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Das Musikjahr 1947 - Lilian Harveys Herz ließ grüßen


Die konfliktreiche Situation der zwischen den Siegermächten aufgeteilten Gebiete in Deutschland wurde 1947 immer spürbarer. Zum ersten Mal fiel der Begriff „Kalter Krieg“. Der Ostblock und der Westen entwickelten sich grundverschieden.
Mit dem „Marshallplan“ als Wirtschaftsaufbauprogramm der USA erhielt der Westen Lebensmittel, Kredite und Rohstoffe. Die Wirtschaft der Teilnehmerstaaten war nach Kriegsende enorm gewachsen und wurde als „Nachkriegsboom“ bezeichnet. Dagegen wurde der Osten ganz durch das totalitäre Sowjetsystem bestimmt und spaltete sich nun konkret vom Westen ab.
In Amerika hielt unter diesen Bedingungen der Wohlstand an. Der Swing hatte weiter großen Einfluss auf die Musik. In den Charts erschien der geniale Jazz-Pianist Count Basie mit „Open The Door, Richard“. Ihm gelang es über Jahre hinweg und unter finanziell schwierigen Bedingungen dennoch eine Big Band zu beschäftigen, die gerade in den Vierzigern äußerst populär und erfolgreich war. Neben ihm hielt sich Freddy Martin mit seinem Saxophon und dem Titel „Managua, Nicaragua“ in den Hitparaden.
Doch unschlagbar blieben Ted Weems mit „Heartaches“ und Francis Craig mit „Near You“. Beide Songs hielten sich wochenlang an der Spitze der Hitlists und Charts. Bei letzterem Musiker kam die Platte gerade bei einer neuen Plattenfirma heraus. Auf der A-Seite lief „Red Rose“, die Erkennungsmelodie des Orchesters, auf der B-Seite „Near You“. Obwohl die Plattenfirma sich auf den ersten Song verließ, wurde in den Radiostationen der zweite gespielt, häufig auf Wunsch der Jugend. Dadurch wurde der Titel unglaublich erfolgreich, hielt sich über siebzehn Wochen in den Hitparaden und schlug damit alle Rekorde als Titel der längsten Verweildauer auf dem ersten Platz.
Gegen Ende des Jahres schaffte es auch Vaughn Monroe in die Charts, der Sänger und Trompeter war und später an einer Überdosis Morphium starb.
Ebenso feierte die Oper einen neuen Star, der bald von sich Reden machen sollte. Carlo Bergonzi trat auf die Bühne und gab sein Tenor-Debüt in „La Bohéme“. Unvergesslich blieb er später in den Aufführungen von Verdi.
In Richtung Country-Musik tat sich 1947 einiges. So erschien Tex Williams mit „Smoke, Smoke, Smoke (That Cigarette)“, eine Platte, die sich millionenfach verkaufte. Humorvoll wurde in diesem Lied über Nikotin-Abhängigkeit gelästert. Williams war zuvor noch in der Big-Band von Space Cooley, der ihn aber schnell wieder aus dem Orchester schmiß. Cooley war für seinen jähzornigen und tyrannischen Charakter bekannt, zerstritt sich mit etlichen Musikern und verfiel mit dem Niedergang des „Western Swing“ dann zunehmend dem Alkohol und seiner Drogensucht. In den Sechzigern landete er im Gefängnis, da er in einem Eifersuchtsanfall seine zweite Ehefrau vor den Augen der gemeinsamen Tochter zu Tode trat. Für einen Choleriker nicht untypisch starb Cooley bald darauf an einem Herzinfarkt.
Gefängnis-Stories gab es auch andere. 1947 wurde die Jazz-Sängerin Billie Holiday wegen Drogenbesitz verhaftet. Bei dem Prozess gegen sie bekannte sie sich schuldig und bat um Einweisung in ein Krankenhaus, um eine Entziehungskur anzutreten. Holiday, nach der zuvor noch aufsteigenden Karriere während der Kriegsjahre, hatte in dieser Zeit danach ziemlich viel Pech. Ihr Mann war nur noch ihr Dealer und ihr zugeteilter Anwalt weigerte sich am Ende, sie vor Gericht zu vertreten. Auch der Wunsch auf Einweisung wurde ihr nicht erlaubt, stattdessen landete sie in einem Frauengefängnis in West Virginia. Erst ein Jahr später wurde sie wegen guter Führung vorzeitig entlassen.
In Deutschland feierten die „Comedian Harmonists“ große Erfolge, in erster Linie mit dem bekannten Lied „Wochenend Und Sonnenschein“. Daneben glänzte Marlene Dietrich mit Songs wie „Ich Bin Die Fesche Lola“ oder „Ich Bin Von Kopf Bis Fuß Auf Liebe Eingestellt“. 1947 erhielt die schöne Diva von Präsident Truman die „Freiheitsmedaille“ für ihr Engagement während des Zweiten Weltkrieges und der Unterstützung amerikanischer Truppen überreicht. Dietrich stand nicht nur auf der Bühne, sondern war auch weiterhin in etlichen Filmen zu sehen.
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