Das Modejahr 1942 Mode – Europa ging der Stoff
aus
Was im Januar von den Reichsführern der SS, dem
Justizministerium und anderen amtlichen
Reichs-Einrichtungen beschlossen wurde, im Vorjahr
schon zu gängiger Praxis geworden war, wurde ab Mai
des Jahres planmäßig betrieben: die „Endlösung der
Judenfrage“. Ob sich deutsche
Wohltätigkeitsorganisationen bei der Verteilung von
Kleidung fragten, wo diese
herkam? Tatsache war,
dass viele Menschen im dritten Kriegsjahr inzwischen
bedürftig genug waren, um auf die abgelegte
Garderobe anderer zurück zu greifen. Ansonsten galt,
woran man sich gewöhnt hatte: aus Altem musste Neues
gefertigt werden.
Fühlte sich vordem allein das Deutsche Mode-Institut
für die Kleidung der deutschen Frau zuständig, so
kam jetzt ein Mitglied der Reichstheaterkammer, der
Reichsbühnenbildner Benno von Arent ins Spiel. Der
Propagandaminister Goebbels und sein Ministerium
wollten die Oberhand über das Modeschaffen behalten.
Goebbels empfahl Benno von Arent für den Posten des
Reichsbeauftragten für Mode und der bekam ihn.
Natürlich brachte er nichts Kreatives hervor. Es war
nur ein einträglicher Titel.
Kostüme mit veränderten Kragen oder neuen
Zierknöpfen dominierten die Bekleidung. Die Jacke
wirkte durch die betonte Taille streng und die
ausgepolsterten Schulterpartien taten ein Übriges.
Doch den eigentlichen Uniformcharakter bekamen die
Kostüme durch die kurzen Revers, die denen am
männlichen Kleidungsstück ähnelten.
Hemdblusenkleider waren nach wie vor aktuell. Hier
fielen die übergroßen Taschen auf. Die Damenmode
hatte sich nicht verändert. Wie im Jahr zuvor wurde
nach den Ratschlägen diverser Sonderheftchen
geschneidert. Das Kombinieren zweierlei Stoffe war
ebenso nötig, wie das Ausbessern mit anderen
Stoffresten. Nein, elegant sah das nicht aus, doch
es sparte Bezugspunkte auf der Kleiderkarte. Wichtig
war nur, dass man etwas „Ordentliches“ anzuziehen
hatte in Zeiten der großen Stoffrationierung. Doch
die Damen waren dennoch an Mode interessiert und
hätten gern aus einer größeren Fülle von Stoffen
geschöpft. Ein Ende der kargen Zeit war nicht
abzusehen und angesichts der Kriegswende, die der
russische Winter verursacht hatte, war eher eine
Lähmung in der Bevölkerung zu verzeichnen als eine
neue Kreativität. Schlichte Eintönigkeit machte die
Mode aus, die allerdings durch die Figurbetonung für
die meisten Frauen sehr kleidsam war. Frau war
schlank, denn auch Lebensmittel waren rationiert.
Nicht nur in Deutschland waren Stoffe knapp. Auch in
Großbritannien wurden die Zuteilungen auf den
Kleiderkarten immer mehr minimiert. Die amtliche
Londoner Designer-Gesellschaft kreierte deshalb eine
sogenannte „Utility Collection“. Diese „nützliche
Kollektion“ wurde vom „Board Of Trade“ offiziell
zugelassen und in großen Mengen hergestellt.
Entworfen hatte sie Reginald Shipp. Die Kostüme
unterschieden sich kaum von denen in Deutschland, es
gab nur konkretere Vorgaben. Beispielsweise durften
nicht mehr als fünf Knöpfe verwendet werden, optimal
waren drei. Zwei Taschen auf der Jacke waren das
Maximum und der Rock mit sechs Nähten durfte
entweder zwei Fächerfalten haben, alternativ vier
Bügelfalten.
Die sparsame Garderobe war ein Appell an die
Einsicht der Frauen, auf ihre Art dem Vaterland zu
dienen. Es blieb ihnen auch nichts anderes übrig.
Besonders schlimm war der Mangel an Seidenstrümpfen,
bei denen Frau bemüht war, mit Paraffin die
Haltbarkeit zu verlängern, wenn eine Laufmasche
drohte, diese zunichte zu machen. Derartige
Ratschläge wurden sehr geschätzt.
Für die Männer an der Front war Mode kein Thema. Es
ging um Sieg oder Niederlage, aber vor allem um das
nackte Überleben. So traf es die Soldaten sehr hart,
als Goebbels im April des Jahres Lale Andersens Lied
„Lili Marleen“ verbieten ließ. Heimweh hatten
inzwischen alle und niemand wusste, ob er dereinst
an der Laterne die Liebste wiedersehen würde.
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