Literatur 1985 Das literarische Jahr
Alte Meister – Das literarische Jahr 1985 im
deutschsprachigen Raum
Das literarische Jahr 1985 ließ im deutschsprachigen
Raum vor allem alte Meister wieder aufleben und mit
Neuerscheinungen an die Öffentlichkeit treten.
Wortgetreu diesem Motto widmete sich das zynische
österreichische Sprachgenie Thomas Bernhard mit seiner
in Anführungszeichen gesetzten „Komödie“
„Alte Meister“.
In der bei Bernhard üblichen zersetzenden Manier
beschäftigt sich das literarische Werk mit dem
Fehlerhaften im Vollkommenen, mit dem Mangelhaften im
Genie. Als Erzähler fungiert dabei die fiktive Gestalt
eines greisen Musikschriftstellers, der nach dem Tod
seiner über alles geliebten Frau auch im Rückzug zu
Kunst und
Literatur keinen Seelenfrieden und keinen
Trost mehr zu finden vermag.
Als „alte Meister“ der Literatur könnte man auch die
Schriftsteller Heinrich Böll und Siegfried Lenz
bezeichnen, die vor allem als Nachkriegsschriftsteller
der ersten Stunde, als Mitbegründer der Trümmerliteratur
und künstlerisches Sprachrohr eines Deutschlands im
Angesicht seiner Zerstörung und seines Neuaufbaus
populär geworden waren. Längst waren ihre poetischen
Werke nicht mehr nur der Thematik des Krieges und seiner
Implikationen gewidmet, längst waren die Trümmerfrauen
und ihre grotesken Schicksale von der Bildfläche
verschwunden und hatten ein Deutschland hinterlassen,
das, wenn auch innerlich in zwei Teile zerrissen, wieder
auferstanden war und sich von seinen Wunden erholt
hatte.
Heinrich
Böll veröffentlichte im Jahr 1985 „Frauen vor
Flußlandschaft", einen Roman in Dialogen und
Selbstgesprächen. Das Werk geht von den moralischen
Positionen des linkskatholischen Intellektuellen aus und
widmet sich den aktuellen politischen Geschehnissen im
deutsch-deutschen Raum.
„Exerzierplatz“ nannte Siegfried Lenz seinen im gleichen
Jahr erschienenen Roman, und ein ehemaliger
Exerzierplatz ist auch der Schauplatz des Geschehens in
diesem Werk. Der Schöpfer einer Baumschule reicht sein
Lebenswerk nicht an seine profithungrigen Nachkommen
weiter, sondern überlässt es seinem debilen Gehilfen,
der als Ich-Erzähler für die Wiederherstellung der
Verhältnisse sorgen will und sich dem
Generationenkonflikt widmet.
Nobelpreis für Literatur für Claude Simon
Der Nobelpreis für Literatur als wichtigste Auszeichnung
und Ehrung in der literarischen Welt ging im Jahr 1985
nach Frankreich an den Romancier Claude Simon. Simon,
Jahrgang 1913, war Teilnehmer am Zweiten Weltkrieg und
verarbeitete die prägenden Erlebnisse der Kriegsjahre in
seinen Romanen. Anerkennung erhielt der Schriftsteller
auch für die moderne Orientierung seines Schreibens, die
sich von den Konventionen des Romans aus dem 19.
Jahrhundert löste und mit neuartigen Erzählhaltungen
experimentierte.
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