Das Modejahr 1943 Mode – Deutscher Schick ohne
Extravaganzen
Als wäre das Kriegsgeschehen nicht schon grauenvoll
genug, verkündete Reichspropagandaminister Goebbels
im Februar in einer flammenden Rede im Berliner
Sportpalast nun den „totalen Krieg“. Doch die
Alliierten waren zunehmend erfolgreich gegen die
deutschen Soldaten, die kaum noch wussten, warum sie
in Dreck und Kälte ihr Leben riskierten. Derweil
griffen die Grausamkeiten auch im eigenen Land um
sich.
Das vierte Kriegsjahr verlangte der Bevölkerung
großes Durchhaltevermögen ab. Viele Frauen
waren Bereits Witwe geworden. Eine stoische Trostlosigkeit
machte sich breit und die Mode rückte mehr und mehr
in den Hintergrund, auch wenn Goebbels versuchte,
mit großen Worten die Flicken-Kleidung zu
rechtfertigen.
Die Kleider bestanden nach wir vor aus zweierlei
Stoffen. Oft wurde eine Längsstreifen-Optik dabei
erzielt. Die Kragen waren meist klein, rund und
hochgeschlossen. An den Schultern war eine minimale
Raffung die einzige Zierde, die der Garderobe noch
ein wenig Pseudo-Schick verlieh. Der Stellenwert der
deutschen Frau war hoch angesetzt und sie sollte
gerade in den Zeiten der Not beweisen, dass sie
gepflegt und modisch aussehen konnte. Extravaganz
und Materialfülle durften keinesfalls die nötigen
Voraussetzungen sein, um ein gutes, deutsches Bild
abzugeben. Im Gegenteil. Was die schlichte Kleidung
an Eleganz vermissen ließ, mussten Kopfbedeckungen
ausgleichen. Sie wurden zum Blickfang. Tücher wurden
zu einem Turban gewunden, Schals wurden auf
besondere Weise um den Kopf geschlungen. Ratschläge
fand Frau immer noch in den einschlägigen Reichs-
und Modezeitschriften. Doch auch von denen mussten
mittlerweile einige ihr Erscheinen einstellen.
Inzwischen herrschte in allen Lebensbereichen
Mangel. Auch der Frauen liebstes Accessoire, der
Schuh, wurde oft selbst hergestellt. Lederreste oder
völlig kaputtes Schuhwerk wurden als Grundlage für
neue
Fußbekleidung genutzt. Dabei ging es nicht mehr um
irgendeinen modischen Trend, sondern viel mehr um
den Schutz der Füße vor Kälte, Scherben und Dreck.
Stoffreste mussten herhalten, um Sohlen an den Fuß
zu binden und damit das Laufen ein wenig zu
erleichtern. Modische Ansprüche verloren für die
normale Frau völlig an Daseinsberechtigung. Und ein
Ende war nicht in Sicht.
Das Deutsche Modeinstitut existierte nur noch auf
dem Papier. Das ging aus vertraulichen Papieren
hervor, die von der Wirtschaftsgruppe
Texteilindustrie verfasst worden waren. Dennoch gab
es eine kleine Gruppe von Frauen, die sich nach
ihren Wünschen einkleiden konnten. Das waren die
Stars und Sternchen der Unterhaltungsindustrie. Die
„Berliner Modelle G.m.b.H.“, die fast nur für die
Ausfuhr ihrer Kleidung arbeitete, wurde vom
Deutschen Modeinstitut unterstützt und konnte es
sich leisten, die Filmgrößen auszustatten.
Schließlich waren Musik und Film wichtige Faktoren,
um die Bevölkerung vom eigentlichen Kriegsgeschehen
abzulenken.
Inzwischen war es auch um die Soldatenkleidung nicht
mehr sehr gut bestellt. Schäden durch Witterung und
Gefechte hatten viele Uniformen zunichte gemacht.
Uniformschneider mussten auf Stofflieferungen aus
Beute-Kleidung zurück greifen. Und der
Soldatenstiefel wurde zum Ende des Jahres bereits
teilweise durch Schnürschuhe mit Leder- oder
Stoffgamaschen ersetzt. Gummisohlen konnten nur noch
in Ausnahmefällen verarbeitet werden. Der
Rohstoffmangel hatte die Front erreicht.
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