Filmjahr 1938 – „Tanz auf dem Vulkan“, „Olympia“ zwei Jahre danach

Die Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung erreichten ihren Höhepunkt in der Reichskristallnacht. Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich war vollzogen worden und die judenfeindliche Stimmung hatte das ganze Land aufgehetzt. Nichts von alledem konnte Schaffen der Filmindustrie stoppen, solange es im staatlichen Sinne ablief.
Mit dem Prädikat „Staatspolitisch und künstlerisch wertvoll“ wurde beispielsweise der deutsche Film „Heimat“ von Carl Froelich (1875-1953) klassifiziert, der nach dem gleichnamigen Schauspiel von Hermann Sudermann (1857-1928) in jenem Jahr entstand. Der Film erhielt den Regiepreis der Biennale di Venezia und wurde im Folgejahr mit dem Nationalen Filmpreis ausgezeichnet. Die weibliche Hauptrolle spielte die Schwedin Zarah Leander (1907-1981), die keinen Hehl daraus machte, dass sie von ihren Filmen normalerweise nicht viel hielt, dass ihr aber gerade der Film „Heimat“ sehr viel bedeuten würde. Heinrich George (1893-1946) war in der männlichen Hauptrolle zu sehen. Das Gesellschaftsdrama lebte von der Schauspielkunst Heinrich Georges und dem Star-Appeal der Leander, die u. a. ihr berühmtes Lied „Eine Frau wird erst schön durch die Liebe“ sang. Der Film wurde als Lobpreisung auf die neue Nazi-Familie gesehen.
Der Berg ruft Film von 1938Im Jahr 1938 kam auch der Film „Der Berg ruft“ in die deutschen Kinos. Ihm liegt der Tatsachenroman „Der Kampf ums Matterhorn“ von Carl Haensel (1889-1968) zugrunde. Luis Trenker (1892-1990) führte Regie und verwirklichte mit diesem Film ein Remake seines 1928 gedrehten Stummfilm gleichen Titels, mit dem er technisch unzufrieden war. Der Film wurde als eine deutsch-englische Koproduktion erstellt, in der zwei verschiedenen Hauptdarstellerinnen mitwirkten. In der deutschen Fassung gab Heidemarie Hatheyer (1918-1990) ihr Leinwanddebüt. Obwohl die Reichsfilmkammer den internationalen Charakter des Films und den neutralen Drehort der Handlung im schweizerischen Zermatt rügte, erhielt der Film dennoch das Prädikat „Künstlerisch wertvoll“. Die Uraufführung von „Der Berg ruft“ fand am 6. Januar 1938 im Berliner Ufa-Palast am Zoo statt.
Obwohl der Regisseur Hans Steinhoff (1882-1845) ein Starfilmer der NS-Zeit war und ein Nationalsozialist der ersten Stunde, dessen Perfektionismus und akribische Arbeitsweise seine Markenzeichen waren, schuf er den Film „Tanz auf dem Vulkan“, ein Projekt, das er schon viele Jahre mit sich herumtrug und das ganz und gar nicht staatspolitisch konform war. Die Gründe, warum er diesen Film zu jener Zeit drehte, sind unklar. Selbst die Nationalsozialisten wunderten sich. Dieser rebellische Film war ein künstlerisches Aufbegehren vor dem Gleichschritt, ein letztes Aufbegehren. Gustav Gründgens (1899-1963) war für Steinhoff die Idealbesetzung des Jean-Gaspard Debureau. Zum Großteil lebt der Film von der Musik von Theo Mackeben (1897-1953). Der von Gründgens interpretierte Song „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen dar“ wurde zum Ohrwurm. Der Film wurde von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels (1897-1945) gerügt, aber trotzdem wurde der Film praktisch nie zensiert. Der Umsturz eines etablierten Systems war für Goebbels viel zu positiv dargestellt und der Ohrwurm gefiel ihm auch nicht. Er war für einen deutschen Film unpassend. Der Film kam fast ungekürzt in die deutschen Kinos, jedoch wurde die Verbreitung des Liedes auf Schallplatte verboten. Jedenfalls in seiner Filmfassung, auf der am Ende zu hören war „Rebellion! Rebellion in den Katakomben!“. Heute gilt der Film als eine der besten Inszenierung der NS-Zeit, zu der die exzellente schauspielerische Leistung von Gründgens und die Musik von Mackeben erheblich beigetragen hatten.
Bereits im Jahr 1936 waren die Aufnahmen für den Dokumentarfilm „Olympia“ von Leni Riefenstahl (1902-2003) zu den Olympischen Sommerspielen in Berlin entstanden. Diesem zweiteiligen Film standen zum Schnitt etwa 400.000 Meter Film zur Verfügung. Die Sichtung dauerte mehrere Monate. Die gesamten Nacharbeiten dauerten zwei Jahre. Damit kam Riefenstahl mit Goebbels in Konflikte. Der hatte den Film natürlich so zeitnah wie möglich haben wollen. Nun erschien er in jenem Jahr 1938 und zwar zu Hitlers Geburtstag am 20. April im Berliner Ufa-Palast am Zool. Riefenstahl nahm an zahlreichen Premieren des Films in europäischen Hauptstädten teil, wo der Film mit Begeisterung aufgenommen wurde. Nur in den Vereinigten Staaten scheiterte die Vermarktung des Films. Den Amerikanern war Riefenstahl zu dicht an den Nationalsozialisten. Die New Yorker „Anti-Nazi-League“ rief erfolgreich zum Boykott des Films in den USA auf. In Deutschland erhielt der Film die Prädikate „Staatspolitisch und künstlerisch wertvoll“, „Kulturell wertvoll“, „Volksbildend“ und „Lehrfilm“. Die Kritik des Films war zwiespältig. Einigkeit bestand darin, dass er eine ästhetische Meisterleistung war. Doch die propagandistischen Elemente stießen auf Ablehnung.
Kein Film, sondern das Radiohörspiel „Krieg der Welten“ von Orson Welles (1915-1985) löste am 30. Oktober eine Massenpanik in den Vereinigten Staaten aus. Das wäre eigentlich filmreif gewesen.

Die 10. Oscarverleihung
Am 10. März fand die Verleihung der „10th Annual Academy Awards“ in Los Angeles statt. Als Moderator bei den Auszeichnungen der Filme aus dem Jahr 1937 im Biltmore Hotel fungierte Bob Burns. Die meisten Oscars und Nomierungen erhielt William Dieterles „Das Leben des Emile Zola“ („The Life of Emile Zola“). Mit jeweils 3 Oscars und 10 Nominierungen gelang es Dieterles Werk am meisten abzuräumen.
So wurde „Das Leben des Emile Zola“ von William Dieterle und den Warner Bros. in zum „Besten Film“ gekürt. Als „Bester Hauptdarsteller“ ging Spencer Tracy für seine Rolle in „Manuel“ hervor. Als „Beste Hauptdarstellerin" erwies sich Luise Rainer in „Die gute Erde“, womit sie bereits ihren zweiten Oscar in Folge erhielt.
Einen Ehrenoscar erhielten Mack Sennett (Leistungen im Comedy-Bereich), Edgar Bergen (Comedykreation „Charlie McCarthy“), W. Howard Greene für seine Farbaufnahmen in dem Film „Ein Stern geht auf“ und außerdem „The Museum of Modern Art Film Library“ für die Filmsammlung und -konservierung.

Internationale Filmfestspiele von Venedig
Die Internationalen Filmfestspiele fanden in dem Zeitraum vom 8. bis 14. August in Venedig statt. Zum „Besten ausländischen Film“ wurde von der Jury Leni Riefenstahls „Olympia 1. Teil - Das Fest der Völker“ gekürt. Als „Bester italienischer Film“ wurde „Luciano Serra pilota“ von Goffredo Alessandrini ausgezeichnet. Als „Bester Regisseur“ wurde Carl Froelich für seinen Film „Heimat“ ausgezeichnet. 

Uraufführungen im Jahr 1935
Heinz Rühmann 1938Heinz Rühmann spielt  in dem Grotesklustspiel „Fünf Millionen suchen einen Erben". unter der Regie von Carl Boese die Hauptrolle. Der Film wurde am 1. April in Berlin uraufgeführt. Neben Rühmann sind noch Leny Marenbach, Vera v. Langen, Oskar Sima, Albert Florath zu sehen. Die Filmmusik schrieb Lothar Brühne. Am selben Tag wird in Bochum von der Ufa die Ehekomödie „Kleiner Mann, ganz groß" uraufgeführt. Unter der Regie von Robert A. Stemmle spielen Viktor de Kowa, Gusti Huber, Max Gülstorff, Paul Hoffmann, Hilde von Stolz,, Hans Brausewetter Georg Alexander, Käthe Haack und Ursula Herking die Hauptrollen. Friedrich Schröder schrieb die Filmmusik der Kömodie. In Braunschweig wird an diesem Tag das Lustspiel „Der nackte Spatz", unter der Regie von Albert Hörrmann aufgeführt. Die Hauptdarsteller sind Rotraut Richter, Aribert Mog, Gretl Theimer, Margarethe Kupfer. Die Musik wurde von Eduard Künneke geschrieben. 

Filme die im Jahr 1938 an den Start gingen:
"5 Millionen suchen einen Erben" (Carl Boese) mit Heinz Rühmann.
"Die Abenteuer des Tom Sawyer" von Norman Taurog.
"Alexander Newski" von Sergei Michailowitsch Eisenstein.
"Alexander's Ragtime Band" (Henry King) mit Tyrone Power.
"Algiers" (John Cromwell) mit Charles Boyer.
"Der Berg ruft" von Luis Trenker.
"Bestie Mensch" (Jean Renoir) mit Jean Gabin und Simone Simon.
"Blaubarts achte Frau" (Ernst Lubitsch) mit Claudette Colbert und Gary Cooper.
"Der Blaufuchs" (Viktor Tourjansky) mit Zarah Leander und Willy Birgel.
"Blockade" (William Dieterle) mit Madeleine Carroll und Henry Fonda.
"Block-Heads" (John G. Blystone) mit Stan Laurel und Oliver Hardy.
"The Buccaneer" (Cecil B. DeMille) mit Fredric March.
"Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern" (Michael Curtiz) mit James Cagney und Pat O'Brien.
"Eine Dame verschwindet" (Alfred Hitchcock) mit Margaret Lockwoodu und Michael Redgrave.
"The Dawn Patrol" (Edmund Goulding) mit Errol Flynn und Basil Rathbone.
"La Femme du boulanger" von Marcel Pagnol.
"The Great Waltz" (Julien Duvivier) mit Luise Rainer.
"Hafen im Nebel" (Marcel Carné) mit Jean Gabin und Michel Simon.
"Heimat" (Carl Froelich) mit Zarah Leander und Heinrich George.
"Holiday" (George Cukor) mit Katharine Hepburn und Cary Grant.
"Hôtel du Nord" (Marcel Carné) mit Annabella und Jean-Pierre Aumont.
"If I Were King" (Frank Lloyd) mit Ronald Colman:
"Jezebel – Die boshafte Lady" (William Wyler) mit Bette Davis und Henry Fonda.
"Lebenskünstler" (Frank Capra) mit Jean Arthur und Lionel Barrymore.
"Leoparden küßt man nicht" (Howard Hawks) mit Katharine Hepburn und Cary Grant.
"Love Finds Andy Hardy" (George B. Seitz) mit Mickey Rooney und Judy Garland.
"Mad About Music" (Norman Taurog) mit Deanna Durbin und Herbert Marshall.
"Marie Antoinette" (W. S. Van Dyke) mit Norma Shearer und Tyrone Power.
"La Marseillaise" (Jean Renoir) mit Pierre Renoir.
"Nanu, Sie kennen Korff noch nicht?" (Fritz Holl) mit Heinz Rühmann.
"Of Human Hearts" (Clarence Brown) mit Walter Huston und James Stewart.
"Olympia" von Leni Riefenstahl.
"Pygmalion" von Leslie Howard.
"Robin Hood, König der Vagabunden" (Michael Curtiz) mit Errol Flynn und Olivia de Havilland.
"Room Service" (William A. Seiter) mit den Marx-Brothers.
"Rückenwind" (Frank Capra) mit James Stewart, Lionel Barrymore und Jean Arthur.
"The Shining Hour" (Frank Borzage) mit Joan Crawford.
"The Sisters" (Anatole Litvak) mit Errol Flynn und Bette Davis.
"A Slight Case of Murder" (Lloyd Bacon) mit Edward G. Robinson.
"Sorgenfrei durch Dr. Flagg" (Mark Sandrich) mit Fred Astaire und Ginger Rogers.
"Spiegel des Lebens" (Géza von Bolváry) mit Paula Wessely und Attila Hörbiger.
"Suez" (Allan Dwan) mit Tyrone Power und Loretta Young.
"Tanz auf dem Vulkan" (Hans Steinhoff) mit Gustaf Gründgens.
"Test Pilot" (Victor Fleming) mit Clark Gable und Myrna Loy.
"Teufelskerle" (Norman Taurog) mit Spencer Tracy und Mickey Rooney.
"Three Comrades" (Frank Borzage) mit Robert Taylor und Margaret Sullavan.
"Vivacious Lady" (George Stevens) mit Ginger Rogers und James Stewart.
"White Banners" (Edmund Goulding) mit Claude Rains und Jackie Cooper.
"Die Zitadelle" (King Vidor) mit Robert Donat und Rosalind Russell.
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