Literatur 1968 Deutschland
Das Jahr 1968 brachte in der Bundesrepublik
Deutschland massive Erschütterungen mit sich. Die
Unzufriedenheit gerade der Jugend mit den
herrschenden Zuständen und der Formation der
Gesellschaft brach sich Bahn, der Ruf nach Umwälzung
und Revolution wurde laut und gipfelte in Protest
und Demonstration. Träger dieser
Innovationsbereitschaft waren vor allem studentische
Gruppen und
Organisationen, aber auch künstlerische
und kulturelle Zusammenschlüsse konnten die Augen
nicht vor den Forderungen des Tages verschließen.
Die Literatur war bereits vor den Unruhen der 68er
zum Organ der Politik und Gesellschaftskritik
geworden, gerade durch das Bestreben der Gruppe 47
widmeten sich Schriftsteller und Publizisten der
Thematisierung der geschichtlichen und
gesellschaftlichen Missstände. Zu den bevorzugten
Themenkomplexen der literarischen Protestbewegung
zählten insbesondere die Aufarbeitung der Zeit des
nationalsozialistischen Regimes, die Kritik an der
Vorgehensweise des Wiederaufbaus und am aufkommenden
Kapitalismus sowie am herrschenden Kulturbetrieb.
Auch innerhalb der Gruppe 47, die im Herbst 1967
ihre letzte Tagung hatte, kam es diesbezüglich zu
Zerwürfnissen. Ein Teil der Mitglieder zeigte sich
solidarisch mit den rebellierenden und
aufbegehrenden Studenten, während andere sich von
der stürmischen Jugend zu distanzieren suchten.
Gerade diejenigen, die mit den Studentenbewegungen
sympathisierten, äußerten massive Kritik an
Organisation und Ziel der literarischen Bewegung,
deren Erzeugnisse und Bestrebungen als harmlos und
systemunterstützend deklariert wurden.
Die Rolle der Literatur rückte mehr und mehr in den
Fokus und wurde scharf diskutiert,
68er-Sympathisanten versuchten sie zu einem Organ
des Protests und der Politik zu machen und ihr eine
gesellschaftsverändernde Wirkung zudiktieren zu
wollen. Dies geschah nicht nur in Form der
Themenwahl, auch die Produktion und der Vertrieb von
Literatur sollten sich nicht mehr der Kontrolle des
Systems und Kulturbetriebs unterwerfen, man suchte
nach neuen Möglichkeiten und Alternativen; auch
wurden literarische Formen neu belebt, die sich dem
Konzept der aktiven und engagierten Literatur
unterwerfen ließen.
Gerade diese Politisierung der Literatur jedoch
führte zu divergierenden Tendenzen und
Auseinandersetzungen mit denjenigen, welche die
Autonomie des künstlerischen Schaffens gewährleistet
wissen wollten und sich für die Loslösung der
Literatur von Politik einsetzen. Autoren wie Handke
und Brinkmann sprachen sich massiv dafür aus, ihre
poetischen Erzeugnisse von zeitgenössischen
Problemherden zu abstrahieren und für sich selbst
sprechen zu lassen.
So kann im Kontext der Literatur des Jahres 1968
zwar durchaus von einer Politisierung der Dichtung
gesprochen werden, jedoch trifft dies die Situation
nur unzulänglich und umfasst nicht das gesamte
Spektrum der Literatur.