Literatur 1969 Deutschland
Im Jahr 1969 ging der Nobelpreis für Literatur an
den in Dublin geborenen Schriftsteller Samuel
Beckett und damit an einen der wohl bedeutendsten
Schriftsteller, die das 20. Jahrhundert
hervorgebracht hatte.
Da Beckett 1906 geboren wurde, war er anfangs
britischer Staatsbürger, nachdem Irland im Jahr 1921
unabhängig geworden war, konnte er sich als Ire
betrachten. Ab 1937 lebte er jedoch in Frankreich
und
starb im Jahr 1989 in Paris. Diese Divergenz von
Vaterland und Wahlheimat schlug sich auch in seinen
Texten nieder, die in der Anfangsphase vornehmlich
in englischer Sprache verfasst waren, dann ins
Französische wechselten und schließlich vor allem in
den Spätwerken den Spagat zwischen beiden Sprachen
versuchten.
Das wohl bekannteste Werk Becketts ist "Warten auf
Godot", im französischen Originaltitel "En attendant
Godot". Das Theaterstück wurde
1952 publiziert, erst
im Jahr
1953 kam es nach mehreren vergeblichen
Bemühungen um eine Möglichkeit zur Inszenierung zur
Uraufführung in Paris. Die Premiere wurde
enthusiastisch aufgenommen und sorgte maßgeblich für
den Durchbruch des irischen Schriftstellers.
Das Stück, das verantwortlich für Becketts Weltruhm
zeichnet, kommt trotz seiner Welthaltigkeit und
existentiellen Grundthematik nur mit wenigen Figuren
aus. Protagonisten sind die beiden Landstreicher
Estragon und Waldimir, die an einem einsamen Ort
irgendwo im Nirgendwo auf eine Person namens Godot
warten.
Weder wissen sie, wer Godot ist, noch,
welche Funktion ihm zukommt, nicht einmal seine
Existenz können sie als gesichert annehmen. Die
Handlung bleibt statisch und dreht sich im Kreis,
die Dialoge schweifen um die Sinnlosigkeit des
Wartens, das dennoch nicht abgebrochen wird.
Mit der Tendenz zu Pessimismus und Absurdität steht
Becketts "Warten auf Godot" sowohl dem französischen
Existenzialismus als auch dem "Theater des Absurden"
nahe, das von Künstlern wie Ionesco favorisiert und
praktiziert wurde.
Trotz des offenen Endes und der scheinbaren
Sinnlosigkeit des Wartens besitzt das Stück
existentiellen Charakter und rührt an Grundfragen
menschlichen Daseins. In aller Tragik des Lebens,
die Beckett seinen Figuren gnadenlos aufzeichnet,
zeigt sich der Wille zum Überleben, die Sehnsucht
nach kommendem Heil, nach Ankunft und Antwort.