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Literatur 1941 Das literarische Jahr
Als Wüstenfuchs machte sich Erwin Rommel in Afrika
einen Namen. Er war ein ausgezeichneter Stratege,
geschickt in der Täuschung, stellte Panzerattrappen
für die Briten auf und avancierte zum
Vorzeigegeneralmajor des Dritten Reichs. 1941
erreichte er mit seinen Truppen das nordafrikanische
Libyen und besetzte die Hauptstadt Tripolis.
In Griechenland eroberten die Deutschen Athen.
Griechenland und Jugoslawien kapitulierten.
Als das in die Geschichte eingegangene „Unternehmen
Barbarossa“ brach Hitler den Pakt mit Stalin und
griff die Sowjetunion an. Amerika blieb
währenddessen auch nicht untätig und attackierte
Pearl Harbor.
Bertolt Brechts Antwort auf die Grausamkeit aller
Kriegsumstände war das Schauspiel „Mutter Courage
und ihre Kinder“, das in Zürich uraufgeführt wurde.
Brecht selbst lebte im schwedischen Exil. Die
schnelle Anpassung so mancher Leute, die aus
dem Krieg noch ein Geschäft machen wollten,
kritisierte er in seinem Stück in erster Linie.
Ganz anders zeigte sich das in Amerika unter der
Regie von Henry C. Potter laufende Musical „Hellzapoppin‘“,
das zum Kult der Swing-Szene wurde und sich als
erfolgreichstes Broadwaystück aller Zeiten
durchsetzen konnte. Es beeindruckte durch seine
Skurrilität, den Wortwitz und durch die burlesken
Gesang- und Tanznummern. Andererseits zeigte der
Erfolg aber auch, wie blind der
Durchschnittsamerikaner den Ereignissen in Europa zu
dieser Zeit noch gegenüberstand.
Währenddessen musste Franz Werfel mit Alma Mahler
vor den Nazis flüchten und gelangte zunächst nach
Frankreich, wo er sich eine Weile in Lourdes
aufhielt und dort einiges über die heilige
Bernadette Soubrious erfuhr. Diese hatte mehrere
Marienvisionen, ging ins Kloster und starb mit nur
fünfunddreißig Jahren an Knochentuberkulose. Werfel
und Alma Mahler mussten bald erneut flüchten und
schifften sich nach Amerika ein. Auf der Reise
dorthin versprach Werfel sich selbst, dass er,
sollte alles gut laufen, das „Lied von Bernadette“
anstimmen würde. Er sang es nicht, sondern schrieb
es auf. Werfel benötigte für den Roman nur ganze
fünf Monate. Es sollte Werfels erfolgreichstes Buch
werden.
Vladimir Nabokov veröffentlichte „Das wahre Leben
des Sebastian Knight“. Ein Exilrusse versucht das
Leben seines Halbbruders und Schriftstellers
Sebastian Knight zu rekonstruieren. Wie immer bei
Nabokov ist auch dieser Roman eine Mischung aus
Kriminalgeschichte, Literaturwerk und Abstraktion.
Es ist der zehnte Roman des Russen, der erste, den
Nabokov in englischer Sprache verfasste. Er wollte
ihn bei einem Wettbewerb in England einreichen und
schrieb ihn auf einem über ein Bidet gelegten Koffer
im Badezimmer seiner Pariser Einzimmerwohnung. So
zumindest berichtete es sein Biograf Brian Boyd. Die
Wohnung bot Ausblick auf den Arc de Triomphe, was
als Atmosphäre auch prompt in den Roman fand. Für
Nabokov war es schwer, sich von der geliebten
russischen Sprache zu lösen und den Roman in
Englisch zu verfassen. Es war ein Abschied für
immer, gleichzeitig wohl auch die Akzeptanz, ein
Emigrantenleben zu führen und Russland hinter sich
zu lassen.
Das Jahr war neben den Kriegsereignissen auch durch
andere Verluste geprägt. Virginia Woolf nahm sich
1941 das Leben. Ihr letzter Roman „Zwischen den
Akten“ erschien posthum, zuvor wurde Woolf von
starken Depressionen geplagt.
Während ihres Lebens hatte sie einiges in dieser
Hinsicht auszustehen, darunter hörte sie, neben
psychotischen Schüben, auch Stimmen in ihrem Kopf,
wodurch es ihr unmöglich wurde, zu arbeiten oder zu
schreiben. Das wiederum wirkte sich auf ihr gesamtes
Gemüt aus.
1941 war es für sie dann nicht mehr erträglich,
weiter am Leben zu bleiben, obwohl sie ihrem Mann im
Abschiedsbrief mitteilte, sie wäre mit ihm glücklich
gewesen. Woolf ertränkte sich, sicherte ihren Tod
mit einem großen Stein, den sie in ihre Manteltasche
schob. Als gute Schwimmerin sorgte sie so dafür,
dass ihr Weggang endgültig war.
Anfang des Jahres starb auch James Joyce, der sich
zuvor einer Darmoperation unterzogen hatte. In der
Nacht erwachte er aus tiefer Bewusstlosigkeit, ließ
seine Frau Nora und seine Kinder holen und
verabschiedete sich von ihnen. Fünfzehn Minuten
danach ereilte ihn der Tod.
Ebenfalls 1941 starben der Literaturnobelpreisträger
Rabindranath Tagore und der Philosoph Henri Bergson.
Letzterer war ein sogenannter Lebensphilosoph, wie
vor ihm auch Friedrich Nietzsche. Nach Bergson war
das Gedächtnis als gelebte Zeit der Schnittpunkt von
Materie und Geist.
Auch 1941 wurde kein Literaturnobelpreis verliehen.
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