manschetten an
einem andersfarbigen Hemd und die Krawatte wirkte durch
eine leichte Musterung schon ein wenig aufmüpfig.
Bei den Damen war Vielfalt angesagt. Rocklängen
variierten nach Lust und Laune, wobei allein die
Jugendlichen den Minirock favorisierten. Überbleibsel
der Breitschulter-Mode wurden in Form von Taillen
betonenden, langen Jacken getragen, die der Trägerin
eine sportliche Note verliehen, vorausgesetzt, sie trug
zu dieser Jacke einen langen Faltenrock und flache
Schuhe. Großer Beliebtheit erfreuten sich kniekurze
Röcke mit geradem Schnitt, zu denen lange Blazer aktuell
waren, unter denen nur noch ein paar Zentimeter Rock
sichtbar waren. Wolfgang Joop präsentierte das kurze
Volantröckchen in Kombination mit einem
strengen-puristischen Blazer. Die Verspieltheit des
Rockes unterstrich hierbei die Jugendlichkeit der
reiferen Dame.
Der Alltag der Teenager wurde modisch von den
allerkürzesten Miniröckchen bestimmt, zu denen die
Mädels sehr lange und meist graue Mäntel offen trugen.
Der Anblick war von hinten seriös und selbstbewusst, von
vorne ein echter Blickfang zwischen Schock und
Bewunderung.
Der bequeme, sportlich-elegante Safari-Look, der im Jahr
zuvor durch cineastische Inspiration den Alltag erobert
hatte, wurde vollkommener. Mit khakifarbenen Hemden
waren Frauen und Männer gleichermaßen gut angezogen. Für
diesen Look begeisterten sich fast alle Altersgruppen.
Dazu gehörten lange, helle Röcke. Und mit einer Reithose
in Brauntönen war Frau besonders en vogue.
Eine schöne Möglichkeit, sich sommerlich modisch zu
kleiden, war der Indien-Look, der weite, lose
geschnittene Leinenhemden und deren stete Faltenoptik
legitimierte. Mädchen und Frauen konnte man in
Millefleurs-Kleidern sehen. Sie machten eine gute Figur
und wirkten fröhlich. T-Shirts hatten sich zu Röcken und
Hosen aller Art durchgesetzt. Sie wurden von beiden
Geschlechtern getragen und waren zu
Basic-Kleidungsstücken geworden. Die Jugendmode war
ansonsten sehr schlicht. Jeans, grobmaschige
Strickpullover und Holzfällerhemden bezeugten
Verbundenheit mit der Natur. Die wurde zudem durch
Schwarz, Grau, braune, erdige Töne und ein wenig Blau
auch farblich zur Geltung gebracht.
In der Abendgarderobe machten zweiteilige Kleider das
Rennen. Schärpen, Wasserfallnähte, Drapierungen oder
eine große Schleife schmückten die elegante Dame. Völlig
neu waren in der festlichen Garderobe die taillierten,
flippigen Kurz-Jacken, denen ein abstehendes Schößchen
einen raffinierten Abschluss gab. Die Farben für diese
Oberteile durften kräftig sein. Hier waren Rot, Lila und
Grün gefragt. Das Wichtigste aber war der metallische
Glanzeffekt der Stoffe.
Dass Nikos Apostolopoulos den hohen Beinausschnitt aus
seiner Herren-Unterwäsche auch in die Bademode
eingebracht hatte, bewegte die Gemüter. Doch aller
modischer Schnick-Schnack trat angesichts der
Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl in den Hintergrund.
Als Karl Lagerfeld im Sommer der „Goldenen Fingerhut“
verliehen wurde, schien selbst das nur ein Rand-Ereignis
zu sein. Leider.
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